Herr Jung, Sie unterrichten am Gymnasium in St. Gallen und helfen regelmässig auf dem Gemeinschaftshof Gabris mit. Warum eigentlich?
Samuel Jung: Ich engagiere mich gerne für die Natur und die Biodiversität. Das gibt mir das Gefühl, etwas Nachhaltiges für die Zukunft zu tun und erfüllt mich mit grosser Freude. Gleichzeitig schätze ich es, mit den Händen zu arbeiten – etwa, wenn ich mit der Sense Gras mähe, Beeren und Obst ernte oder neue Kleinstrukturen zur Förderung von unterschiedlichen Lebensräumen anlegen kann. Dabei entsteht ein direkter Bezug zur Landwirtschaft, und ich sehe, woher mein Essen kommt. Dieses Erleben gibt mir viel – es ist eine Art «back to the roots», also eine Rückkehr zu den Wurzeln und zur Natur.
Wie kamen Sie dazu?
Ich bin auf dem Land in Niederhelfenschwil aufgewachsen. Mein bester Freund war Bauernsohn, mit ihm streifte ich stundenlang durch Wiesen und Stallungen. Auch bei meiner Tante, die einen kleinen Betrieb in Enkhüseren – einem Weiler von Niederhelfenschwil – führte, half ich schon als Kind mit und durfte so die Natur und Landwirtschaft schätzen lernen. Auf den Verein Förderband Gabris wurde ich durch den Natur- und Vogelschutzverein aufmerksam. Damals fand eine Veranstaltung zur Förderung des Gartenrotschwanzes statt. So lernte ich den Hof kennen – und irgendwann begann ich, mitzuhelfen.
Der Betrieb entspricht nicht dem Schweizer Durchschnitt.
Das ist mir bewusst. Ich schätze die Art und Weise der Bewirtschaftung auf dem Hof sehr und freue mich über die dadurch entstehende Vielfalt. Dort kann ich meine Faszination für eine nachhaltige Landwirtschaft im Einklang mit der Natur vollständig ausleben.
Was gefällt Ihnen besonders?
Ich habe das Gefühl, dass sich dort viele Menschen mit Engagement und Offenheit einbringen – auch gegenüber neuen Ideen. Man muss nicht alles sofort umsetzen. Es reicht oft, über Dinge nachzudenken, sie zu besprechen oder vielleicht im Kleinen einmal auszuprobieren. Und ich mag die Arbeiten, die langfristig etwas bewirken. Wenn ich zum Beispiel einen Hochstammbaum pflanze und weiss, dass er in zwanzig Jahren noch steht, ist das ein gutes Gefühl.
Könnten Sie sich auch vorstellen, auf einem konventionellen Betrieb mitzuhelfen?
Grundsätzlich ja – wenn die Menschen offen sind, es zwischenmenschlich passt und man die Überzeugung teilt, dass man etwas Sinnvolles und Nachhaltiges bewirken möchte. Ich würde jedoch sicherlich versuchen, den Aspekt der Biodiversität einzubringen, da mir dieser extrem wichtig ist.
Was könnte junge Menschen motivieren, auf einem Landwirtschaftsbetrieb mitzuarbeiten?
Viele Junge suchen heute wieder den Kontakt zum Ursprünglichen. Hier hat die Landwirtschaft etwas zu bieten. Wichtig ist, dass man offen auf sie zugeht. In meinem Fall war es die Begeisterung für Natur und Biodiversität, sowie die Erkenntnis, dass es Bauernhöfe gibt, welche diese aktiv fördern, die mich gepackt hat.
Versuchen Sie auch, Ihre Schülerinnen und Schüler für diese Themen zu begeistern?
Ich will niemanden bekehren. Natürlich freue ich mich, wenn sie sich ebenfalls für Natur und Biodiversität interessieren. Und ja, ich versuche, diese Freude auch im Unterricht weiterzugeben. Aber wie bei jedem Thema – ob Natur oder Autos – gibt es Menschen, die sich dafür begeistern, und andere, die nichts damit anfangen können. Und das ist doch völlig in Ordnung so.