Vor wenigen Tagen hat die Barto AG in der Westschweiz ihre Delegiertenversammlung abgehalten. Dort erklärten die Verantwortlichen, dass die Firma ihre Start-Up-Phase nun hinter sich habe. Gleichzeitigwill man den Kundenkreis erweitern. Wir haben aus diesem Anlass bei Geschäftsführer Jürg Guggisberg nach den bisherigen Errungenschaften und den grössten Herausforderungen gefragt. 

Jürg Guggisberg, Barto gibt es nun seit 7 Jahren, was sind die grössten Errungenschaften der Firma?

Jürg Guggisberg: Es sind deren vier. Erstens hat Barto als webbasierte Lösung den gesamten Betrieb mit Pflanzenbau und Tierhaltung im Fokus. Das unterscheidet uns von anderen Anbietern. Zweitens gehörte von Beginn weg die Darstellung der Parzellen auf einer Karte zu den Grundlagen, was die teilautomatische Dokumentation ermöglicht. Drittens der modulare Aufbau – der Benutzer entscheidet selbst, welche Bausteine seiner Betriebsausrichtung dienen. Und viertens die Möglichkeit für Partner, ihre Bausteine auf die Plattform zu stellen und die vorhandene betriebsspezifische Datengrundlage, falls die Landwirtin oder der Landwirt zustimmt, zu nutzen.

Wieviele Landwirtschaftsbetriebe dürfen Sie unterdessen zu Ihren Kunden zählen?

Ende April 2022 hatten 2850 Betriebe einen Account auf «Barto powered by 365FarmNet» gelöst. Täglich kommen neue Betriebe dazu.

In welchen Bereichen ist die Beteiligung am Grössten?

«Barto powered by 365FarmNet» ist im Ackerbaugebiet des Mittellandes am stärksten vertreten. Vom Kanton Bern bis in den Kanton Thurgau und das St. Galler Rheintal. Bezogen auf die Bausteine werden neben der Grundfunktion Feldkalender die Funktionen Wiesen- und Auslaufjournal, MyDocs Fenaco-Landi und die Zugangsberechtigung am stärksten nachgefragt.

Täuscht der Eindruck, oder will die Digitalisierung in der Landwirtschaft ausserhalb der Viehzucht-Apps nicht so recht in Fahrt kommen?

Mit der Einführung der webbasierten TVD und ihrer zentralen Datenbank im Jahr 2000 und der Pflicht Bestandesänderungen zu melden, hat die Digitalisierung in der Tierproduktion viel früher Einzug gehalten als in der pflanzlichen Produktion. Im Bereich des Pflanzenbaus gibt es verschiedene Lösungen – von der einfachen Exceltabelle für den Fruchtfolgeplan bis zur webbasierten Plattform von Barto. Mit der Standardisierung der Stammdaten – entsprechende Projekte laufen beim BLW – wird die Basis geschaffen, dass künftig auch im Pflanzenbau digitale Lösungen einfacher untereinander kommunizieren können. Zudem wird die geplante Meldepflicht auf welcher Parzelle welche Pflanzenschutzmittel eingesetzt wurden, ähnlich wie in den 90er Jahren bei der Tierverkehrsdatenbank, die Digitalisierung beschleunigen.

In welchen Bereichen wollen Sie die Aktivitäten kurz- und mittelfristig ausbauen?

Der Schwerpunkt liegt zurzeit auf der Rinderhaltung und auf der Tierhaltung allgemein. Mit dem Rumiplan, einem Baustein zur Rationen- und Fütterungsplanung, ist ein weiteres attraktives Angebot in Entwicklung. Die Tierhaltung als Quelle des Hofdüngeranfalls hat zudem direkten Einfluss auf das Nährstoffmanagement des Betriebes. Ein weiterer Schwerpunkt sehen wir beim Austausch der Bewirtschaftungsflächen und der angebauten Kulturen mit den Kantonssystemen. Wir haben im Februar einen vielversprechenden Praxis-Pilotversuch mit den Systemen Gelan und Lawis gemacht. 

Man hört immer wieder munkeln, dass der Firma das Geld ausgehe, müssen Sie erneut das Aktienkapital erhöhen?

Wir sind planmässig unterwegs. Dank der zweiten Finanzierungsrunde im vergangenen November können wir die Plattform für 4,3 Mio Fr. weiterentwickeln. Mittelfristig hat Barto das Ziel, sich über Lizenzen zu finanzieren. Damit uns dies gelingt, müssen wir unsere Nutzerzahlen weiter steigern. Weitere Finanzierungsrunden oder eine Aktienkapitalerhöhung sind natürlich auch nicht ausgeschlossen.

Regelmässig wird auch die Dominanz von Fenaco im Unternehmen kritisiert. Halten Sie auch Ausschau nach neuen Aktionären, um dieses breiter abzustützen?

Unser Aktionariat steht allen Branchenakteuren offen. Ende letztes Jahr ist zum Beispiel Laveba dazugestossen, was uns sehr gefreut hat. Mit zehn verschiedenen Minderheitsaktionären aus unterschiedlichen Bereichen der Landwirtschaft ist die Barto AG breit abgestützt. Dass auch die Fenaco an Bord ist, erachten wir als Vorteil. Barto gewinnt dank den Bausteinen, welche die Tochtergesellschaften der Fenaco nach und nach lancieren, an Relevanz für den Arbeitsalltag der Bäuerinnen und Bauern.