Die österreichischen Forschenden erhoffen sich von den Erkenntnissen eine Möglichkeit, gegen die grassierende «Allergien-Pandemie» in der modernen Gesellschaft vorzugehen. (Bild Pixabay)GesundheitAllergien: Ein Protein aus Rohmilch verleiht «Bauernhofschutz»Donnerstag, 25. Juni 2020 «Ein bisschen Dreck ist gesund», hört man gelegentlich von Grosseltern, wenn der Nachwuchs ein Rüebli direkt aus dem Boden in die Hand gedrückt bekommt oder alles andere als sauber nach einem Streifzug durch die Umgebung vor der Tür steht. Stimmt, denn durch den Kontakt zu Umweltkeimen wird das menschliche Immunsystem trainiert. Ausserdem gibt es Stoffe, die Allergien – also einer überschiessenden Immunantwort – entgegenwirken. Ein solcher (Beta-Lactoglobulin, kurz BLG) ist laut Forschung dafür verantwortlich, dass Bauernkinder weniger Allergien haben als jene, die in der Stadt aufgewachsen sind. Ein Wiener Forschungsteam hat nun untersucht, wie Menschen mit BLG in Kontakt kommen.

Allergieschutz dank Milch und Bauernhof

Bekannt war bisher, dass BLG in Rohmilch vorkommt. Entscheidend für dessen Wirkung ist allerdings der Aufbau des Moleküls, beziehungsweise seine Anhängsel (Liganden): Nur in Verbindung mit Mikronährstoffen wie Eisen, Zink und Vitamin A wirkt es antiallergisch, sonst ist die Wirkung umgekehrt. Fressen Kühe gutes Gras, verhindert das BLG in der rohen Milch dank den richtigen Liganden (z. B. aus den grünen Pigmentstoffen des Grases) Allergien. Anders sieht es bei mangelhafter Futterqualität und industrieller Milchverarbeitung aus.

So weit, so gut. Aber nicht nur der Konsum von Rohmilch scheint den «Bauernhofschutz» zu verliehen, sondern der Aufenthalt auf einem landwirtschaftlichen Betrieb an sich.

Gesunde Kombination im Stall

Das Wiener Forscherteam konnte nachweisen, dass BLG in grosser Menge im Staub in Rinderställen vorkommt. Von dort werde es bis in die Betten der Bauernfamilien getragen. Für genügend Kontakt zu diesem Molekül dürfte also gesorgt sein. Und da BLG im Staub mit Zink verbunden sei, ist auch die antiallergische Wirkung gewährleistet.

Dank Rinderurin vor Allergien geschützt

Bleibt die Frage, wie ein aus Milch bekanntes Protein in grosser Menge in den Stallstaub kommt. Weil es mit dem Rinderurin ausgeschieden wird, und zwar unabhängig vom Geschlecht der Tiere, schreiben die Studienautoren. Dass BLG für die antiallergische Wirkung des Stallstaubs verantwortlich ist, zeigte das Forscherteam in einem Experiment an Mäusen: Nur wenn die Versuchstiere Staub mit dem Protein per Nasentropfen erhielten, reagierten sie weniger auf die Allergene von Milch oder Birke.

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Bekanntlich hat Staub die unangenehme Eigenschaft, kaum einmal dort zu bleiben, wo er war. Was den Allergieschutz angeht, ist das aber von Vorteil: Dank dem Stallstaub mit BLG entstehe um Bauernhöfe mit Rindvieh eine Art «Schutzglocke» im Umkreis von bis zu rund 300 Metern. Auch Spaziergänger sollten demnach über etwas Stallgeruch nicht die Nase rümpfen.