«Wir würden wieder auf Kompost setzen», ist Matthias Frei überzeugt. Dass es den rund 70 Milchkühen auf ihrer Kompostmatratze wohl ist, merkt man beim Betreten des Stalls sofort. Seelenruhig liegen und stehen sie da und käuen wieder. Beim Beobachten fällt eine Kuh auf, die erste Brunstsymptome zeigt – sie unternimmt bereits einen Aufsprungversuch.

Gute Klauengesundheit

Dabei steht sie sicher und hat keinerlei Angst, auszurutschen. Laut Matthias Frei ist das einer der grossen Vorteile des Kompoststalls. «Die Kühe haben eine rutschfeste Unterlage und zeigen ihre Brunstsymptome sehr deutlich» – in Laufställen nicht immer eine Selbstverständlichkeit.

Auch Mortellaro hat im Stall der Familie Frei bisher nicht Einzug gehalten, was mittlerweile doch selten vorkommt. «Es ist schön, wenn man bei allen Kühen Klauen schneiden kann und keinen einzigen Verband machen muss», sagt der Landwirt mit einem Lächeln. Neben der vorzüglichen Klauengesundheit hat der Kompost auch einen positiven Effekt auf die Eutergesundheit und damit auf die Milchqualität.

Der Familie Frei ist wichtig, dass die Milchkühe ihr natürliches Herdenverhalten im Stall ausleben können – doch der Kompoststall hat auch seinen Preis. Rund 20 000 bis 25 000 Franken kostet das Einstreumaterial jährlich. Das töne zwar nach viel, wenn man sich gewohnt sei, sein eigenes Stroh einstreuen zu können, erklärt Frei. Wenn man aber bedenkt, wie viel Zeit es kostet, pro Woche mehrmals Klauenverbände zu wechseln, sieht das Ganze schon anders aus. «Da gleicht sich die Rechnung wieder aus.»

Geruchsarmer Hofdünger

Die Kompostmatratze besteht aus dem Kot und Harn der Tiere, Sägemehl und Siebabgang aus der Produktion von Qualitätsholzschnitzeln. Im Winter mischt Frei noch etwas Dinkelspelzen dazu, um die Wärmespeicherung zu erhöhen. Die Kompostmatratze wird zweimal täglich mit dem Grubber bearbeitet.

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Wenn die Matratze feucht wird, streut Matthias Frei Sägemehl nach – im Winter ist dies ein- bis zweimal pro Woche nötig, im Sommer nur selten. Fünf- bis sechsmal jährlich wird ein Teil des Komposts entfernt, einige Zeit auf der Mistplatte nachgelagert und auf den Wiesen und Äckern ausgebracht. Da der Kompost geruchsarm ist, eignet er sich besser für die Ausbringung auf siedlungsnahe Felder als Tiefstreumist oder Gülle.

Tierwohl und Arbeitseffizienz

Die Familie Frei siedelte im Jahr 1984 aus. Damals hätten einige Bauern im Dorf gefragt, ob sie spinnen würden. Mittlerweile habe sich aber gezeigt, dass Tierhaltung eben nur ausserhalb des Siedlungsgebiets problemlos möglich sei, so Frei. Es war also ein guter Entscheid. So wurde der Lindenhof erbaut. Kernstück des Betriebs war ein Anbindestall, in dem heute die Mastkälber einquartiert sind. Der Anbindestall genügte aber mit der Zeit den Tierschutzanforderungen nicht mehr und ein Stallneubau wurde zum Thema.

Oberstes Ziel der Familie ist, ihren Hof als Familienbetrieb mit Lernenden bewirtschaften zu können. Die Arbeitseffizienz war neben dem Tierwohl ein wichtiger Punkt in der Planung des neuen Stalls. Dabei überzeugte der Kompoststall mit Melkroboter, der in den Jahren 2012 und 2013 realisiert wurde.

Stellte sich für die Familie Frei nie die Frage, die Milchproduktion aufzugeben? «Wir haben immer gerne gemolken, es ist einfach eine gefreute Sache», erzählt Matthias Frei. Dazu kommt, dass zum Zeitpunkt des Stallneubaus einige Landwirte im Dorf aus der Milchproduktion ausgestiegen sind und sich dadurch eine gute Zusammenarbeit und Handelsbeziehungen für Futter und Hofdünger ergeben hat. Das Ackerland ist im Furttal rar und alle hätten es darauf abgesehen. Mit den Kühen lassen sich die Wiesen effizient nutzen.

Weiden und Roboter

Frei möchte möglichst viel Milch aus dem Grundfutter erzielen und hat deshalb auch einen gelenkten Tierverkehr im Stall. Die Kühe müssen hier zweimal täglich melken gehen, damit sie überhaupt zur Fressachse kommen. Wäre der Verkehr frei, müsste den Kühen gegen Ende Laktation im Roboter viel Kraftfutter gegeben werden, damit sie überhaupt melken kommen würden.

Die Ration der laktierenden Kühe besteht aus 40 % Maissilage, 40 % Grassilage, Heu, Zuckerrübenschnitzeln, Abgangskartoffeln und -obst. Bei der Grassilage achtet Matthias Frei darauf, immer Silage vom ersten Schnitt aus dem Fahrsilo mit Siloballen aus den Folgeschnitten zu mischen, um ein möglichst ausgeglichenes Nährstoffverhältnis zu erreichen. Zusätzlich zur Mischration können die Milchkühe jeweils je nach Jahreszeit tagsüber oder nachts auf die Weide. Da die Weidefläche arrondiert ist, haben die Tiere freien Zugang zur Weide und das System ist problemlos mit dem Melkroboter vereinbar.

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Robuste und angenehme Rasse

Momentan liegt die Milchleistung der Braunviehherde bei 8700 kg Milch pro Laktation. Das Ziel sind 9000 kg. Frei ist optimistisch, dass dieses Ziel erreicht wird. «Als wir frisch in den Stall eingezogen waren, lag die Milchleistung bei etwa 7000 kg. Das Tierwohl und die Gesundheit im neuen Stall haben einen deutlichen Einfluss auf die Milchleistung.» Ein weiterer Punkt im Zuchtziel sind hohe Milchgehalte – diese dürfen unter der Leistungssteigerung nicht leiden. Zudem züchtet Frei auf Langlebigkeit. In der anfänglich sehr jungen Herde seien mittlerweile viele Tiere in der vierten, fünften oder sechsten Laktation, freut sich Matthias Frei.

Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Kühe der Herde braun. «Klar würden Holsteinkühe vielleicht etwas mehr Milch geben. Aber Braunvieh ist robust und angenehm im Umgang.» Ein weiterer Vorteil sei, dass sich Kälber aus Gebrauchskreuzungen mit Brown Swiss und einer Fleischrasse sehr gut zur Kälbermast eigneten.

Forschung kann helfen

Im Jahr 2018 hat Matthias Frei den Lindenhof von seinem Vater in Pacht übernommen. Die finale Übergabe wird voraussichtlich in den nächsten Jahren stattfinden. Zunächst musste sich Frei erstmal in die Betriebsführung einarbeiten – «die letzten paar Jahre sind aber schon gut gelaufen», meint er. Bisher sei der Betrieb im Ackerbau eher auf der intensiven Schiene gefahren. Da werden sich in Zukunft sicherlich neue Herausforderungen stellen, ist der Betriebsleiter überzeugt.

Er hat aber auch Hoffnung in die Forschung: gerade im Ackerbau können und müssen neue Erkenntnisse und Ansätze vorgestellt werden, die in der Praxis umsetzbar sind. Mit seiner Strategie im Milchwirtschaftsbereich sieht sich Matthias Frei gut für zukünftige Herausforderungen gerüstet.

Stadtnähe nutzen

Matthias Frei stellt fest, dass die momentanen agrarpolitischen Themen sehr intensiv sind und spricht dabei auch die Initiativen an, die bereits vorbei sind oder noch anstehen. Er informiert sich jeweils über die Thematiken und bildet sich seine Meinung dazu. Grundsätzlich sei ihr Betrieb aber gut aufgestellt und es liessen sich bestimmt für alle Zukunftsszenarien Lösungen finden, ist Frei zuversichtlich.

Das Betriebsleiterehepaar hat bereits Pläne, wie der Lindenhof weiterentwickelt werden könnte. Zur Debatte steht ein Ausbau des bereits bestehenden Hofladens, vielleicht auch mit einem Selbstbedienungsautomaten. Ziel ist, das eigene Fleisch noch besser zu vermarkten. Zudem möchte die Familie Frei der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung die Landwirtschaft näher bringen und ihr Einblick in das Geschehen eines Landwirtschaftsbetriebes ermöglichen. Dafür eignet sich der Betrieb sehr gut, da er nahe an der Stadt Zürich liegt.

 

Betriebsspiegel Lindenhof

Name: Matthias und Claudia Frei mit Ladina und Tim

Ort: Watt bei Regensdorf ZH

Fläche: 50 ha LN, 5 ha Wald

Produktionsform: ÖLN

Tiere: 70 Milchkühe, 20 Aufzuchtrinder, 10 Mastrinder, 15 Mastkälber, 25 Legehennen, 2 Pferde, 2 Ziegen, 3 Katzen, 1 Hund, 14 Schildkröten

Kulturen: Weizen, Gerste und Kartoffeln zur Saatgutproduktion, Zuckerrüben, Silomais, Kunst- und Naturwiese, Ökoflächen

Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar, Eltern von Matthias sind angestellt, 2 Lernende