Freizeit und Ferien sind bei einem Grossteil der Bevölkerung wichtige Bestandteile im Leben. Einige leben gefühlt nach dem Motto, «Nach den Ferien ist vor den Ferien». Das Leben richtet sich ganz nach den freien Wochenenden und den Ferien aus, der Berufsalltag ist da quasi nur die Beilage. Wie oft hört man im Radio Sätze wie: «Haltet durch, bald ist Feierabend, und es dauert nicht mehr lange, bis das Wochenende vor der Türe steht.»
Dass es jedoch ganz viele Menschen gibt, die auch am Wochenende arbeiten, geht zu oft vergessen. Was wären wir alle ohne all jene, die uns auch am Wochenende verarzten, pflegen, Bedürftige betreuen, Züge und Postautos steuern oder im Restaurant schuften, damit wir auswärts essen können, um nur ein paar wenige zu nennen.
Da können die Bauernfamilien nicht mithalten
Daneben gibt es auch noch die Bauernfamilien. Mit einer 42-Stunden-Woche können sie nicht mithalten. Mit fünf Wochen Ferien pro Jahr schon gar nicht. Laut Agrarbericht 2024, der auf Zahlen des Bundesamts für Statistik basiert, bezogen die Männer aus der Landwirtschaft durchschnittlich knapp sieben Tage und die Frauen fünf Tage Ferien pro Jahr. Verglichen mit den anderen Gruppen sei das sehr wenig. Gewerbetreibende Männer machten im Schnitt 21 Tage Ferien pro Jahr, gewerbetreibende Frauen 23 Tage. 37 Prozent der Männer beziehungsweise 47 Prozent der Frauen aus der Landwirtschaft hätten gar keine Ferien. Die Autoren des Agrarberichts wissen: Für Bauernfamilien, insbesondere für jene mit Nutztieren, ist es aufwendig, vorübergehend vom Betrieb wegzugehen. Ihn unbesetzt zu lassen, ist schlicht unmöglich.
Cornel Rimle, Coach und Agronom FH, ist der Meinung: «Kein Mensch kann durcharbeiten. Ein guter Unternehmer oder eine gute Unternehmerin in der Landwirtschaft sollte mindestens einen freien Tag in der Woche haben. Zwei bis drei Wochen Ferien sollten ebenfalls möglich sein.» Doch so einfach, wie es tönt, ist es nicht. Wer betreut die Tiere, wenn die Betriebsleiterfamilie nicht da ist? Dass es dabei nicht allein mit Füttern am Morgen und Abend getan ist, versteht sich von selbst. Wer startet die Bewässerung, wenn der Regen zu lange ausfällt, wer kümmert sich um die Ernte, wenn das Zeitfenster gerade während der Abwesenheit günstig ist? Aufgrund solcher Überlegungen planen viele Bauernfamilien, die sich Ferien gönnen können und wollen, diese in den Wintermonaten ein.
Gehören Tiere zum Betrieb, stellt sich immer die Frage nach der Vertretung. Den eigenen Betrieb jemand anderem anzuvertrauen, braucht Mut und Vertrauen. Der Mann einer Bäuerin aus dem Seeland hat diesen Mut. Er ist im Winter nicht abgeneigt, zehn Tage in die Skiferien zu fahren. Die Tiere versorgt in der Zeit ein junger Landwirt aus dem Dorf. Im Sommer hingegen begleite ihr Mann sie und die Kinder höchstens auf einen Tagesausflug, verrät die Bäuerin. Und so dürfte es vielen anderen Frauen auch gehen. Die erwähnte Bäuerin akzeptiert das und fährt auch mal mehrere Tage am Stück allein mit den Kindern weg.
Überlastung vermeiden und Zusammenhalt stärken
Ferien und Auszeiten als Paar und als Familie, um sich zu erholen, und sei es auch nur für ein paar Stunden, sind wichtig, um sich vor einer Überlastung zu schützen. Gemeinsame Erlebnisse festigen zudem die Partnerschaft und stärken den Zusammenhalt der Familie. Im Gegenzug können fehlende gemeinsame Auszeiten eine Belastung für die Beziehung darstellen, sie auf lange Sicht gesehen vielleicht sogar gefährden. Ferien zu machen oder sich einfach mal eine Auszeit zu gönnen bedeutet dabei nicht automatisch, eine Woche lang faul am Strand oder am Ufer eines Sees zu liegen. Auch eine Rundreise bedeutet Abschalten vom Alltag. Wem das definitiv zu lang ist, kann vielleicht schon bei einem Tagesausflug mit der Familie neue Energie freisetzen. Ob jemand bei Aktivitäten wie einer Wanderung Kraft schöpft, ein paar Stunden am See verbringt oder doch lieber eine Rundreise macht, ist individuell. Wichtig ist, dass Lösungen gesucht werden, um sich regelmässig vom Hof loseisen zu können.
Wenn innerhalb der Familie niemand da ist, um den Betrieb kurzzeitig zu führen, etwa ein Grossvater, ein Bruder oder eine Schwester, ein Onkel oder sogar bereits ein erwachsenes Kind, sollte die Möglichkeit eines externen Betriebshelfers in Betracht gezogen werden. Vielleicht gibt es in der Nachbarschaft oder im Bekanntenkreis jemanden, der sich eignen würde. Anfragen kostet nichts. Vielleicht ergibt sich daraus ein gegenseitiges Ablöseverhältnis. Oder aber die kantonale Betriebs- und Familienhilfe wird frühzeitig kontaktiert.
Egal, für welche Variante sich die Betriebsleitenden entscheiden, wichtig ist, dass überhaupt Möglichkeiten gesucht werden, um sich Auszeiten zu gönnen. Zudem muss die Vertretung gut instruiert und mit den Tagesabläufen vertraut sein – und wissen, an wen sie sich im Notfall wenden kann. Das Allerwichtigste aber ist, dass der Betriebsleiter, die Betriebsleiterin Vertrauen in die Vertretung hat und ihr den Betrieb mit gutem Gewissen übergibt. Nur so gelingt schliesslich die Entspannung.
Die BauernZeitung fragt: Haben Sie trotz Hof genügend Familienzeit, oder würden Sie sich mehr wünschen?
Einen Campingplatz in der Nähe buchen
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Anne Anderegg, Wetzikon TG
Zu Hause sieht man immer die Arbeit. Deshalb hilft es, zwischendurch bewusst wegzugehen. Wir haben vereinbart, jedes Jahr zwei Wochen Ferien einzuplanen – ideal sind die Skiferien, wenn auf dem Betrieb wenig läuft. Möglich wird das durch gute Mitarbeiter oder Lehrlinge, die Verantwortung übernehmen und das Alleinsein nicht scheuen. Was wir auch schon gemacht haben: einen Campingplatz in der Nähe buchen. So schafft man etwas Abstand, kann abschalten – und hat trotzdem die Gewissheit, im Notfall schnell zurück auf dem Betrieb zu sein.
Die gemeinsame Zeit nannten wir «goldene Zeit»
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Isabel Weitnauer, Tecknau BL
Als die Kinder klein waren, hatten wir wenig Zeit und auf einem Hof Fixzeiten einzuhalten, war schwierig, gerade bei schönem Wetter. Doch die gemeinsame Zeit, die wir hatten, nannten wir «goldene Zeit». Manchmal ergab sich mit den Kindern beim Insbettbringen oder am Familientisch vertiefte Gespräche über das, was gerade bei ihnen anstand. Mein Mann und ich haben bereits früher einmal im Monat einen Babysitter organisiert, damit wir zusammen wegkonnten. Heute engagieren wir für gemeinsame Ausflüge eine Aushilfe für den Stall.
Die Beziehung als Basis für die Familie
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Sahra Brun-von Flüe, Finsterwald LU
Wir haben einen arbeitsintensiven Betrieb, so kommt die Familienzeit mit unseren drei Buben oft etwas zu kurz. Besonders im Sommer ist es viel Arbeit. Die Schwiegereltern unterstützen uns da sehr. Zur Entlastung aller bilden wir ab August Lehrlinge aus. Uns ist ein gemeinsamer Sonntag sehr wichtig, was jedoch im Sommer nicht immer möglich ist. Ebenso haben mein Mann und ich einmal pro Monat eine Date-Night, die wir bewusst auswärts verbringen, um auch unsere Beziehung zu zweit aufrecht zu halten, denn das ist die Basis für uns als Familie.