Die invasive Quaggamuschel hat bereits in zahlreichen Schweizer Gewässern Fuss gefasst. Für drei betroffene Schweizer Seen wurde nun mittels Studie erstmals eine Vorhersage erstellt, in welchem Ausmass sich die Quaggamuschel dort weiter ausbreiten wird. Dies schreibt der Bundesrat in einer Medienmitteilung. Untersucht wurden der Bieler-, Genfer und Bodensee. Gemäss dieser neuen Publikation werde die Quaggamuschel vermehrt auch in die tieferen Bereiche der Seen vordringen. In Seen, die bereits befallen sind, lässt sich die Dynamik aufgrund der Invasivität der Muschel nicht mehr aufhalten, wird klar gemacht. Die Biomasse pro Quadratmeter in Bodensee, Genfersee und Bielersee werde in den nächsten 22 Jahren um den Faktor 9 bis 20 anwachsen. 

Nicht betroffene Seen schützen

«Für die betroffenen Seen ist das leider eine schlechte Nachricht», sagt der Biologe Piet Spaak, Schweizer Quaggamuschel-Spezialist und Gruppenleiter am Wasserforschungsinstitut (Eawag). Er hat zusammen mit Forschenden der Universitäten Genf und Konstanz die erwähnte Studie erarbeitet. Laut Spaak könne man jedoch die Folgen noch abfedern, indem man etwa die Infrastruktur so gestalte, dass die Muscheln und ihre Larven nicht eindringen können. «Gleichzeitig ist das aber auch eine Warnung für Seen, in denen die Quaggamuschel noch nicht gefunden wurde, wie der Zürichsee und der Vierwaldstättersee: Mit geeigneten Massnahmen, zum Beispiel einer Reinigungspflicht für Boote und gezielten Informationskampagnen, könnte hier die Invasion hoffentlich noch verhindert werden.

Die Schäden an Rohranlagen sind immens

Die Quaggamuschel verursacht Probleme bei Wasserentnahmesystemen und Anlagen zur Wärme-/Kältenutzung, da sie deren Rohre verstopft und so Schaden in Millionenhöhe verursacht. Darüber hinaus hat die Quaggamuschel die Nährstoffdynamik in den Grossen Seen verändert: Der Phosphorkreislauf in den betroffenen Grossen Seen wird nun durch die Populationsdynamik einer einzigen benthischen Art, der Quaggamuschel, gesteuert. 

Weniger Plankton für die Fische

Jedoch gebe es noch viele Unbekannte, und die «endgültige Auswirkung der Quaggamuschel wird davon abhängen, wie sie mit dem Klimawandel und anderen zukünftigen Umweltveränderungen interagiert», schreibt der Bundesrat weiter. [IMG 2]

Mögliche Folgen für betroffene Gewässer könnten demnach sein:

  • Rückgang des Planktons, da Quaggamuscheln grosse Mengen Phytoplankton herausfiltern
  • Zunahme der Sichttiefe durch den Rückgang des Planktons
  • Veränderung der Artengemeinschaften und des Nahrungsnetzes
  • Veränderungen bei den Fischbeständen
  • Erhöhter Wartungsaufwand und höhere Kosten für Wasserinfrastruktur
  • Mehr Muschelschalen im Uferbereich

Während ein erhöhter Wartungsaufwand und höhere Kosten für die Infrastruktur ein Problem für die ganze Gesellschaft darstellen, ist der Rückgang des Planktons für die Fischerei ein Problem. Denn der Planktonrückgang bedeutet weniger Nahrung für die Fische. Dies wiederum hat weniger und zu kleine Fische zur Folge.

Ein engmaschiges Monitoring ist nötig

Piet Spaak betont in der Mitteilung des Bundesrates, dass der Vergleich dieser Studie etwa alle fünf Jahre wiederholt werden sollte, um die Dynamik laufend zu erfassen. Auch für die anderen Schweizer Seen wird die Eawag das Monitoring der Quaggamuschel zusammen mit Bund und Kantonen in den nächsten Jahren weiter vorantreiben.

 

Die Herkunft und Ausbreitung der Quaggamuschel in der Schweiz

Die Quaggamuschel (Dreissena rostriformis) breitet sich seit fast zehn Jahren in Schweizer Gewässern aus. Sie stammt ursprünglich aus dem Schwarzmeerraum und ist mittlerweile in grossen Teilen Europas und Nordamerikas verbreitet. Seit ihrem ersten Nachweis in der Schweiz 2014 im Rhein bei Basel breitet sich die Quaggamuschel in der Schweiz rasant aus. Gefunden wurde sie bisher im Genfersee, Bodensee, Neuenburgersee, Bielersee, Lac Hongrin und im Murtensee. Anders als entlang der Flachwasserzonen in der ursprünglichen Heimat der Muschel, wird sie in den tiefen Seen des Alpenvorraums nur in relativ kleiner Zahl von Wasservögeln und Fischen gefressen.