Wie handhabt der Plantahof das Abkalben seiner Tiere während der Alpsaison?

Andrea Accola: Wir haben betriebsintern die Entscheidung getroffen, dass wir Abkalbungen auf Alpen verhindern möchten. Dazu behalten wir eine Kuh entweder auf dem Heimbetrieb, bis das Kalb geboren und ausreichend entwickelt ist, oder wir führen die Tiere heim, sobald die Abkalbung unmittelbar bevorsteht. Das ist aber eine rein betriebsinterne Lösung, die der Planatahof umsetzen kann, das gilt nicht für alle Betriebe.

Wie stehen Sie persönlich zu dieser Weisung?

Das ist aus meiner Sicht ganz klar ein Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit eines Landwirtes. Es gibt gute Gründe gegen, aber ebenso gute Gründe für Abkalbungen während der Alpsaison.

Was sind die wichtigsten Gründe für ein Abkalben während der Sömmerungszeit?

Eine Alpsaison dauert 90 bis 120 Tage. Wenn während dieser Zeit keine Geburten stattfinden dürfen, kann ein Mutterkuhhalter in dieser Zeit nichts produzieren. Dadurch entsteht ihm in den folgenden Monaten ein entsprechendes Loch in seinem Angebot. Wenn alle Kälber vor oder nach der Sömmerung zur Welt kommen müssten, hätte man dafür im Frühling und Herbst ein Überangebot an Kalbfleisch. Das wäre nicht zielführend und für die Produzenten sehr schwierig zu meistern.

Man muss aber auch an die Alpgenossenschaften denken. Diese sind wegen der Sömmerungsbeiträge darauf angewiesen, dass die Alpen mit einer ausreichenden Anzahl Tieren bestossen werden und dass das Vieh auch lange genug auf den Alpen bleibt.

Könnten sie sich vorstellen, dass die Weisung verbindlich und möglicherweise landesweit gültig werden könnte?

Vorstellbar ist das schon, aber es wäre fraglich, wie man das durch- und umsetzen würde. Das Ganze hängt von verschiedenen Entwicklungen ab, wobei das Verhalten des Wolfs nur ein Faktor ist. Ebenso ins Gewicht fallen mögliche Zwischenfälle mit Touristen und aufgeschreckten Mutterkühen. Würde die Weisung verbindlich, hätte zudem ein grosser Teil der Mutterkuhhalter gar keine Freude daran.

Wäre die strikte Umsetzung der Weisung überhaupt realisierbar?

Für grössere Alpen und Alpgenossenschaften wäre das sicherlich machbar. Dort finden sich die nötigen Strukturen und auch das nötige Personal. Auf kleineren Alpen, die oft in privater Hand sind, dürften sich aber Schwierigkeiten ergeben bei der Umsetzung des Herdenschutzes.

Hätte eine verbindliche Regelung gegen Abkalbungen im Sömmerungsgebiet also das Ende der Mutterkuhhaltung auf kleineren Alpen zur Folge?

Auf vielen kleinen oder privaten Alpen, wie es sie etwa im Wallis so oft gibt, wäre das dauernde Behirten einiger weniger Tiere wohl ein Ding der Unmöglichkeit, gerade auch aus finanzieller Sicht. Durch eine verbindliche Regelung nähme man damit in Kauf, dass eine Tradition und damit ein bedeutendes Stück Kultur in Frage gestellt und in Bedrängnis geraten würde.

 

Zur Person

Andrea Accola arbeitet am Plantahof in Landquart (Graubünden) als Werkführer Feldbau und Versuchswesen.