«Dieses Buch ist ein Meisterwerk, dessen warst du dir vermutlich gar nicht bewusst, als du es geschrieben hast», sagt Hermann Gehrig. An der Hauptversammlung der Interessengemeinschaft zur Erhaltung des Original Freiberger Pferdes (IG OFM) am 18. Februar im bernischen Kernenried hat Gehrig einen interessanten Exkurs in die Freibergerzucht gemacht. Er hat das Buch «L’incroyable destin de Max», das von Autor und Branchenkenner Jean-Pierre Graber in französischer Sprache verfasst wurde, ins Deutsche übersetzt. Vieles davon, was in diesem Buch zum Teil sehr delikat beschrieben werde, hat Gehrig auf seinem langen Weg mit dem Freiberger selbst erlebt.

So, wie es wirklich ist

«In diesem Buch ist die Problematik der Freibergerzucht so aufgeschrieben, wie sie wirklich ist», sagt Hermann Gehrig. Von der Idee, wie der Freiberger sein solle über die Burgdorfer Zucht bis hin zur ganzen Geschichte um die Täufer, handle das Werk auf unzähligen Schauplätzen. «Jean-Pierre Graber hat sehr viele Sachen sehr delikat beschrieben. So zum Beispiel die Zusammenarbeit der Jurassier mit den Täufern, die einander gar nicht so gern hatten, aber in der Pferdezucht und ums Weiterkommen waren sie dann wieder einig», beschreibt Gehrig.

Max, aus dem Stempelhengst Hulax wurde

Und das Kernstück in diesem einzigartigen Buch sei, wie der Titel es bereits besage, diese unglaubliche Geschichte von Max, erzählt von der Geburt weg, bis zu seinem Sterben. Hermann Gehrig hat viele dieser Feinheiten in diesem Buch, wie er sie zuweilen nennt, selbst erlebt. Mit Jahrgang 1950 habe er auf dem elterlichen Pachtbetrieb noch mit Pferden ganz nahe zusammengelebt und -gearbeitet. «Ich wollte Bauer werden, aber ein Lehrer hat mir gesagt: Geh’ du ans Lehrerseminar, was willst du als Bauer?» So erinnert sich Gehrig noch allzu gut an den Frust seines Vaters, der einen schönen Pachtbetrieb an der Stadtgrenze von Solothurn «ergattern» konnte. Jährlich habe man dort Bauland verloren. Der Vater, ein gelernter Metzger, habe schliesslich gesagt, das höre jetzt auf: «Bloss nicht mehr bauern!»

Hermann Gehrigs Schlüsselhengst ist Halliday

Als Dragoner und Kavallerieoffizier war das Pferd aber stets – auch ohne eigenen Betrieb zu führen – bei Hermann Gehrig präsent. Dass er zu den Freibergern kam, habe mit seiner Jugend zu tun, erzählt er. Zudem wurde er früh Präsident einer gemischten Pferdezuchtgenossenschaft (Warmblut und Freiberger). Den Hengst Halliday bezeichnet er indes als seinen Schlüsselhengst.

«Nur mit Druck wird es gehen.»

Hermann Gehrig, langjähriger Freiberger-Rassenrichter 

Wo wären wir ohne Hunter?

Halliday, mit Jahrgang 1982, bringt mütterlicherseits das Schwedenblut von Aladin mit. Auf der Vaterseite geht er über Haven und Humour auf Hunter zurück. Und natürlich ist es Jean-Pierre Graber, der sich an die ebenso unglaubliche Geschichte von Hunter mit Jahrgang 1968 erinnert, der Anfang der Siebzigerjahre nur provisorisch angekört worden sei. «Hätte es Hunter nicht gegeben, wäre die Geschichte der Rasse ganz anders verlaufen», weiss Graber. Hunter erhielt erst vierjährig die definive Anerkennung als Zuchthengst. Ein System, das die Freibergerzucht schon seit längerer Zeit nicht mehr anwendet. «Leider», sagt Graber, der sich eine entsprechende Änderung wünscht. Denn hier gingen wichtige Chancen für die Zucht verloren; insbesondere wenn es um die Erhaltung der Linien gehe. Zu jener Zeit seien noch mutige Entscheide getroffen worden, ergänzt Hermann Gehrig. Solche Entscheide und schliesslich auch entscheidungsfreudige Männer würden in der Freibergerzucht heute weitgehend fehlen, ist er sicher. Wer etwas zu ändern wünsche, müsse enorm viel Druck ausüben. «Nur mit Druck wird es gehen», sagt Gehrig. [IMG 2]

Hendrix ist fast überall vertreten

Hunter hatte mit Humour und Hulax zwei enorm wichtige Nachkommen in der Zucht. Jean-Pierre Graber erinnert an die Wichtigkeit des Hengsts Hendrix, der als Enkel aus Hunter hervorging. Sein Einfluss hält bis in die Gegenwart an. «Ein einziger Hengst, der 2023 im jurassischen Glovelier selektioniert wurde, führt nicht Hendrix-Blut in seiner Abstammung. Das zeigt doch, wie wichtig es ist, dass solche Hengste eine Chance erhalten», schliesst Graber. In seinem Buch schreibt Graber über die Geschichte von Max, der nach der Körung den Namen Hulax trug. Hier schliesst sich also der Kreis. Das 150 Seiten umfassende Werk hat also viel zu bieten. Eines sei verraten: Hulax trat 1990 in die Dienste des Nationalgestüts ein. Dort starb er 11 Jahre später an einem Darmriss, dem eine schwere Kolik voranging. Wohl nicht einmal dann war der Freibergerfamilie bewusst, was für ein Hengst am 28. Januar 2001 für immer die Augen geschlossen hatte.

Das Buch kann auf der Webseite der IGOFM bestellt werden.

 

Die IG OFM: 

Was ist ein Original Freiberger Pferd? An der Hauptversammlung vom 3. Mai 1998 hat die IGOFM den Original Freiberger wie folgt definiert: Die Bezeichnung «Original Freiberger Pferd» darf ein Freiberger tragen, wenn sein Fremdblutanteil zwei Prozent nicht übersteigt. Das heisst, wenn in der 6. Generation des Abstammungsausweises ein rassenfremder Hengst (mit 100 % Fremdblut) vorkommt, und die übrigen Ahnen «rein» (kein Fremdblut) sind, hat das entsprechende Pferd einen Fremdblutanteil von 1.5 %, und erfüllt damit die Ansprüche an einen «Original Freiberger». Kommen in der 6. Generation eines Abstammungsausweises zwei Hengste mit einem Fremdblutanteil von 100 % vor, hat das entsprechende Pferd einen Fremdblutanteil von 3 % was somit nicht mehr einem Original Freiberger entspricht. Diese Pferd tragen heute den Zusatz-Faktor Basis. Diesen Zusatz erhalten Pferde, die max. 4 % Fremdblut im Pedigree führen.

Was ist ein Basispferd? Im Dezember 2001 hat die Delegiertenversammlung des Schweizerischen Freibergerverbands eine neue Kategorie Basis in der Herdebuchordnung gutgeheissen. Für Basispferde wurde die Definition der IG OFM für Original Freiberger Pferde übernommen.

 

Traktandarische Geschäfte:

Die IG OFM, unter der Führung von Präsident Bruno Spring, musste die Demission von zwei Vorstandsmitgliedern zur Kenntnis nehmen: Nicole Frey und Sabrina Neuhaus traten aus. Für Frey wurde eine Nachfolgelösung gefunden. Der Ostschweizer Hansruedi Gysel wurde an ihrer Stelle neu in den Vorstand gewählt. «Ich möchte mithelfen, auch wenn ich der Älteste bin», so Gysel. Der Sitz von Neuhaus bleibe bis auf weiteres vakant. Man warte aktuell, wie sich die Arbeit im Vorstand ergebe und sei offen, wenn sich jemand auf den freien Sitz im Vorstand melde. Die IGOFM wird sich mit Basis-Pferden an der BEA in Bern präsentieren. Wie mit dem Schweizerischen Freibergerverband vereinbart, steht dort für die IGOFM am Freibergertag (6. Mai) eine halbe Stunde Präsentationszeit zur Verfügung.