Es geht weder nur um Nischenkulturen noch ausschliesslich um grosse Agrochemie-Konzerne. Von eigentlich unrechtmässigen Patentierungen betroffen sind laut einem Bericht der Koaltion «No Patents on Seeds» z. B. Mais, Weizen, Gerste, Tomaten, Salat, Spinat, Brokkoli oder Melonen. In Europa gebe es bereits mehr als 1000 Fälle. Unter den Patentanmeldern finden sich demnach grosse Fische (etwa Bayer, Syngenta, BASF), aber auch einige traditionelle Züchtungshäuser. So hat die Koalition erst kürzlich Einspruch gegen ein Patent der deutschen Firma KWS erhoben.

Aus kältetoleranten Sorten gezüchtet

Im oben genannten Fall sollte eine Maissorte patentiert werden, die besonders für den Anbau in kälteren Regionen geeignet sei. «Dieser Mais wurde jedoch mithilfe von Pflanzen gezüchtet, die bereits für ihre Toleranz gegen Kälte bekannt waren», kritisiert «No Patents on Seeds».

Die Koalition ist aktiv, um derlei Patente zu verhindern. Denn damit werde Anspruch erhoben auf ein Merkmal und einen bestimmten natürlich vorkommenden Genotyp – und zwar unabhängig von der zur Züchtung angewandten Methode. Dabei sind konventionell gezüchtete Sorten nach EU-Recht nicht patentierbar.  

Verschiedene Wege, das Verbot zu umgehen

Der Bericht von «No Patents on Seeds» identifiziert verschiedene Strategien, mit denen das Verbot auf das Patent von konventionell gezüchteten Pflanzen umgangen wird:

  • Spezifische Formulierungen in den Patentanmeldungen, die den Einsatz gentechnischer Verfahren suggerieren.
  • Anspruch auf Merkmal oder natürlich vorkommenden Genotyp unabhängig von der eingesetzten Methode (siehe Mais-Beispiel oben).

Prekäre RechtslagePatente würgen die Zucht zukunftsfähiger Sorten abDonnerstag, 13. Januar 2022 Das Resultat: Der Zugang zum Zuchtmaterial für kleine und mittlere Züchtungsunternehmen wird erschwert. Das bedeutet ein Hindernis für die Entwicklung von Sorten, die für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet sind.

Österreich geht voran

Sowohl das Europäische Patentamt als auch die Schweizer Politik müsse in dieser Sache aktiv werden und wirksame Massnahmen treffen, sind sich die Mitglieder der Koalition einig. In Österreich sei ein Erfolg zu verzeichnen:  Das dortige nationale Patentgesetz umfasse nun ausdrücklich ein Verbot von Patenten auf konventionell gezüchtete Pflanzen. Das könnte eine Vorlage sein für die Bemühungen auf europäischer Ebene und in der Schweiz, findet «No Patents on Seeds». Hierzulande ist immerhin etwas im Gange: Vor zehn Monaten wurde eine Kommissionsmotion an den Bundesrat überwiesen, die mehr Transparenz im Bereich der Pflanzenzucht fordert.