Die Diskussion um Pflanzenschutzmittel (PSM) dreht sich aktuell vor allem um (Trink)wasser. Für ihre Studie richteten Forschende von Agroscope nun ihr Augenmerk auf Rückstände von PSM in Schweizer Böden und untersuchten dazu 100 Acker- und Gemüsebaufelder, die entweder biologisch, konventionell oder mit Direktsaat bewirtschaftet werden. Überall wurden in den obersten Erdschichten Rückstände von drei bis 32 verschiedenen Wirkstoffen gefunden. Die Anzahl und Menge unterschied sich aber deutlich.

Doppelt so viele Wirkstoffe in konventionellen Böden

Die Analysen zeigten, dass konventionell bewirtschaftete Flächen Rückstände von etwa doppelt so vielen PSM enthalten, wie Bio-Böden. In letzteren stellte man allerdings fest, dass manche PSM offenbar länger nachweisbar bleiben, als bisher gedacht: Auch 20 Jahre nach der Umstellung auf Bio hat es noch zwischen drei und 16 verschiedene Wirkstoffe im Untergrund.

Das könne entweder am Abdrift oder der Abschwemmung von konventionellen Feldern liegen, oder aber schlicht an der langen Lebensdauer der Stoffe bzw. deren Abbauprodukte. Letzteres dürfte insbesondere auf längst verbotene PSM wie Atrazin zutreffen, dessen kurze Halbwertszeit eigentlich das Gegenteil vermuten lassen würde. Das seit 2007 in der Schweiz verbotene Herbizid bzw. seine Abbauprodukte waren in allen Acker- und 92 Prozent der Gemüseböden zu finden. 

Verglichen mit konventionellen Acker- und Gemüseflächen gab es bei Bio durchschnittlich 85 Prozent tiefere PSM-Konzentrationen. 

Deutlich grössere Mengen bei Direktsaat

Die höchsten PSM-Konzentrationen wurden mit 1170 Mikrogramm pro Kilo Erde in Ackerböden unter Direktsaat gemessen. Dieses Resultat könne man aber nicht ohne Weiteres mit den anderen vergleichen, da durch den Verzicht aufs Pflügen der Untergrund weniger durchmischt wird, was die Konzentration verdünnen würde. 

Ebenfalls schwer vergleichbar sind die Messwerte von Acker- und Gemüseböden, schreiben die Forschenden, da jeweils die Proben in unterschiedlichen Tiefen genommen wurden und ausserdem die Bewirtschaftung zu unterschiedlich sei (z. B. Spritzhäufigkeit und PSM-Formulierung). Zusätzlich verwässern kurz vor der Probesammlung ausgebrachte PSM das Bild der langfristigen Belastung. 

Mykorrhiza leidet unter Cocktails

Um die Auswirkung der PSM-Rückstände auf das Bodenleben zu messen, analysierte Agroscope die Biomasse von Mykorrhiza-Pilzen (AMF) in Getreidefeldern. Der stärkste Zusammenhang bestand zwischen der Pilzmasse und der Anzahl Wirkstoffe bzw. Abbauprodukte im Boden. Es war laut der Studie aber nicht möglich, zwischen dem Einfluss der reinen Anzahl und der damit steigenden Konzentration zu unterscheiden. 

Lange bekannt ist der negative Effekt von mineralischen Düngern auf AMF. Der Einfluss von PSM war in dieser Studie allerdings stärker. Er überlagerte auch die positive Wirkung einer biologischen Bewirtschaftung. Das sei gravierend, da bei Bio ein aktives, gesundes und förderliches Bodenleben besonders wichtig sei, schreiben die Autoren. 

 

Wie aussagekräftig ist die Studie?

Die Autoren schlussfolgern aus ihren Resultaten, dass die «allgegenwärtige Kontamination landwirtschaftlicher Böden mit einer Vielzahl von Pflanzenschutzmitteln langfristige negative Effekte auf das Bodenleben haben kann.» 

Allerdings seien die gefunden Konzentrationen überwiegend gering und vor allem dank der empfindlichen Messtechnik überhaupt nachweisbar gewesen. Dies insbesondere bei Bio-Böden. 

Die Studie sei nicht darauf ausgelegt gewesen, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den gemessenen Konzentrationen und dem Bodenleben, der Bodengesundheit oder der Bodenfruchtbarkeit zu testen. Hierfür bräuchte es weitere Studien, die auch schon geplant seien. 

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