Beim Eintreten ins Haus fallen sofort drei Dinge auf: Der Appenzeller-Dialekt von Silvia Moser passt gar nicht ins bündnerische Mutten: «Ich selber komme ursprünglich aus dem Kanton Schwyz, aber in der Familie sprechen wir ‹Appenzöllerisch›, den Dialekt meines Mannes. In der Schule wechseln die Kinder auf Bündnerdeutsch.» Die kleine Küche: «Sie ist drei mal drei Meter gross.» Und die Stille: «Sechs der Kinder sind in der Schule oder im Kindergarten, und der Kleinste schläft noch.» 

In der Schweiz beträgt die durchschnittliche Anzahl Kinder pro Frau 1,5. Bauernfamilie Moser mit ihren sieben Kindern ist also eher eine Ausnahme. Die BauernZeitung wollte von Silvia Moser wissen, wie sie den Alltag meistert. Die aufgestellte, sportliche Frau mit den langen blonden Haaren macht einen sehr entspannten Eindruck. 

 

Familie Moser

Eltern: Silvia (38) und Köbi (41) Moser-Steiner

Kinder: Franziska (15), Jakob (13), Katharina (12), Sämi (10), Elias (8), Jonas (6) und Simon Abraham (4½)

Werdegang: Silvia Moser wollte im Anschluss an die Lehre eigentlich eine Weiterbildung im Treuhandbereich besuchen. Die Landwirtschaft interessierte sie dann aber so sehr, dass sie die Weiterbildung bleiben liess und mit ihrem Mann Jakob verschiedene Pachtbetriebe in Appenzell und Graubünden, inklusive einer Alpwirtschaft, bewirtschaftete. Schliesslich
wurden Mosers 2018 in Mutten GR sesshaft.

Betrieb: 32 Hektaren Grünland, davon zirka 20 ha von Pro Natura gepachtet.

Tiere: 8 Milchkühe und 1 Stier behornt, original Braune, Mast- und Aufzuchtkälber, 10 Schafe, 7 Ziegen, 2 Maultiere, ein paar Hühner, 2 Katzen und Hofhund Gina.

Besonderes: Grosser Gemüsegarten für die Selbstversorgung und ein paar Obstbäume.

Wohnraum: Küche, Wohnstube, 1 Badezimmer und 5 Schlafzimmer. 

Silvia Moser, sind Sie ein besonders gut organisierter Mensch?

Silvia Moser: Eigentlich komme ich aus einem gut organisierten Umfeld und war immer sehr pünktlich. Meine eigene Familie ist chaotisch, aber wir sind äusserst flexibel. Auch scheint mir, als hätte ich mir das «Chaos-Gen» angeheiratet. Fast immer kommt etwas dazwischen, wenn ich rechtzeitig abfahren will.

Wie entscheidet man sich, dass man sieben Kinder haben möchte? 

Als wir die Familienplanung besprachen, wollte mein Mann vier bis fünf Kinder und ich drei bis vier. Weil es eine schön grade Zahl ist, einigten wir uns auf vier. Wir haben beide mehrere Geschwister. Bei Köbi waren sie zu fünft, wir waren drei Kinder. 

Sieben sind dann aber drei Kinder mehr als vier.

Nach dem vierten fanden wir, ein fünftes Kind wäre doch noch schön (lacht herzhaft). So musste noch ein sechstes her, damit die Anzahl wieder gerade war. Nummer sieben war nicht mehr geplant, aber wir dachten uns: Wenn es Gottes Wille ist, dann ist es so. Den Simon Abraham brauchte es noch. Im Auto, ein Neunplätzer, war noch ein freier Platz für ihn.

Sind Sie religiös? 

Es gibt immer wieder Leute, die denken, wir seien besonders religiös oder in einer Sekte. Wir haben ein Gottvertrauen, das muss man haben, wenn man eng mit der Natur zusammenarbeitet. Wir sind reformiert und warten wegen Corona immer noch, dass Franziska konfirmiert werden kann.

Wie waren Ihre Schwangerschaften?

Meist sehr unkompliziert. Manchmal war ich bis kurz vor der Geburt am Arbeiten. Am strengsten war es bei Elias. Er kam im Januar zur Welt. Da war ich nicht ganz so aktiv und fit.

Ihre Küche ist recht klein und ohne besondere Gerätschaften. Wie verköstigt man hier eine Grossfamilie?

Das geht eigentlich sehr gut. Mein Vater ist Schreiner, er hat das Maximum beim Umbau herausgeholt. Klar hätte ich gerne mehr Ablagefläche. Sobald ich jedoch alles wegräume, werden schon wieder Dinge deponiert. 

Silvia Moser macht sich ans Kochen. Zur Vorspeise gibt eine Haferflocken-Gemüsesuppe, die auf dem Holzherd vor sich hin köchelt. Als Hauptspeise gibt es einen Kartoffelkäseauflauf mit Salat. «Der Salat ist aus dem Treibkasten, den ich gerade noch vor Corona organisieren konnte», erzählt sie stolz. Simon Abraham, noch etwas verschlafen, steht plötzlich in der Küche und möchte ein Erdbeerkonfibrot zum Frühstück. «Mein Mann wollte schon lange einen Abraham und ich einen Simon. So ergab sich der Doppelname.»

Wie funktioniert bei Ihnen das Einkaufen? 

Wir sind beinahe Selbstversorger: Milch, Eier, Fleisch und Käse sind vom Betrieb, auch das Joghurt mache ich selber. Dann habe ich einen grossen Gemüsegarten. Wir müssen eigentlich nur ganz wenig zukaufen, Früchte zum Beispiel. Aber unter uns gesagt, anders ginge es finanziell gar nicht.

Apropos Finanzen, was sind bei Ihnen die grössten Budgetposten?

Shampoo, Duschmittel und Schuhe. Ach ja, und Skifahren ist auch ein Luxus, den wir uns leisten. 

Neue Kleider kaufen oder zum Friseur gehen, liegt das drin?

Ich bekomme ganz viele Kleider geschenkt. Manchmal sogar viel zu viele. Die Jungs sind da ganz pflegeleicht und Franziska auch. Katharina ist modebewusst und möchte vereinzelt etwas Neues. Laut ihrer grösseren Schwester gehört sie in der Schule zur «Gucci-Gang» (sie sagt das scherzhaft). Die Haare schneide ich allen selber, sogar mir. Da gäbe es einige Anekdoten dazu.

Wie viele Waschmaschinen füllen Sie pro Woche?

Ich habe noch nie gezählt und wasche nicht nach fixem Plan. Es werden so an die sechs Maschinen sein, wenn die Bettwäsche dazukommt sind es mehr. Oft hänge ich die schönen Kleider zum Trocknen an den Bügel. Wir haben eben erst in eine sehr gute Waschmaschine investiert.

Wie geht das am Morgen, wenn alle aufs Mal ins Bad müssen?

Zurzeit geht das noch gut. Die grösseren beiden gehen eine Stunde früher aus dem Haus. Wir haben eigentlich ein zweites Badezimmer geplant. Aber die Zeit, um dieses Projekt in Angriff zu nehmen, hat uns bis jetzt noch gefehlt.

Die Kinder werden grösser, wie steht es mit dem Platz?

Die Mädchen haben unterdessen je ein Einzelzimmer, die grösseren Jungs teilen sich eins und die Kleinen drei auch. Ab Sommer geht Franziska nach Filisur ins Bauernlehrjahr. Da ist sie unter der Woche nicht mehr daheim.

Wie viele Computer und Handys haben Sie?

Wir haben einen Computer, der leider nicht allzu schnell läuft. Während Corona bekamen die grösseren Kinder von der Schule Labtops zur Verfügung gestellt. Ein Handy gibt es zu Weihnachten in der ersten Oberstufe. Unsere älteste Tochter hat uns aber darauf hingewiesen, dass es besser wäre, ab Schulstart Oberstufe ein Telefon zu besitzen, da ein grosser Teil der Kommunikation via Whatsapp läuft.

Corona ist ein gutes Stichwort. Wie haben Sie den Heimunterricht gemeistert?

Die Mädchen haben ihre Aufgaben sehr selbständig erledigt und teilweise den Jungs geholfen. Die Jungs hatten zu Hause zu viel Ablenkung, so dass es dann noch Nachtschichten gab.

Wer kümmert sich mehr um die Erziehung der Kinder, Sie oder Ihr Mann?

Die Elternabende zu Beginn des Schuljahrs sind mein Job. Elterngespräche unter dem Jahr übernimmt je nach Thema auch mal mein Mann. Bei den Aufgaben hat Köbi sogar häufig mehr Geduld wie ich. Ohne Partner, der sich einbringt und mithilft, geht es nicht. Ich arbeite ebenfalls überall im Betrieb mit.

Unterdessen ist es zwölf Uhr geworden. Das Postauto, ein kleiner Rufbus aus Thusis GR, schraubt sich den Hang hinauf. Eine Schar Kinder steigt aus, und es herrscht plötzlich reges Treiben im Haus. Bis es in knapp einer halben Stunde wieder ins Tal hinunter fährt, müssen alle gegessen haben. Die Familie schart sich um den grossen Esstisch mit Eckbank. Es wird gescherzt und erzählt.

Wie geht das mit dem Chauffieren der Kinder?

Hobbys wie Musikunterricht sind eher sehr schwierig. Freunde besuchen oder ins Schwimmbad, das geht mit dem Postauto. Sämis Schwingtraining ist am Abend, da hol ich ihn in Cazis mit dem Auto ab.

Wie verbringt man die Zeit zusammen?

Früher las ich vor dem Zubettgehen eine Geschichte vor. Jetzt macht das manchmal Katharina bei den Kleinen und ich nur noch zwischendurch. Am Nachmittag spielen die Kinder gelegentlich ein Spiel und nutzen die Gelegenheit, wenn ich auch Zeit habe zum Mitspielen. Sehr gerne machen wir ab und zu einen Schieber mit den grösseren.

Haben Sie und Ihr Mann auch einmal Zeit nur für sich?

Wir leben mit und für die Familie. Wir probieren den Alltag so zu gestalten, dass er nicht nur aus «Chrampfen» besteht. Wenn man gemeinsam und mit Freude an der Sache arbeitet, so hat man manchmal mehr Lebensqualität als andere, die ihre Freizeit mit allen möglichen Aktivitäten vollstopfen. Im Sommer sind fast alle Tiere auf der Alp, während dieser Zeit gibt es des Öftern (Schlechtwetter-) Bauernsonntage.

Kaum sind die Teller leer, müssen einige der Kinder bereits wieder los. Erneut kehrt Ruhe ein im Haus und Silvia Moser bleibt mit einem Berg Geschirr in ihrer kleinen Küche zurück.