SBR (Syndrome des basses richesses) ist eine bakterielle Krankheit, die durch die Schilf-Glasflügelzikade Pentastiridius leporinus auf die Zuckerrüben übertragen wird. Die Zikaden fliegen im Frühsommer in das Zuckerrübenfeld ein und infizieren die Pflanzen mit SBR. Danach legen sie die Eier neben den Zuckerrüben in den Boden. Kurze Zeit später schlüpfen die Larven und entwickeln sich zunächst im Boden. Nach der Ernte der Zuckerrüben führen die Larven ihre unterirdische Entwicklung in der nächsten Kultur fort, bis sie im Frühjahr auf das nächste Zuckerrübenfeld fliegen können.

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Unter der Leitung von Professor Andreas Keiser untersuchte Ronny Kolly, Student an der ​Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), die Entwicklung der Zikaden in der Fruchtfolge.

Wintergetreide begünstigt Zikaden

Der Versuch fand auf drei Betrieben im Chablais VS/VD statt und wurde von der Schweizerischen Zuckerrübenfachstelle und der BFH-HAFL finanziert. Es zeigte sich, dass der Ausflug von Zikaden im Frühjahr massiv zurückging, wenn die Maiskultur auf die Zuckerrüben folgte. So etwa flogen in Yvorne 40-mal weniger Zikaden aus dem Mais als aus dem Winterdinkel. Im Dinkel waren es in der Periode von Mitte Mai bis Ende Juli 300'000 Zikaden/ha, die aus der Parzelle ausflogen, im Mais hingegen nur 8000 Zikaden/ha. Auf der Parzelle Illarsaz VS sah es sogar noch besser aus. Aus dem Maisfeld flog keine einzige Zikade aus, während im Winterweizen nebenan bis zu einer Million Zikaden pro Hektare ausflogen (siehe Grafik).

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Dieser Unterschied der zwei Parzellen bezüglich der Anzahl Ausflüge ist auf die Gründüngung der Parzelle in Yvorne zurückzuführen. Denn die Parzelle in Illarsaz lag über den Winter brach. Das heisst, wenn man im Winter das Feld brach lässt – u. a. kein Wintergetreide anbaut – reduziert man die Anzahl ausfliegender Zikaden. Man entzieht den Zikade damit die Nahrung im Winter und unterbricht deren Entwicklung. Der Ausflug dieser Insekten wird eingeschränkt und somit die Übertragung von SBR auf die neuen Zuckerrübenparzellen reduziert.

Pflügen ist ineffektiv

Die Resultate widerspiegeln die bereits durchgeführten Studien aus Frankreich und Deutschland. Das Institut für Zuckerrübenforschung (IFZ) in Göttingen (D) stellte eine stark reduzierende Wirkung des Maises nach den Zuckerrüben auf die Anzahl Zikaden fest. Schon zuvor stellten französische Forschende einen Rückgang der Zikaden im Sommergetreide nach den Rüben fest. Ausserdem konnten sie keinen Effekt des Pflügens wie auch des Grubberns auf die Anzahl Zikaden erkennen.

Im Versuch im Chablaiswurde ausserdem die Effektivität eines entomopathogenen Nematoden auf die Zikaden untersucht. Diese Nematoden sind nicht mit den pflanzenparasitären Nematoden verwandt und somit harmlos für die Pflanzen. Gleichwohl hatten sie keinen Effekt auf die Zikaden (siehe Grafik). Dies liegt am hohen Anspruch an die Ausbringung der Nematoden. Der Boden muss wärmer als 12°C sein und die Ausbringung sollte vor dem Regen geschehen. Diese Wetter- bzw. Bodenbedingungen sind im Oktober bzw. April nicht leicht zu erwischen. Denn im Oktober ist die Bodentemperatur meist unter 12°C, wobeiwiederum im April die Regenfälle in den letzten Jahren ausblieben.

Brache einzig wirksam

Somit ist die Brache ab der Zuckerrübenernte bis im Frühjahr die womöglich einzig wirksame Massnahme zur Reduktion der Zikadenpopulation. In einem nächsten Schritt zur Reduktion der SBR-Verbreitung wird esnötig sein, die Massnahme der Fruchtfolge auf eine Region auszuweiten. Denn nur so ist es möglich, den Ausflug der Zikaden wirksam zu bekämpfen und die Migration der Nachbarfelder zu verhindern.