Man weiss es besser und handelt dann doch anderes – dieses Phänomen ist wohl jedem bekannt. Und es dürfte einer der Gründe sein, weshalb Bildung und Information allein für den Wandel des Ernährungssystems zu mehr Nachhaltigkeit nicht ausreichen wird. «Labels und Informationen sind vergleichsweise wenig effektiv», halten die Autoren der Agroscope-Studie «Politikmassnahmen für eine nachhaltige Ernährung» fest. Sie haben 160 internationale Studien ausgewertet, die sich mit auf Konsumenten ausgerichteten Politikmassnahmen befassen.

Verbote wirken am stärksten

Steuern und Verbote sind weniger akzeptiert als informationsbasierte Massnahmen, heisst es weiter. Gleichzeitig sind solche einschränkenden Massnahmen aber auch effektiver. Das liegt in der Natur der Sache, wenn etwa eine umweltschädlichere Option (z. B. Importfleisch) schlicht weg nicht mehr zur Verfügung steht, statt nur mit einem Mahnfinger gekennzeichnet zu sein.

Kleine Verbesserungen im Konsumverhalten seien mit Nudges erreichbar, die auf sanfte bis unterschwellige Art und Weise dazu «anstupsen». Ein Beispiel wäre die Ausrufung eines (freiwilligen) fleischlosen Montags, der zum Genuss vegetarischer Menüs inspirieren soll. Grundlegende Verhaltensänderungen sind von Nudges aber nicht zu erwarten. Als ebenso beschränkt wirksam werden Prämien auf vorbildliches Handeln eingeschätzt, während Steuern zwar besser wirken, je nach Ausgestaltung Haushalte mit kleineren Einkommen aber stärker belasten.

Auf allen Ebenen ansetzen

Die Forschenden konzentrierten sich in dieser Studie auf mehr oder weniger nachhaltige Konsumentscheidungen. Da effektive regulatorische Massnahmen eher schwierig umsetzbar und in der Bevölkerung wenig akzeptiert seien, schlagen sie Ansätze auf Ebene Produktion vor. Dies ebenfalls mit dem Ziel, umweltschädliche Optionen entweder zu eliminieren oder zu reduzieren. In der Produktion dürfte der Widerstand aber auch nicht ausbleiben. «Um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, braucht es gemeinsame Anstrengungen von allen Akteuren des Ernährungssystems», fasst Agroscope zusammen. Ausserdem sei es zielführend, verschiedene Massnahmen zu kombinieren.

Wohin soll die Reise gehen?

Die Ergebnisse der Literaturstudie bestätigen bis hierher, was man gemeinhin annehmen könnte. Die Autoren identifizieren aber einen wichtigen Stolperstein auf dem Weg zu einem nachhaltigen Ernährungssystem: Die Frage der Zielmarke. Es sei meist nicht definiert, was im Zusammenhang mit Lebensmitteln unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Ausserdem unterscheide sich das Verständnis des Begriffs zwischen den verschiedenen Marktakteuren. So lege die Industrie etwa einen stärkeren Fokus auf ökonomische Aspekte. Die verschiedenen Herangehensweisen der ausgewerteten Studien in Methoden und Nachhaltigkeitskriterien machen die Sache nicht einfacher.

Es fehlt also an einem gemeinsamen Verständnis der «Nachhaltigkeit». Das wäre aber, schreiben die Forschenden abschliessend, für koordinierte gemeinsame Anstrengungen zentral.