Frage: Ich, 52, mache mir Sorgen, dass der ganze Betrieb zerstört werden könnte. Wir haben viel gearbeitet, den Hof immer vergrössert. Der älteste Sohn (25) hat Landwirt gelernt und arbeitet auf dem Betrieb. Er wäre bereit, zu übernehmen. Mein Mann, 55, kann nicht loslassen. Ich finde, er hat ein Alkoholproblem. Er streitet es ab. Wie sollen wir das Thema Alkohol angehen?

Antwort: Mit dieser Anfrage haben Sie schon einen riesigen Schritt zur Problemlösung gemacht. Herzlichen Glückwunsch! Sehr oft zerstört der Alkohol ganze Familien und auch Höfe, weil nicht offen und klar darüber geredet wird. Das Problem nimmt schleichend zu.

Die betroffene Person erfindet Ausreden. Die ganze Familie lässt sich in diese Ausrede-Geschichten einbauen und hilft, die Situation unter dem Deckel zu halten. Man redet dann von «Co-Abhängigkeit».

Klar ansprechen

Den ersten Schritt haben Sie bereits getan. Sie stellen das Thema über die Familie hinaus ernsthaft zur Diskussion. Wenn Ihr Mann das Problem abstreitet, entwickeln Sie als Familie eine Abmachung, gemäss der über einige Wochen ganz auf Alkohol verzichtet wird.

Wenn die Familie den Ernst der Lage erkannt hat, und alle mitmachen, dann werden Sie erkennen, ob ein Entzug und eine Suchtberatung nötig ist oder nicht. Aber Achtung: Sie müssen genau und ehrlich hinschauen, ob alle mitmachen, oder ob jemand aus «Erbarmen» oder «Co-Abhängigkeit» Alkohol besorgt oder ihr Mann irgendwo noch versteckte Reserven oder einen anderen Zugang hat.

Was tun bei Suchtproblemen?

[IMG 2]Ein Suchtproblem kann man nicht locker selber lösen! Es gibt gute Suchtberatungen für einen Entzug. Unterstützen Sie als ganze Familie Ihren Mann bei diesem Schritt. Und vor allem auch bei den nötigen Veränderungen, damit er nach dem Entzug nicht wieder rückfällig wird. Vielleicht ist die Hofübergabe eine gute Veränderung. Dann gehören aber auch klare Strukturen und ein guter Arbeitsvertrag für Ihren Mann zu dieser Übergabe. Vielleicht steht ja auch eine Anstellung ausserhalb des Betriebes zur Diskussion?

Meist steht hinter einer Sucht eine Unzufriedenheit mit der momentanen Lebenssituation. Diese gilt es parallel zum körperlichen Entzug zu suchen. Es ist wichtig, dass nach einem Entzug die Strukturen so verändert werden, dass die belastenden Themen echt geändert werden. Wenn sich gute und spannende Alternativen für Ihren Mann finden, dann wird er auch eher den Betrieb loslassen können. Möglicherweise ist er ja in das Alkoholproblem gerutscht, weil er mit dem Generationenwechsel überfordert ist. Er muss noch zehn Jahre Geld verdienen, der Sohn ist im Saft und wäre bereit.

Der Vater hat Mühe, in die Rolle des Angestellten zu wechseln. Er sieht aber auch, dass er den Betrieb ohne die Energie des Sohnes nicht mehr führen kann. Das sind nicht einfache Situationen, da ist die Flucht in den Alkohol manchmal einfacher, als sich der Diskussion zu stellen. Falls diese Interpretation zutrifft, sollten Sie als Familie – vielleicht mit der Unterstützung einer externer Beratung – ein solches Gespräch in Bewegung bringen.