Um die Blauzungenkrankheit (BTV) ist es in der Schweiz seit einigen Wochen wieder etwas ruhiger geworden. Mit dem Eintreten der kalten Tage geht nun bereits die zweite «Saison» der Seuche in der Schweiz vorüber. Während 2024 hauptsächlich der Norden – von West bis Ost – unter der Seuche ächzte, und das noch ohne Impfung, rutschte der Gürtel 2025 südwärts. Insbesondere der Kanton Bern war heuer stark betroffen. Was sich aus den Zahlen ebenfalls zeigt: Die Fälle traten verglichen mit 2024 etwas früher auf. Sicherlich hat das auch damit zu tun, dass man sich in diesem Jahr bewusst war, dass es Blauzunge gibt.
Ein Blick über die Grenze zeigt: BTV ist seit mehreren Jahren ein Thema für die Wiederkäuerhaltung in Europa. So ist sie zum Beispiel in Österreich bereits detailliert beobachtet worden, und es liegen auch Studienergebnisse vor.
Wichtige Erfahrungen aus Österreich
Zwischen Februar und Mai 2025 führten Forschende der Vetmeduni Wien (A) und der AGES eine Online-Umfrage unter 181 Tierhalterinnen und Tierhaltern durch, die Rinder, Schafe, Ziegen, Alpakas und Lamas halten, und davon ausgingen, dass ihr Bestand von BTV betroffen war. Die Studie ist nicht statistisch repräsentativ, gibt aber wertvolle Einblicke in die Praxis.
- Rinder: Mehr als die Hälfte der Befragten hielt Rinder. 18 % meldeten Symptome in ihren Beständen, 11 % bezeichneten einzelne Tiere als schwer erkrankt. Am häufigsten wurden Rückgang der Milchleistung, Fieber, Aborte und Fruchtbarkeitsprobleme beobachtet. Der Milchleistungsrückgang lag meist bei 2 bis 5 Litern pro Tier und Tag und hielt über eine Woche an. Einige Betriebe berichteten, dass sich die Milchleistung erst nach mehr als drei Wochen normalisiert oder gar nicht vollständig erholt habe.
- Schafe: 24 % der 21 antwortenden Schafhalterinnen und -halter beobachteten Symptome in der Herde. 19 % stufen einzelne Tiere als schwer erkrankt ein, mit Fällen von Verenden oder notwendiger Euthanasie. Am häufigsten traten Fieber und Kopfödeme auf. Schafe zeigen tendenziell schwerere Verläufe als Rinder.
- Ziegen und Neuweltkameliden: Bei diesen Tiergruppen wurden in der Umfrage keine schweren Erkrankungen gemeldet.
Die Studie weist darauf hin, dass nicht alle Teilnehmenden eine amtliche Bestätigung durch Blutuntersuchung hatten. Symptome allein reichen nicht aus, um sicher von BTV auszugehen. Die Forschenden betonen: Verdachtsfälle müssten tierärztlich abgeklärt werden, da BTV eine meldepflichtige Tierseuche ist. Das gilt auch für die Schweiz.
Impfung in Österreich bei mehr als der Hälfte
Rund 60 % der Befragten hatten ihre Bestände geimpft. Nebenwirkungen traten selten auf und beschränkten sich meist auf Schwellungen an der Einstichstelle. Die Impfung wird auch dort für klinisch gesunde Tiere ausdrücklich empfohlen, auch in Beständen, in denen bereits Fälle aufgetreten sind. Eine Herdenimmunität durch Infektion besteht nicht, und es gibt keine Kreuzimmunität zwischen Serotypen. Das bedeutet, dass eine Infektion mit einem Serotyp keinen Schutz vor einer Infektion mit einem anderen Serotyp bietet. Daher wird laut Veterinärbehörden, für einen wirksamen Schutz, eine spezifische Impfung gegen den jeweiligen zirkulierenden Serotyp notwendig, wie beispielsweise gegen BTV-3, BTV-8 oder BTV-12, die derzeit in Europa vorkommen.
So präsentiert sich die Situation in der Schweiz
Seit Herbst 2024 sind in der Schweiz Ausbrüche der Serotypen BTV-3 und BTV-8 nachgewiesen worden.
Was ist hier bekannt?
- BTV-3 verursacht vor allem bei Schafen schwerere klinische Verläufe.
- BTV-8 war bereits früher in der Schweiz präsent und zirkuliert weiterhin.
- Die vektorfreie Periode endete am 31. März 2025. Seitdem sind die Überträger, die Culicoides-Mücken, wieder aktiv. Mit Eintritt der kalten Jahreszeit nehmen die Infektionen aber wieder ab.
Die Impfsituation in der Schweiz
In der Schweiz waren bislang Impfstoffe gegen die Blauzungenkrankheit der Serotypen BTV-1, BTV-2, BTV-4 und BTV-8 zugelassen. Seit diesen Sommer gibt es nun auch für den Serotyp BTV-3 einen offiziell bewilligten Impfstoff namens «Bultavo 3». Früher musste dieser Impfstoff aus dem Ausland importiert werden. Der Bund hat den Kauf von Impfstoffen mit insgesamt 10 Millionen Franken unterstützt – diese Mittel sind inzwischen jedoch aufgebraucht.
Mit «Bultavo 3» steht jetzt also erstmals ein zugelassener Impfstoff speziell gegen BTV-3 zur Verfügung. Er stammt von Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbH und wurde nach der sogenannten «Art. 9a-Zulassung» bewilligt, da wichtige Daten bereits vorlagen. Die Impfung sorge dafür, dass sich das Virus im Blut von Schafen und Rindern weniger stark vermehren kann. Dadurch würden typische Symptome verhindert oder abgeschwächt. Zu diesen Krankheitszeichen gehören unter anderem Fieber, Schwellungen im Kopfbereich und an den Gliedmassen, eine bläuliche Zunge, starkes Speicheln, Probleme beim Schlucken sowie Lahmheit. Bei trächtigen Tieren könne die Krankheit auch zu Fehlgeburten führen. In schweren Fällen könne die Sterblichkeit sehr hoch sein – deshalb sei die Impfung ein wichtiger Schutz, heisst es vonseiten der Behörden.
Der Impfstoff wird bei Schafen unter die Haut (subkutan) und bei Rindern in den Muskel (intramuskulär) verabreicht. Leichte Reaktionen wie eine kleine Schwellung an der Einstichstelle oder etwas Fieber können nach der Impfung auftreten – das ist normal und meist harmlos.
Wichtig ist jedoch: Nebenwirkungen sollten gemeldet werden. Dies kann von Tierärztinnen und Tierärzten, Tierhaltenden oder der Zulassungsinhaberin direkt über das nationale Meldesystem von Swissmedic gemacht werden.
Durch die Zulassung von «Bultavo 3» sei es nun möglich, die offizielle Impfempfehlung zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit umzusetzen. Dies erleichtere die Planung und Durchführung der Impfungen in den Betrieben.
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Wie der Webseite des Kantons St.Gallen zu entnehmen ist, zirkulieren in der Schweiz seit September 2025 wieder vermehrt die Serotypen BTV-3 und BTV-8. In Norditalien, rund 20 km von der Grenze entfernt, sowie in Österreich gibt es aktuell BTV-4 Fälle.
«Die Impfung ist die beste Möglichkeit, um schwere Krankheitsverläufe, Todesfälle und damit wirtschaftliche Verluste signifikant zu reduzieren. Es wird empfohlen, alle empfänglichen Tiere gegen BTV-3 und BTV-4/8 zu impfen. Der optimale Impfzeitpunkt ist zwischen Januar bis März 2026. Eine ausreichende Immunantwort liegt einige Wochen nach zweiter Impfung vor. Die Verfügbarkeit der Impfstoffe ist gesichert», heisst es vonseiten der Veterinärbehörde St. Gallen.
«Für eine erneute finanzielle Entschädigung bezüglich der Impfkampagne 2026 wurde ein Antrag gestellt. Der Entscheid liegt nun beim eidgenössischen Parlament», heisst es weiter.