Was macht eigentlich einen guten Unternehmer oder eine gute Unternehmerin in der Landwirtschaft aus? Dazu habe ich im Agrarhochschulforum kürzlich eine Studie von Professor Kirner aus Wien gelesen, die genau dieser Frage nachgegangen ist. Die Studie zeigt eine gewaltige Streuung der wirtschaftlichen Ergebnisse der rund 1500 analysierten Betriebe. Die anschliessende Auswertung der qualitativen Interviews hat drei übergreifende Erfolgsdimensionen aufgezeigt:

  1. Betriebliche Faktoren: Erfolgreiche Betriebe zeichnen sich durch ein hohes Kostenbewusstsein und eine straffe Arbeitsorganisation aus. Wirtschaftliches Denken steht im Zentrum – die Betriebsleitung denkt in Deckungsbeiträgen und bewertet Investitionen objektiv und emotionslos.
  2. Strategische Faktoren: Grössere Betriebe schneiden im Durchschnitt besser ab, aber nicht zwingend wegen ihrer Grösse selbst, sondern wegen der strategischen Klarheit. Viele Betriebe sind schrittweise gewachsen, immer mit der notwendigen finanziellen Absicherung. Diversifizierung hat häufig bereits in der Elterngeneration angefangen und wird von der Nachfolgegeneration mit neuem Elan weiterentwickelt.
  3. Soziale Faktoren – besonders prägnant: Erfolgreiche Betriebsleitende haben den Hof meistens schon mit durchschnittlich 27 Jahren übernommen und von der Vorgängergeneration freie Hand erhalten. Dieser Gestaltungsfreiraum, gepaart mit Vertrauen, fördert Eigenverantwortung, Innovationskraft und unternehmerische Entfaltung. Auch externe Netzwerke wie Berufskollegen oder Beratungspersonen stärken die unternehmerische Kompetenz.

Die Studie vermittelt kein Erfolgsrezept, aber deutliche Muster Richtung «frühzeitiger strategischer Eigenständigkeit für Jungunternehmer», idealerweise mit vertrauensvoller Unterstützung durch die übergebende Generation.

«Wer in die Fussstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen»

In Zeiten knapper werdender Ressourcen, wachsender gesellschaftlicher Anforderungen und zunehmender Anzahl Betriebsübergaben spricht also einiges dafür, strategische Freiräume früh zu nutzen und neue Wege zu gehen. Dabei wird man sich mit grosser Wahrscheinlichkeit in den Fussstapfen eines Vorgängers vorfinden, der seinen Job gut gemacht hat! Und genau hier möchte ich den Mahnfinger aufheben: In der heutigen Zeit des immer schnelleren Wandels, insbesondere auch in der Landwirtschaft, ist das Treten in die Fussstapfen eines anderen ein eher schlechter Ratgeber. Dazu hat Wilhelm Busch einmal gesagt: «Wer in die Fussstapfen anderer tritt, hinterlässt keine eigenen.»

Eigene Spuren sind nicht zu verwechseln mit einsamen Wegen. Erfolgreiche Unternehmer setzen nämlich nicht nur auf das Neue und das Unbekannte, sondern sie verbinden das Beständige und Bewährte mit innovativen Ideen. Agil handeln und trotzdem die bisherige erfolgreiche Cash Cow nicht vorschnell aufgeben – das ist damit gemeint. Die langjährigen Erfahrungen der Eltern bei der zukünftigen Betriebsführung angemessen miteinbeziehen – das ist damit gemeint. Besonnenheit und Mut in gleichem Mass bei den tagtäglichen Entscheidungen anzuwenden – das ist damit gemeint.

Jeder Mensch hat andere Fähigkeiten und hinterlässt andere Spuren in seinem Wirken. In diesem Sinn fordere ich die jungen Berufsleute auf: Bleibt Ihr selbst – und dabei unverwechselbar und einzigartig. Steckt Eure ganze Energie in Eure persönlichen Talente und werdet darin die Besten. Hinterlasst auf Eurem Weg Eure eigenen Fussstapfen und respektiert dabei trotzdem die Leistungen Eurer Vorgänger und Eurer Berufskollegen.

In diesem Sinn wünsche ich allen frischgebackenen Landwirten, dass ihr «inneres Feuer» als landwirtschaftliche Unternehmer nie erlöscht. Und dass sie dabei Sorge tragen zu ihren Familien und ihren Netzwerken.