Unser Kulturland ist ein wertvolles Gut. Immer wieder wird es von Unternehmen, Privaten, Vereinen oder der öffentlichen Hand temporär beansprucht, sei es für Infrastrukturprojekte, Baustellen oder Veranstaltungen. Was auf dem ersten Planentwurf des Ingenieurs auf den Quadratmeter genau dargestellt ist, kann in der Praxis im Feld stark abweichen. Bevor der Bagger rollt, gilt es daher, die Rahmenbedingungen zu klären und Stolpersteine aus dem Weg zu räumen.
Boden ist Kapital
Beim Bauen geht es um viel Geld. Die monetären Erträge auf landwirtschaftlichen Flächen sind vergleichsweise gering. Das erweckt bei Laien den Eindruck, Landwirtschaftsland sei weniger wert und könne deshalb problemlos beansprucht werden. Doch Vorsicht: Ein Bodengefüge, das sich über Jahrtausende gebildet hat, kann im Handumdrehen zerstört werden. Der Schutz des Bodens ist daher Kapital.
Bei der Entschädigung nicht nur an Ertrag denken
Das Entschädigungsprinzip gemäss Wegleitung des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) ist grundsätzlich simpel. Entgangene Erträge abzüglich allenfalls wegfallender Erntekosten sind den Bewirtschaftenden zu entschädigen. Zudem sind Mehraufwände im Zusammenhang mit der temporären Landbeanspruchung zu vergüten.
Bei der Vernichtung von schönen Ackerkulturen schmerzt das Bauernherz. Monetär sind es aber oft die zusätzlichen Mehraufwände und Einschränkungen, die zu einem grösseren Schaden führen. Während der Kulturertrag gemäss dem zu erwartenden Ertragsniveau festgelegt werden kann, sind Mehraufwände nach effektivem Aufwand zu vergüten. Oft muss das Feld rund um Baustellen von Abfall gesäubert werden. Nach Eingriffen in die Bodenstruktur kommen oft Steine zum Vorschein, die entfernt werden müssen. Manchmal müssen Zäune verschoben, in anderen Fällen muss der Boden aufgelockert werden. Wurde die Fläche vor dem Eingriff futterbaulich genutzt, ist auch eine Neuansaat als Mehraufwand zu verstehen.
Eine faire Entschädigung richtet sich nach dem tatsächlichen Schaden. Bei grösseren Beeinträchtigungen sind auch Mehraufwände durch Flächenverschnitt der Restparzelle oder Mehrwege zu berücksichtigen. Bei grossen Flächen kann der Eingriff Futterzukäufe oder die Abfuhr von Hofdüngern notwendig machen.
Freiwilligkeit gewichten
Erfolgt die Entschädigung nach SBV-Wegleitung, werden Ertragsverluste sowie Mehraufwände an Arbeitszeit sowie Maschinen- und Materialkosten entschädigt. Der Geschädigte erzielt jedoch keinen Gewinn. Stellen also die Bewirtschafter ein Grundstück freiwillig einem Dritten zur Verfügung, ist ein angemessener Zuschlag zum effektiven Kulturschaden angemessen.
Wird die beanspruchte Fläche vorübergehend für die Lagerung von Aushubmaterial genutzt, profitiert die Bauherrschaft von einer Kosteneinsparung, da das Material nicht abtransportiert und andernorts zwischengelagert werden muss. Die Wegleitung des SBV schlägt dabei eine Aufteilung der Kosteneinsparung vor. Bei örtlich gebundenen Tätigkeiten mit enteignungsähnlichem Charakter ist jedoch kein Zuschlag zulässig.
Die Fläche ist abzumelden
Gemäss landwirtschaftlicher Begriffsverordnung (LBV) werden Flächen, deren Hauptzweckbestimmung nicht die landwirtschaftliche Nutzung ist, insbesondere die Ernte nicht eingefahren werden kann, von der LN ausgeschlossen. Für temporär beanspruchte Flächen werden keine Direktzahlungen ausbezahlt. Der Bewirtschafter ist dabei selber verantwortlich, die Direktzahlungen für die betroffene Fläche abzumelden. Die Direktzahlungseinbusse ist dem Verursacher weiter zu verrechnen.
Auch Eingriffe auf Biodiversitätsförderflächen sind vor der Beanspruchung bewilligen zu lassen. Über allfällige Ersatzmassnahmen zur Erfüllung des ÖLN entscheidet die zuständige kantonale Stelle. Ohne entsprechende Meldungen muss bei Beanstandungen mit kostspieligen Kürzungen der Direktzahlungen gerechnet werden.
Schutz des Bodens und Bewilligungen
Zum Schutz des Bodens, darf dieser nur in tragfähigem Zustand befahren werden. Vorschriften zur Zwischenlagerung von Bodenmaterial sind unbedingt zu beachten. Entsprechendes Fachwissen ist durch eine bodenkundliche Baubegleitung einzuholen. Zu überprüfen gilt es ebenfalls, ob eine entsprechende temporäre Beanspruchung in einer Baubewilligung enthalten sein muss.
Mit dem Abschluss eines Projektes ist der Eingriff nicht immer abgeschlossen. Je nach Art der Bodenbeeinträchtigung ist eine sorgfältige Rekultivierung mit tiefwurzelnden Pflanzen und extensiver futterbaulicher Nutzung angezeigt. Der Anbau von Kulturen mit ungenügender Bodendurchwurzelung (z.B. Kartoffeln) ist nach grösseren Eingriffen zur Vermeidung von Erosion und Bodenverdichtung vorübergehend zu unterlassen. Entsprechende Bewirtschaftungseinschränkungen und Mindererträge sind zu vergüten.
Auf die Unkrautbekämpfung achten
Eine regelmässige Präsenz vor Ort ist ratsam. Die geplante Beanspruchung kann in der Bauausführung oft zu Ungunsten der Landbewirtschaftung abweichen. Besondere Aufmerksamkeit ist der Unkrautbekämpfung zu widmen. Brachliegende Flächen sind prädestiniert für das Aufkommen von Neophyten. Bei längerer Lagerung von Deponiematerial ist eine Begrünung mit entsprechender Pflege zur Unkrautunterdrückung sinnvoll.
Halten Sie die Eckpunkte fest
Bei grösseren Projekten bzw. bei grösseren Flächen, empfehlen wir, vor der Beanspruchung eine schriftliche Vereinbarung über die temporäre Flächenbeanspruchung abzuschliessen. Festzuhalten sind Art und Umfang der Beanspruchung sowie deren Dauer. Neben den Entschädigungsmodalitäten empfiehlt es sich, auch den Zustand des Bodens vor der Beanspruchung festzuhalten. Bei Pachtflächen sind die Eigentümer über den Inhalt der Vereinbarungen zu informieren.
Die Inforama-Beratung steht Ihnen für Ertragsausfallschätzungen oder entsprechende vertragliche Lösungen gerne zur Verfügung.