Wer bauen will, vor allem ausserhalb der Bauzone, muss für das Baugesuch eine Fülle von Abklärungen machen und viele Formulare beilegen. Offenbar liegen die nicht immer vollständig vor, wie an einem Informationsanlass des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands (LBV) Ende Juni bekannt wurde. Der LBV lud Planer(innen) und Bauberater(innen) sowie Vertreter(innen) der Dienststellen Landwirtschaft und Wald (Lawa) und Umwelt und Energie (UWE) zu einer Orientierung und Diskussion über die Themen Baubewilligungsverfahren und Ressourcenprojekte ein.

Ein Drittel sistiert

Franz Stadelmann von der Lawa wies darauf hin, dass im Zeitraum Mai 2021 von 55 Baugesuchen mit Bezug Landwirtschaft 21, also über ein Drittel, sistiert seien. Besonders viele sind es bei Remisen oder Bauten für die Tierhaltung. Grund seien meist fehlende oder nicht korrekte Unterlagen. Vor allem bei der Tierhaltung seien die eingereichten Unterlagen meist nicht konsistent. Somit sei das Nachbessern aufwendig und die Gesuche könnten auch unglaubwürdig werden.

Das koste Zeit, Geld, Nerven und Vertrauen. Er rief dazu auf, bei den Baueingaben auf das Dokument «Präzisierungen Landwirtschaft» zu achten, worin die erwarteten Unterlagen gelistet seien. Vor der Detailplanung sollten Berechnungen durchgeführt werden, ob die Vergaben erfüllt werden können. Und es sollte geklärt werden, wer denn überhaupt den Lead bei der Eingabe der Unterlagen habe.

Entwicklung blockiert

Neu zu berücksichtigen ist bei Baueingaben das Dokument «Abluftreinigung in der Tierhaltung», die Betriebsfreigabe und Kontrollen diesbezüglich erfolgen durch das UWE.

Franz Stadelmann erinnerte daran, dass bei Bauten für Tiere die Ammoniakemissionen 20 Prozent tiefer sein müssen als vor dem Bau. Mit dem Obligatorium für die Abdeckung von Güllegruben und dem Einsatz des Schleppschlauches würden wichtige Minderungsmassnahmen wegfallen. Betriebe, welche vor Jahren schon ein Bauprojekt realisierten, hätten so kaum mehr Entwicklungsmöglichkeiten. Anderseits würden Betriebe in einem «schlechten» Zustand so belohnt. Ziel sei deshalb künftig, dass jeder Betrieb einen Standard bei den Ammoniakemissionen erreiche und sich innovative Betriebe weiterentwickeln können. Allerdings sei die Festlegung eines solchen Standards sehr anspruchsvoll.

 

Tierhaltung unter Druck

73 Prozent des Produktionswertes der Luzerner Landwirtschaft stammt aus der Tierhaltung. Die hohe Dichte führe allerdings zu Nährstoffemissionen, welche eine Herausforderung für die Umwelt seien, erinnerte Thomas Meyer von der Lawa. So müssten die Ziele für die Ammoniakreduktion erreicht werden. «Sonst kann eine Reduktion der Tierbestände in Zukunft nicht mehr ausgeschlossen werden.» In der Diskussion wiesen Planer auf die Interessenkonflikte zwischen Tierwohl und Ammoniakreduktion hin. Einig war sich die Runde auch, dass der Fleischkonsum pro Kopf regional künftig sinken wird, gesamthaft und global aber wohl steigt.

 

Kontrolle der Bewilligung

Mit der Bewilligung eines Baugesuches sei es nicht getan, mahnte Franz Stadelmann. Bei der Umsetzung würden emissionsmindernde Massnahmen teils nicht gemäss Baugesuch umgesetzt. «Wenn der Schleppschuh statt Schleppschlauch verlangt ist, aber nicht eingesetzt wird, müssen säumige Betriebe mit Konsequenzen rechnen.»

Es komme auch vor, dass die bewilligte Anzahl Tierplätze überschritten werde, dass bauliche Erweiterungen oder Änderungen der Tierart ohne Baugesuch erfolgen oder eigentlich «stillgelegte» Ställe weiter genutzt würden.

Ständige Neuerungen

Stefan Heller, Geschäftsführer LBV, rief zu mehr Zusammenarbeit zwischen Bauherren, Planern und Behörden auf. Es brauche ein besseres Verständnis und die Nachvollziehbarkeit bei allen Anspruchsgruppen. Die Erfahrungen aus der Bauberatung des LBV würden zeigen, dass durch ständige Neuerungen und mehr Auflagen die ­Perspektiven und die Planungssicherheit fehle. Die Formularflut könne auch zu Fehlern führen, und bei der Software wie Agrammon sei der Handlungsspielraum beschränkt. Zudem sei beim Vollzug der Praxisbezug zum Projekt teils nicht vorhanden.

«Wegen den ständigen Änderungen gibt es keine Planungssicherheit mehr.»

Stefan Heller, Geschäftsführer Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband zu den Herausforderungen für Bauherren.

Angst vor weiteren Auflagen

Bei den Bauern und Bäuerinnen sei eine Tendenz zum Bauen auf Vorrat feststellbar, heisst voreiliges Bauen. Aus Angst, dass künftig die Auflagen noch strenger würden und deshalb besser jetzt als später gebaut werde, obwohl das betriebswirtschaftlich auch fragwürdig sein könne. Stefan Heller rief dazu auf, die LBV-Bauberatung zu nutzen, denn für Bauherren sei nicht immer klar, was möglich sei und das System sei hochkomplex geworden.

 

Pilotbetriebe sind gesucht

Vorgestellt wurde an der Veranstaltung auch das Ressourcenprojekt «Ammoniak und Geruch in der Zentralschweiz reduzieren», welches von Stefan Heller, LBV, geleitet wird. Dafür werden nun Pilotbetriebe mit Richtgrössen um 25 GVE gesucht, welche vor einem Bauvorhaben stehen. Also Milch- oder Mutterkuhbetriebe, welche die Massnahmen «rascher Harnabfluss» und «erhöhte Fressstände» realisieren wollen. Ebenso auch Mast- und Zuchtschweinebetriebe, welche bereit sind, in einer möglichst frühen Planungsphase ins Projekt einzusteigen und mindestens BTS-Standard haben. Zudem dürfen künftig nicht mehr GVE/ha LN gehalten werden.