Die Geburtsmeldungen von männlichen Kälbern gehen zurück: So wurden in den letzten zwölf Monaten 7071 Geburten weniger registriert, während jene von weiblichen Kälbern um 1545 Geburten zunahmen, wie Agristat vermeldet. Dies sei auch einer der Gründe, warum der Bestand weiblicher Tiere mit einem Alter von bis zu einem Jahr im Vergleich mit den Vorjahren relativ hoch liege.

Zur Freude der Züchter

Ein Grund, warum plötzlich mehr weibliche als männliche Kälber registriert werden, hat vor allem auch mit dem vermehrten Einsatz von gesextem Sperma zu tun. Daraus werden zur Freude der Züchter und Züchterinnen, grösstenteils nicht männliche, sondern weibliche Kälber geboren. Mittlerweile liegt der Anteil von gesextem Sperma je nach Rasse schon sehr hoch: Bei den Jersey sind es gegen 60%, bei den Red Holstein wie beim Braunvieh zirka 35% und bei den Holstein ist der Anteil bei zirka 47%.

Die restlichen Tiere werden überwiegend mit Fleischrassenstieren besamt. Aus diesen ­Anpaarungen kommen dann rein rechnerisch 50% männliche und 50% weibliche Kälber auf die Welt. Dies ist auch die Erklärung, dass die weiblichen Kälber bei der Geburtsmeldung in Überzahl sind.

Gezielt die besten Kühe

Fragt man bei den Züchtern nach, profitieren viele vom Einsatz von Spermasexing. «Man könne gezielt aus den besten Kühen auf ein Kuhkalb hoffen», ist er einhellige Tenor. Sicher ­müsse man dabei die etwas schlechtere Fruchtbarkeit in Kauf ­nehmen, als wenn man konventionelles Sperma einsetzen würde. «Vor allem bei den Rindern setze ich gesextes Sperma ein», sagt ein Züchter aus dem Seeland. Nicht nur, dass die Rinder eine bessere Fruchtbarkeit als die Kühe haben, sondern auch, weil betreffend Abkalbeeigenschaften, die Kuhkälber in der Regel kleiner seien als ihre männlichen Kollegen.

Im Gegensatz zu den Milchviehstieren steckt der Einsatz von gesextem Sperma bei den Fleischrindern quasi noch in den Kinderschuhen. «Nein, wenn ich einen Fleischrassenstier einsetze, nehme ich dafür nur konventionelles Sperma», sagt ein Bauer aus dem Mittelland. Nicht nur des Preises wegen, sondern auch, weil sich weibliche Fleischrassenkälber auch gut verkaufen lassen. Limousin, Angus oder Silian (dieser Samen setzt sich zu je einem Drittel aus Simmental, Limousin und Angus Samen zusammen) seien dabei die gängigsten Rassen und Namen, welche er als Gebrauchskreuzung einsetze.

Im Sommer ist es einfacher

Eine Züchterin aus dem Emmental sagt zudem, dass ihre Kälber von Fleischrassenstieren gegenüber den Milchrassen einfach viel vitaler seien. «Vor allen in den Wintermonaten können wir dies auf unserem Betrieb extrem gut beobachten», sagt sie. Wegen den vielen neugeborenen Kälbern sei auch der Krankheitsdruck im Winter viel höher als im Sommer.

Und noch etwas fällt der Züchterin auf: «Ich bin der Überzeugung, dass, wenn die Kühe ab dem 6. oder 7. Trächtigkeitsmonat zu wenig Sonne und Weidegang haben, die Kälber einfach schwächer und anfälliger auf die Welt kommen», hält sie fest. Habe eines Durchfall, treffe es meisten auch noch das Hinterletzte. «Im schlimmsten Falle muss man noch den Tierarzt beiziehen und der Händler bezahlt dann noch 50 Franken für das Kalb, erst recht, wenn es noch von einem reinen Milchrassenstier abstammt», sagt sie.

Schwierig umzusetzen

Die Züchterin weiss selber, dass im Winter ein Überangebotauf dem Tränkekälbermarkt herrscht. Trotzdem kalben die Kühe auf ihrem Betrieb mehrheitlich nicht im Sommer ab. «Die Trächtigkeitsrate ist im Winter und Frühling um einiges besser als in den heissen Sommermonaten», sagt sie. Zudem brauche es Zeit, die Abkalbesaison zu verschieben. Natürlich würde sie im Sommer deutlich mehr für die Kälber lösen, als wenn diese im Winter und Frühling auf den Markt kommen.

Gesucht und rar

Schaut man die aktuelle Lage auf dem Kälbermarkt an, ist das Fazit eindeutig: Das Angebot ist klein, die Preise hoch. «Vor allem das Berggebiet kann von diesen positiven Marktaussichten leider wenig profitieren», sagt ein Viehhändler aus dem Berner Oberland. «Die Kühe sind im Sommer auf der Alp, die Abkalbungen beginnen erst im Herbst», so der Tenor des Händlers.

Dass jetzt mehr Kuh-, statt Stierkälber auf den Markt kommen, könne er nicht unbedingt bestätigen. «Die Kälber sind zurzeit sehr gesucht, da ist es egal, ob es ein Stier- oder Kuhkalb ist oder ob es von einem Milchvieh- oder Maststier abstammt», sagt er. «Zurzeit bezahle ich für ein Tränkekalb aus einem Fleischrassenstier oder für ein schönes, reines Simmentaler- oder OB-Kalb tausend Franken und mehr», rechnet der Händler vor. Sogar für ein reines Milchrassenkalb liegen die Preise zurzeit weit über 400 Franken. «Sicher haben jetzt die Käufer und Mäster von den Tränkekälbern nicht grosse Freude an den hohen Preisen», sagt der Händler.

Aber schon im Herbst werde sich die Preissituation schlagartig ändern. Dann würden die Mäster profitieren und die Bauern hätten wieder die grösste Mühe, dass ihnen jemand ihre Milchrassenmastkälber zu einem anständigen Preis abkaufen werden.