«An der Basis ist eine Pflanze, und die könnte in der Schweiz wachsen», gab Michel Nick zu bedenken. Der Leiter Bereich Innovation der Division Lebensmittelindustrie bei der Fenaco ist überzeugt, dass die Revolution der alternativen Proteine gekommen ist, um zu bleiben. Vor seinem Referat am Maxi-Event von Fenaco GOF stellte Nick allerdings klar, er sei ein Karnivor. Denn bereits die Ausführungen seines Vorredners Alban Muret hatten spürbar die Stimmung im Publikum erhitzt.

Trends zeigen das Potenzial

Muret arbeitet bei der Stiftung «Foodward», zu deren Partner die Fenaco zählt und die sich unter anderem mit Wissensvermittlung und Innovationsförderung im Bereich pflanzlicher Alternativprodukte beschäftigt. Anhand von zwei Grafiken illustrierte er das Potenzial für Anbau und Verarbeitung von Proteinpflanzen in der Schweiz: Seit 2019 schnellten die Verkaufszahlen von fleischähnlichen Produkten in die Höhe, im Gleichschritt Wert und Menge der Hülsenfrucht-Importe.

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«Das Niveau ist tief, interessant ist aber die drastische Steigerung»,

betonte Alban Muret. 

Verträge für hunderete Tonnen Eiweisserbsen

«Wie gross ist denn das Potenzial wirklich, auch angesichts des Grenzschutzes?», kam die Frage aus dem Publikum. Muret erwähnte, viele Start-Ups hätten seiner Erfahrung nach Interesse an einer Zusammenarbeit mit Schweizer Produzenten. Die betriebswirtschaftliche Seite von Proteinpflanzen beleuchtete aber Jasmin Meile von Fenaco GOF. «Der Vertragsanbau von Spezialitäten hat im System Maxi Tradition», hielt sie fest und nannte als Beispiele Biscuitweizen, Dinkel und Roggen. «Das Know-How über Anbau, Erfassung, Lagerung und Vermarktung von Spezialkulturen ist vorhanden», so Meiles Fazit. Wissen zu «neuen» Spezialkulturen wie Speisehafer, Eiweisserbsen und Ackerbohnen sei zudem über die ganze Wertschöpfung im Aufbau, wozu der Austausch der Akteure im System Maxi beiträgt. Für die Ernte 2023 haben bereits 12 Sammelstellen Verträge für insgesamt rund 600 t Eiweisserbsen und 50 t Ackerbohnen abgeschlossen.

Eine attraktive Alternative

DossierSerieAnbau von KörnerleguminosenMontag, 18. Juli 2022 Die Fenaco sieht in den neuen Spezialkulturen eine attraktive Alternative zu etablierten Kulturen. Wenn erwünscht werden Interessierte im Anbau durch Experten begleitet und es gibt Anbauempfehlungen für Eiweisserbsen und Ackerbohnen für die menschliche Ernährung. Ausserdem sind Übernahmebedingungen für «Ackerkulturen für die menschliche Ernährung» derzeit in der Vernehmlassung. «Das Ziel ist, dass Schweizer Sammelstellen in der Lage sind, Annahme und Aufbereitung gemäss den Übernahmebedingungen zu gewährleisten», hielt Jasmin Meile fest.

Verbesserungen in der ganzen Kette

Allen Bemühungen und dem vielfach beschworenen Potenzial zum Trotz sind aber noch viele Fragen offen. Derzeit gibt es z. B. für Hülsenfrüchte wenig bis keinen Grenzschutz und «

der Anbau muss attraktiv sein sowie langfristig gehalten werden können»,

ist sich Jasmin Meile bewusst.

Michel Nick sieht angesichts der begrenzten Anbauflächen einen «Kampf der Ackerkulturen» kommen. Das treffe im Übrigen auch auf den Markt zu. Es brauche eine Verbesserung der gesamten Wertschöpfungskette inklusive Verarbeitung in der Schweiz und nicht zuletzt einen für Produzenten interessanten Preis.


Innovation ist der Fenaco ein Anliegen

ForschungszusammenarbeitDie Fenaco befasst sich mit Verdienstmöglichkeiten in der Zucht von ZellenDienstag, 28. Februar 2023 Als Reaktion auf geänderte Ernährungsgewohnheiten und Wetterverhältnisse sowie um auf die Erwartungen von Seiten Konsumenten eingehen zu können, gibt es bei der Fenaco in der Division Lebensmittel den Bereich Innovation. «Wir wollen schnell auf Trends reagieren und agieren können», erläuterte Bereichsleiter Michel Nick. Dafür lege man einen Fokus u.a. auf pflanzliche Proteine, die zelluläre Landwirtschaft, Fermentation, die Nutzung von Nebenprodukten, Lebensmittel aus Pilzmycel und Insekten. Obwohl stark Verarbeitetes wie falsches Fleisch derzeit sehr gefragt ist, sieht Nick die Zukunft in wenig verarbeiteten Produkten mit kurzer Zutatenliste. Mit Micarna (V-Love), Fredag, Hilcona (The green Mountain) und Ospelt (Malbuner) mischen vier grosse Fleischfirmen erfolgreich mit. «Auch die Ernst Sutter AG wird mit verschiedenen Produkten an den Markt gehen», kündigte der Bereichsleiter an.


Erfreuliche Vermarktungsergebnisse für die Ernte 2022

Insgesamt erzielte man im System Maxi 2022 erfreuliche Vermarktungsergebnisse:

Mahlgetreide: Gute Erträge und Hektolitergewichte, eher hohe Fallzahlen, unproblematische Mykotoxinbelastung. Die gegenüber 2018 bis 2020 leicht geringere Menge reicht aus, um den Inlandbedarf zu decken. Im Durchschnitt wurden die anvisierten Herbstrichtpreise erreicht.

Ölsaaten: Hohe Importpreise für pflanzliche Öle im Vermarktungszeitfenster und Mehrerlöse in der Vermarktung von Rapskuchen ermöglichten trotz grosser Preisvolatilität eine Schlussabrechnung deutlich über dem Vorjahresniveau. Es besteht noch ungenutztes Anbaupotenzial bei Raps, Sonnenblumen und Soja.

Bio: Das neue Bio-Konzept (Übernahme von Bio-Druschfrüchten an mehr als 50 lokalen Sammelstellen, Beratung mit einer persönlichen Landi-Ansprechperson, attraktive Auszahlungspreise) hat sich bewährt und wird mit drei regionalen «Produktmanagern Bio» personell ausgebaut. Hohe Nachfrage bei Bio-Körnerleguminosen und -Ölsaaten (v.a. Sonnenblumen), steigende Nachfrage bei Bio-Brotweizen. 2023 gibt es neue Anbauprojekte für Umstellungsbetriebe mit Mahlweizen und Sonnenblumen.

GrenzschutzGuy Parmelin soll für die Getreideproduzenten beim BLW einschreitenMittwoch, 14. Dezember 2022Futtergetreide: Die Vermarktung von Gerste, Triticale und Körnermais litt wegen im Vergleich zum Richtpreis zu tiefem Grenzschutz. Die Fenaco setzte deshalb die Vermarktung der Inlandware temporär aus, um später eine bessere Preisphase nutzen zu können. Insgesamt wurden zufriedenstellende Preise erzielt.

Kritik am Grenzschutz-System

Auf den internationalen Märkten kam es 2022 aufgrund der geopolitischen Lage zu Preisaufschlägen von «historischem Ausmass», so Joseph von Rotz, Leiter Handelsgeschäfte Schweiz bei Fenaco. Das aktuell verwendete System zur Festlegung des Grenzschutzes sei nicht geeignet für volatile Märkte und könne so zu Verzerrungen führen. Dies, weil es eine zeitliche Verzögerung gibt zwischen der Datenerhebung und dem Inkrafttreten der Grenzbelastung. Daher unterstützt die Fenaco einen Vorstoss der Branchenorganisation Swiss Granum, durch eine Arbeitsgruppe die Methode zu verbessern.


Restrukturierungen System Maxi

Das System Maxi bündelt die Vermarktung von Getreide, Ölsaaten und Körnerleguminosen von rund 130 Getreidesammelstellen. Um das System zu verbessern und Kosten einzusparen, wurde 2022 das Projekt «Pannonikum» gestartet und in einem ersten Schritt die Zukunftsfähigkeit der Sammelstellen analysiert. Anstehende Investitionen in Siloanlagen sollten gut überlegt sein, um über eine Marktanalyse die Entscheide überregional gut abzustimmen.

Weniger Sammelstellen hat auch Vorteile für Landwirte

«Es ist nicht das Ziel, nur noch grosse Sammelstellen zu haben», hielt Fortunat Schmid, Leiter Geschäftsbereich Qualitätsmanagement und Betriebe fest. Die Anlagen seien aber um die 50-60 Jahre alt und es gehe schliesslich auch um den Mitgliedernutzen. «Wir spüren den Fachkräftemangel und die Sammelstellen tragen aufgrund der Bedingungen am Markt eine grosse Verantwortung», so Schmid. Zwar könnten die Transportwege durch eine geringere Anzahl Sammelstellen länger werden, eine kürzere Wartezeit bei der Annahme und dank effizienterer Infrastruktur tiefere Gebühren machen das seiner Meinung nach für den Landwirt aber wieder wett. Ausserdem berücksichtigt man beim Entscheid, ob eine Getreidesammelstelle künftig ihre Silos z. B. zur Pflichtlagerhaltung einsetzt, auch Anbaugebiet und Verkehrswege.

«Als das bestehende Netz geplant worden ist, waren die Traktoren halb so schnell wie heute»,

ergänzt Fortunat Schmid.

Er ruft eigenständige Sammelstellen und Landis dazu auf, ebenfalls ihren Investitionsbedarf zu prüfen und sich bei der Landi Treuhand für Unterstützung und Koordination zu melden.

Unklarheiten im Transportwesen

Einer Überprüfung unterzogen wird auch das Bahnkonzept im System Maxi. «Das Cargo-Geschäft des Bundes ist defizitär, Überlegungen zum Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) wurden im Rahmen einer Vernehmlassung des Bundes zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport eingereicht, erklärt Fortunat Schmid.», erklärt Fortunat Schmid. Noch seien einige Punkte ungeklärt, etwa zu den Kosten durch die EWLV-Strategie des Bundes. Bis diese geklärt sind, will die Fenaco bezüglich Bahninfrastruktur keine grösseren Investitionsentscheide fällen. Es werden aber verschiedene Möglichkeiten diskutiert, darunter HUB- oder Ringzugmodelle bis hin zur Aufgabe der Bahnlogistik für inländisches Getreide und Ölsaaten.