Einige finden den Muttertag veraltet, da er auf sehr traditionellen Vorstellungen von Müttern basiere und die Vielfalt der heutigen Familien nicht widerspiegele. Und dass die Mütter nicht nur an einem Tag im Jahr Anerkennung bekommen sollen. Letzteres sehe ich genauso. Da gehört für mich aber nicht nur die Anerkennung der Mütter dazu, sondern allgemein die Anerkennung und Wertschätzung der kleinen Dinge im Leben – egal von wem. Wir sollten nette Gesten und gute Taten öfters mal mit einem «Danke» erwidern und auch Routinearbeiten nicht als selbstverständlich ansehen.

Auch wenn sich der Muttertag auf bereits etwas veraltete Rollenbilder bezieht, finde ich: Die spezielle Ehrung der Mütter darf weiterhin bestehen. Denn solange noch keine Gleichberechtigung herrscht, Lohnungleichheiten die Realität sind, in diversen Gremien noch immer keine einzige Frau im Vorstand sitzt und Mütter keine Kompensation oder Entgeltung für ihre Überstunden und Nachtschichten in der Kindererziehung erhalten – mindestens bis dann, finde ich, darf die Frau, insbesondere die Mutter, auch einen eigenen Feiertag haben.

Es geht nicht um Rollenbilder, sondern um Anerkennung

Viele sehen den Muttertag als Gelegenheit, die Mütter zu feiern und ihnen zu danken – nicht nur der eigenen Mutter, sondern auch jener der eigenen Kinder und allen anderen Müttern, die sich wohl mit denselben Alltagsthemen herumschlagen müssen oder mussten. Dabei geht es nicht darum, Ideale und veraltete Rollenbilder zu feiern, sondern der Mutter als Frau und Mensch eine persönliche Anerkennung zu schenken. Klassische Rollenaufteilung hin oder her – es gibt unzählige Arbeiten, die sie tagtäglich für ihre Kinder und die Familie tut. Dies beginnt bereits, bevor sie Mutter ist, denn eine Schwangerschaft ist nichts für schwache Nerven. Aber auch die Zeit nach der Geburt ist nicht viel einfacher. Wenn die Kleinkinder in der Nacht weinen oder Durst haben, sind es vielfach in erster Linie doch die Mütter, die erwachen und sich um das Kind sorgen.

Stellen Sie sich vor, die Mutter könnte all ihre Überstunden und Nachtschichten kompensieren lassen! Aber selbst wenn sie diese als Ferien kompensieren könnte: Ferien zu haben, tönt entspannend, doch besonders erholsam werden Schulferien als Mutter wohl nicht sein. Denn zu Hause auf dem Hof müssen auch dann die Kinder umsorgt und gefüttert werden, und der Haushalt wird auch in den Ferien nicht von Heinzelmännchen übernommen. Gelingt es der Familie doch einmal, ein paar Tage zu verreisen, kommt noch die Planung der Aktivitäten dazu. Es sind oft «unsichtbare» Arbeiten, die die Mütter leisten.

Das Portemonnaie kann man stecken lassen

Die Blumenläden haben sich diesen Feiertag – wie auch den Valentinstag – zunutze gemacht. In Supermärkten weisen Aktionen und Werbungen auf den Muttertag hin, denn auch der Detailhandel möchte profitieren. Für Blumen, über die sich eine Frau freut, muss jedoch nicht einmal das Portemonnaie aus der Hosentasche gekramt werden. Gerade in dieser Saison, in der alles blüht, würde sich ein selbst gepflückter Blumenstrauss optimal eignen. Und gerade Landwirte und Landwirtinnen, die tagtäglich draussen sind und an unzähligen Blumen und hübschen Gräsern vorbeilaufen oder fahren, fühlen sich an dieser Stelle hoffentlich ein bisschen angesprochen.

Auf die Ausrede «Dazu habe ich keine Zeit» antworte ich jeweils mit dem Sprichwort «Man hat keine Zeit, man nimmt sich nur die Zeit». Denn man kann sich auch vor dem Mittag- oder Nachtessen kurz fünf Minuten Zeit nehmen, um ein paar Blumen zu pflücken. Und ich bin mir sicher, die wenigsten Frauen können es einem noch verübeln, wenn man zwar etwas später zum Essen kommt, dafür einen Blumenstrauss in der Hand hält. Wem dieser Aufwand noch zu viel ist, hier eine kleine Anekdote: Mein Vater fährt jeweils mit dem Velo zur Arbeit. Einmal pflückte er auf dem Heimweg im Vorbeifahren ein Margritli. Es kostete ihn nicht einmal die wenigen Sekunden, um vom Velo herunterzusteigen. Meine Mutter freute sich aber riesig über dieses eine Margritli und stellte es in einer kleinen Vase auf den Küchentisch.

Lieber von Hand gepflückt als gekauft

Der Aufwand und die Grösse des Blumenstrausses scheinen also ziemlich irrelevant zu sein. Denn das Schönste an einer Geste wie dieser ist, dass folgende Botschaft mitschwingt: «Ich han (bim Schaffe) a dich dänkt!» Das macht das Geschenk viel persönlicher, als wenn man unterwegs einen kurzen Stopp im Blumenladen macht. Hinzu kommt, dass man nicht im Laden steht und sich überlegt, welche Farbe oder Blume der Frau am besten gefallen würden – denn auf dem Feld blühen einfach die Blumen, die sich in diesem Umfeld wohlfühlen und erstrahlen können. Ich bin überzeugt: Manch eine Frau würde sich mehr über einen selbst gepflückten, kleinen Blumenstrauss freuen als über einen pompösen, teuren Blumenschmuck aus dem Blumenladen.

Kleiner Tipp: Auch einzelne Gräser zwischen den Blumen machen sich gut, egal welche. Meiner Mutter beispielsweise gefiel von allen Pflanzen das Zittergras mit Abstand am meisten. Auch ein schön blühender Zweig macht immer einen guten Eindruck.