Wer tierische Labelprodukte kauft, ist sensibilisiert und eher zahlungsbereiter als jenes Kundensegment, das sich auf möglichst preisgünstige Einkäufe konzentriert. So charakterisiert eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz unter der Leitung von Mathias Binswanger die Käuferschaft, mit deren Zahlungsbereitschaft der Detailhandel den Recherchen im Auftrag des Schweizer Tierschutz STS hohe Margen abschöpfen kann.

Die grossen Preisunterschiede gibt es nur im Laden

Die Studienautoren verglichen die Preise für Fleisch in verschiedenen Kategorien. Die Unterschiede sind erheblich: im Durchschnitt bezahle man für Billigangebote wie Prix Garantie oder M-Budget mit Fr. 18.03 pro kg dreimal weniger als für Bio-Produkte (im Durchschnitt Fr. 54.55 pro kg).

Leider kommen die Preisunterschiede nicht bei den Landwirt(innen) an, die für eine tierfreundlichere Produktion den Mehraufwand tragen. «Bei allen Fleischkategorien ist der Anteil der der Tierhalter an der Wertschöpfung bei Label- und Bio-Produkten geringer als im Standardsegment».

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Lage beim Schweinefleisch besonders schwierig

Zusätzlich zeigt die Studie, dass der Anteil des Komsumentenfrankens, der an die Landwirt(innen) geht, beim Rindfleisch deutlich höher liegt als beim Schweinefleisch. Das führt man vor allem auf den höheren Anteil der Verarbeitung an der Wertschöpfung von Schweinefleisch zurück. Einen weiteren starken Einfluss – mit Ausnahme des Bio-Bereichs – habe der Schweinezyklus, der insbesondere 2022 im Vergleich zu 2020 für tiefere Preise sorgte.

Keine Verbesserungen

AboDie Label-Anteile am gesamten Fleischmarkt sind rückläufig. Der STS spricht von einer «Tierwohlkrise».FleischmarktRückgänge in allen Kategorien: Tierwohl-Label kriselnMittwoch, 25. Mai 2022 Die Konsument(inn)en zahlen deutlich mehr für Labelprodukte als das Standartsortiment und Mehraufwände in der Produktion werden nicht ausreichend abgegolten. An dieser Situation hat sich in den letzten zwei Jahren nichts geändert, die Fachhochschule Nordwestschweiz stellt keine Verbesserungen fest. Im tieferen Preissegment sei der Wettbewerb härter, Marken würden hier kaum eine Rolle spielen und der Detailhandel könne geringere Margen abschöpfen als bei weniger preissensiblen Käufer(innen) von Tierwohl-Produkten. «Weder Produzenten noch Konsumenten haben unter den gegebenen Marktbedingungen einen Anreiz, die Produktion bzw. den Konsum von Label- und Bioprodukten zu erhöhen», so das Fazit.

«Der Bio- und Labelmarkt sind unterreguliert»

Angesichts dieser Preisschere sei die «Tierwohlkrise» nicht zu beseitigen, ist der STS überzeugt. Er erinnert daran, dass der Absatz von Bio- und Labelprodukten seit Jahren harzt und von 12,2 Prozent im Jahr 2020 auf 12 Prozent im Jahr 2021 gesunken sei. Dies bei insgesamt steigenden Schlachtzahlen im Inland. Offensichtlich reichten die Marktkräfte nicht aus, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen – Label- und Biomarkt seien unterreguliert. Da die Nachfrager (Detailhandel) die Marktmacht inne hätten und somit den Preis bestimmen könnten, werde der Produzentenpreis tendenziell nach unten gedrückt.

Sensibilisieren zur Weihnachtszeit

Zusammen mit Bio Suisse, Demeter, der Kleinbauern-Vereinigung, dem Konsumentenschutz und dessen Westschweizer Pendant Fédération romande des consommateurs (FRC) will der STS dafür sorgen, dass über die Festtage eher mal ein Bio- oder Labelbraten auf dem Tisch landet. Man werde in der Deutsch- und Westschweiz mit der Sensibilisierungs-Kampagne für einen verantwortungsvollen Fleischkonsum aktiv, so die Ankündigung. Dies unter dem Motto «weniger Fleisch, dafür aus tiergerechter Haltung. Das ist besser für Mensch, Tier und Umwelt». Empfohlen werden dabei Labels, die der STS als gut bewertet und die somit für viel Tierwohl garantieren sollen.