Gratis könne er Recycling-Material haben für die Einkofferung der Umgebung und Wege um seine neue Scheune, riet der Tiefbauunternehmer einem Bauern in der Region. Der Landwirt (Name der Redaktion bekannt) willigte ein und liess einige Fuder auf seinen Hof führen. Bei einer Strassenkontrolle wurde ein Lastwagen aber aufgehalten, die Polizei wollte wissen, was dieser geladen habe und wohin das Material gelange. Wenig später tauchte die Polizeipatrouille auf dem Hof auf, nahm Proben vom Schotterhaufen und drohte mit einer Anzeige.
Auf dem Posten verhört
Weitere Besuche und Probenahmen folgten, vom Bauamt und der Umweltpolizei, später wurde der Landwirt gar auf dem Polizeiposten verhört. Ihm sei überhaupt nicht bewusst gewesen, dass solches Recyclingmaterial nicht verwendet werden dürfe, zumal ihm dies ja vom Unternehmer angeraten worden sei, erklärt der Beschuldigte gegenüber der BauernZeitung. Dem Vernehmen nach sei das gelieferte Material zwar nicht punkto Schadstoffe problematisch, sondern wegen der nicht konformen Körnung.
Das Material liess der Bauer inzwischen wieder wegführen, das wird auf seiner Baustelle nicht verwendet. Gleichwohl ist nun ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft hängig.
Gratis angeboten
Die Verwendung von Recycling-Material für Einkofferungen auf Baustellen sei nicht selten, und selbst für den Unterhalt von unbefestigten Güterstrassen und Waldstrassen nicht unüblich, ergaben Recherchen der BauernZeitung. Fräsasphalt und Asphaltgranulat werde Strassengenossenschaften und Landwirten gratis oder günstig angeboten, für den Unterhalt von Naturstrassen oder für Baustellen. So auch, weil die Entsorgung in Deponien kostspieliger ist, als wenn andere Abnehmer gefunden werden können. Vielen Abnehmern und wohl auch anbietenden Bauunternehmen oder Transportfirmen scheint aber unklar, was legal ist und was verboten.
Neues Merkblatt
Die Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) wies im Newsletter August darauf hin, dass der Einsatz von Asphaltgranulat auf Kiesstrassen verboten sei. Wenn solches Material oder auch Fräsasphalt in loser Form ohne Berücksichtigung der umweltrechtlichen Vorgaben und technischen Spezifikationen eingesetzt werde, könne dies den Rückbau und eine Strafanzeige zur Folge haben. Verwiesen wird auf ein neues Merkblatt der Dienststelle Umwelt und Energie (Uwe), welches die korrekte Verwendung der Materialien erläutere.
Martin Christen, zuständig für Strukturverbesserungen beim Lawa, geht davon aus, dass in der Tat einige Kiesstrassen mit solchem Material erneuert würden, obwohl es wenige Anfragen zu solchen Einbauten gebe. Man rate seit Jahren davon ab, solches Recyclingmaterial wie Fräsasphalt als Deckschicht zu verwenden. Solches sei nicht homogen und mit der Sonneneinstrahlung verbinde sich das unterschiedlich. Das führe zu Schlaglöchern, die fast nicht mehr repariert werden könnten. Und eine spätere Entsorgung werde teuer. Den Strassengenossenschaften werde empfohlen, nur Primärmaterial (Kies) für die Deckschichten von Kiesstrassen zu verwenden.
Christen weist darauf hin, dass für den baulichen Unterhalt von solchen Strassen Beitragsgesuche gestellt werden könnten. Im Wald und bei Grundwasserzonen sei solches Material im übrigen schon lange verboten. «Das wird vom Bundesamt für Umwelt vorgegeben und sollte schweizweit angewandt werden.»
Neue Bundesvollzugshilfe
Silvan Rüttimann von der für den Vollzug der abfallrechtlichen Vorschriften zuständigen Luzerner Dienststelle Umwelt und Energie (Uwe) bestätigt, dass derzeit eine Häufung der unrechtmässigen Verwendung von Fräsasphalt und Asphaltgranulat festzustellen ist. Aus diesem Grund hat der Kanton ein neues Merkblatt zum korrekten Einsatz von Asphaltgranulat erstellt. Dieses stützt sich auf die aktuelle Rechtslage und den Stand der Technik ab. Die Dienststelle Uwe kontrolliert regelmässig die Recyclinganlagen, d. h. auch die Anlagen, welche Asphaltgranulat herstellen und in Verkehr bringen. «Gehen die Recyclinganlagen und Abnehmer gemäss Merkblatt vor, so können kostspielige Folgen für die Abnehmer verhindert werden.»
David Schönbächler, Teamleiter Abfallwirtschaft bei der Aargauer Abteilung Umwelt, weiss ebenfalls von Fällen, wo solches Recyclingmaterial eingesetzt wurde. Baugesuche würden aber über die Gemeinden laufen, auch für den Vollzug seien die Gemeinden zuständig. Er weist darauf hin, dass in einer früheren Vollzugshilfe des Bundes von 2006 die Möglichkeit der Verwendung von Asphaltgranulat in bestimmten Fällen noch als Möglichkeit aufgeführt war. In den neuen Bundesempfehlungen sei dies aber aufgrund des Standes der Technik gestrichen worden. Aargau werde dies demnächst auch kommunizieren, sobald die neue Bafu-Vollzugshilfe definitiv sei. In der Tat wüssten viele Bauherren nicht, was rechtlich gelte, wenn ihnen solches Material angedreht werde, seien aber schliesslich die Leidtragenden.
Neues Merkblatt: Das gilt es zu beachten
Grundsätzlich sei der Einsatz qualitätsgeprüfter Recyclingbaustoffe sinnvoll und schone Ressourcen, heisst es im Luzerner Merkblatt. Allerdings müssten die Vorschriften bezüglich stofflicher Zusammensetzung, Qualität und Verwendung solcher Materialien beachtet werden, und dieses sei zu deklarieren. So sind nur Korngrössen von maximal 45 mm erlaubt, der Gehalt von polyzyklischen aromatischen Kohlewasserstoffen (PAK) ist limitiert, ebenso wie der Anteil an Fremdstoffen. Die Qualität müsse vom Hersteller oder Händler mit einer Qualitätsprüfung nachgewiesen werden. Und bei jeder Lieferung müsse die Qualität schriftlich bestätigt sein und Empfänger seien auf die zulässigen Verwendungsmöglichkeiten hinzuweisen.
Grundsätzlich sei Asphaltgranulat ohne Deckschicht nicht zulässig. Solches dürfe in loser Form ausserhalb von Grundwasserzonen nur als Planiematerial unter einer bituminösen Deckschicht verwendet werden.
Grundeigentümer seien verantwortlich für die Folgen, wenn Material illegal eingesetzt werde und sie müssten die Kosten von Sanierungen übernehmen. Guter Glauben stelle keinen Schutz dar. In der Regel seien Sanierungen teurer als eventuelle Einsparungen beim Wegunterhalt mit solchem Material, wird im Merkblatt gewarnt.