«Die Agrarforschung steht im Gegensatz zum übrigen Bereich Forschung und Innovation des Bundes unter starkem Spardruck. Sie ist aber nicht, wie allgemein vermutet, nur für uns Bauern zuständig», führte Hausammann aus. «Von den ganzen Geldern, die der Bund in die Agrarforschung investiert (2017 waren es 198 Mio Franken), kommen 60 Prozent tatsächlich den Akteuren aus Land- und Ernährungswirtschaft zu gute.»

Zusammen mit Ständerätin Brigitte Häberli-Koller hat Hausammann einen Vorstoss eingereicht. Die beiden Thurgauer Politiker fordern, die Agrarforschung ebenfalls an den Töpfen der übrigen Forschung teilhaben zu lassen. Die Agrarforschung müsse wieder vermehrt die Bedürfnisse der produzierenden Landwirtschaft stillen. Dafür brauche es Standorte mit realen Ansprechpartnern und nicht nur Satelliten.

Roboter, Drohnen und Feldmessgeräte

Das Highlight der diesjährigen Güttinger-Tagung war die Vorführung eines selbstfahrenden Mulchroboters. Dank Scanner und verschiedenen Sensoren erkennt er Bäume und das Ende einer Baumreihe. Kommt er einem Hindernis zu nahe, stellt automatisch ab.

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Der Geräteträger mit Sichelmulcher stammt vom Schweizer Maschinenhersteller Aebi. Die Steuerung mit Laserscanner wurde von der deutschen Firma Robot Makers GmbH entwickelt. Der Mulchroboter ist GPS-unabhängig und fährt autonom. Solche Modelle werden im Moment vor allem im Rebbau und in (Obst-)Baumschulen eingesetzt.

Anhand der Daten von Feldmessgeräten sollen den Obstbauern zukünftig frühzeitige Prognosemodelle für Krankheiten und Schädlinge zur Verfügung stehen. Sie dienen als Entscheidungshilfe im Bereich Pflanzenschutz und Ressourcenoptimierung. Feldmessgeräte sind verhältnismässig kostengünstig. Ab 2500 Franken erhält man Geräte mit allen wichtigen Sensoren für Pflanzenschutz und Krankheitsmodelle. Auch der Einsatz von Drohnen könnte in Zukunft im Obstbau an Bedeutung gewinnen.

Erfolgreiche Versuche bei der Fungizidreduktion

Sarah Perren von Agroscope erläuterte einen Versuch der Forschungsanstalt Wädenswil, bei dem der Einsatz von chemisch-synthetischen Mitteln auf ein Minimum reduziert wurde. «Die entwickelte Low-Residue-Strategie (LR) zielt darauf ab, chemisch-synthetische Fungizide und Insektizide nur bis zur Apfelblüte einzusetzen. Danach werden nur noch Fungizide und Insektizide eingesetzt, die auch im biologischen Landbau zugelassen sind», erklärte Perren. Die Ergebnisse sind erfolgsversprechend. Der Bekämpfungserfolg bezüglich Apfelschorf, Echtem Mehltau und Marssonina sei vergleichbar mit den Erfolgen der Integrierten Produktion. Probleme gibt es noch bei den Lagerkrankheiten. 

Die LR-Pflanzenschutzstrategie im Apfelanbau werde laufend weiterentwickelt, betonte Perren. Durch die Kombination verschiedener Massnahmen sollen Synergieeffekte genutzt, verstärkt und gefördert werden. Dazu zählen die Totaleinnetzung, Apfelwickler-Verwirrung, mechanische Ausdünnung, Unkrautbekämpfung ohne Herbizide und zu guter Letzt die Sortenwahl.

Zwei neue Schädlinge im Obstbau

Wichtige Inputs gab es zu den neuen invasiven Schädlingen marmorierte Baumwanze und Mittelmehrfruchtfliege. Die marmorierte Baumwanze tritt in der Schweiz seit 2004 auf, vorwiegend in den Kantonen Tessin und Zürich. Die Weibchen legen ihre Eier zwischen Mai und September auf der Blattunterseite ab. Die Wanze hat ein sehr breites Wirtspflanzenspektrum, darunter alle Obst- und Beerenarten, diverse Gemüsearten sowie Ackerkulturen wie Mais oder Sonnenblumen. Durch die Saugtätigkeit an heranreifenden Früchten entstehen Deformationen, eingesunkene Stellen und Dellen auf der Oberfläche und das Fruchtfleisch kann verbräunen.

Die Mittelmeerfruchtfliege zählt in verschiedenen Regionen der Welt zu den wirtschaftlich bedeutendsten Obstschädlingen. Es ist davon auszugehen, dass Mittelmeerfruchtfliegen hauptsächlich durch den Import von befallenen Zitrusfrüchten in die Schweiz gelangen. Ihr Auftreten in der Schweiz ist nicht neu. Trotz ihrer grossen Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Klimaregionen schien sie sich auf der Alpennordseite bisher aber nie massenhaft vermehren zu können. Nach den relativ milden Wintern der Jahre 2015/2016 und 2016/2017 wurde in verschiedenen Erwerbsobstanlagen im Kanton Zürich erstmals Befall an Äpfeln festgestellt. Für beide Schädlinge werden Monitorings durchgeführt.

Stefanie Giger

Mehr in der Printausgabe

Die ausführliche Argumentation von Markus Hausammann für die Forschungsstandorte in der Deutschschweiz sowie den ganzen Bericht zur Güttinger-Tagung lesen Sie in der Printausgabe der BauernZeitung Ostschweiz vom 24. August.

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