Auf dem Tisch steht ein Blätterteig-Süssgebäck, das zum Anbeissen duftet. Das passt zu Judith Kunz-Wick: Das Backen von Broten, Zöpfen und Süssem hat in ihrem Alltag einen festen Platz. Denn der erste erlernte Beruf der 32-jährigen Bäuerin ist Bäckerin-Konditorin.

Sie begann vor drei Jahren damit, ihre Backerzeugnisse im Hofladen des elterlichen Betriebs anzubieten. Der Startpunkt entpuppte sich als ideal: in den ersten Monaten der Covid-Pandemie erlebten Hofläden eine gesteigerte Nachfrage. Judith Kunz konnte sich mit ihrem Brotangebot eine Stammkundschaft aufbauen.

Neuer Lebensabschnitt

Seit letztem Jahr ist Judith Kunz verheiratet und lebt seither mit ihrem Mann in Gerlikon nahe Frauenfeld. Andreas Kunz führt dort den elterlichen Milchwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau weiter und gründete eine Betriebsgemeinschaft mit einem befreundeten Berufskollegen. Da der Hof etwas abseits gelegen ist, kann Judith Kunz ihre Backwaren weiterhin im verkaufstechnisch gut gelegenen Hofladen der Eltern anbieten.

Zusätzlich arbeitet die Bäuerin seit fünf Jahren bei der Familienhilfe des Thurgauer Landfrauenverbandes, derzeit mit reduziertem Arbeitspensum. Denn Judith Kunz erwartet in diesem Frühjahr das erste Kind. Vieles läuft nun etwas geruhsamer.

Andere Prioritäten

«Ich probiere gerne Neues aus und bin gerne aktiv», sagt Judith Kunz. Das Neinsagen fällt ihr oft schwer. Doch sie musste umdenken. «Ich lernte im letzten Jahr, meine Kräfte einzuteilen, da ich für einige Monate am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt war.» Seither versuche sie, ihre Prioritäten anders und bewusster zu setzen.

«Da im Moment mein Backstübli noch im Elternhaus ist, bin ich mindestens einmal pro Woche bei meiner Familie, was ich sehr geniesse», erzählt Judith Kunz. Sie beschreibt das Pendeln für das Backen aber auch als oft recht herausfordernd. Doch ihre Mutter nimmt ihr vieles ab, entlastet sie vor allem beim Tragen von Lasten.

Mobile Pizza-Bäckerei

Judith Kunz schildert, dass sie in ihrem «neuen Leben» als Ehefrau und Bald-Mutter für den bäuerlichen Haushalt verantwortlich ist. Sie ist froh, dass sie dabei auf die Unterstützung ihrer Schwiegermutter zählen kann.

Sie hat fünf Geschwister, zwei Schwestern und drei Brüder, die zum Teil auch Berufe in der Landwirtschaft gewählt haben. So ist einer ihrer Brüder im Kanton Obwalden als Landwirt tätig, eine ihrer Schwestern ist Forstwartin.

Beim Rundgang über den Hof zeigt Judith Kunz ihre mobile Pizza-Bäckerei, die bis auf Weiteres ruhen muss. Derzeit übe sie für die Anhänger-Prüfung, damit sie das Gefährt ab Sommer, wenn wieder Buchungen eintreffen, auch selbst bei den Kunden vorfahren kann. «Die mobile Pizza-Bäckerei war Bestandteil meiner Abschlussarbeit der Ausbildung als Bäuerin mit Fachausweis.» Sie hat im vergangenen Jahr für einige private festliche Anlässe Pizzas gebacken und zusammen mit einer ihrer Schwestern Gästegruppen bewirtet.

Freundschaften pflegen

Die Einsätze in der Familienhilfe erlebt sie als abwechslungsreich. In jedem fremden Haushalt bekomme sie Einblicke und Anregungen für den eigenen Haushalt.

Ihr «Rüstzeug» als Bäuerin erwarb sie sich an der Bäuerinnenschule am Arenenberg, wo sie ein halbes Jahr im Internat wohnte. Bis heute treffe sie einmal im Monat fünf ihrer ehemaligen Kolleginnen, die während der Schulzeit mit ihr dort wohnten. Sie hofft, dass sie diese Tradition beibehalten, auch wenn bald alle Mütter sind.

Gartenprodukte verarbeiten

Prioritäten neu setzen gilt bei Judith Kunz auch bei der Planung eines Gartens. In Gerlikon hat sie die Möglichkeit, Beeren und Gemüse anzupflanzen. Die Ernte möchte sie zu haltbaren Produkten verarbeiten, die sie etwa über den Hof der Eltern vermarkten könnte.

Aber eben, vorerst will Judith Kunz alles langsamer angehen. Und letztlich werde ja dann, wenn das Kind da sei, auch wieder vieles anders. So, wie es jetzt sei, mit dem guten Einvernehmen mit den Schwiegereltern und den Geschwistern ihres Mannes, sei alles stimmig und passend. Als Ausgleich zur Arbeit besucht sie einmal pro Woche die Proben des Jodlerchores «Stadtjodler Heimelig Frauenfeld». Und mit ihrem Mann teilt sie in der Freizeit die Begeisterung fürs Tanzen.