Die Verpackungsmaschine beginnt zu rattern. Die ersten Kilopäckchen an feinstem Vermicelles erscheinen auf dem Band. Marco Schwab, Geschäftsführer der Rudolf Moser AG, Siselen, steht parat zum Fototermin. Da passiert es. Ein Verpackungspapier verheddert sich und Vermicelles drückt raus. Sofort wird die Maschine gestoppt. Rasch ist Produktionsleiter Niculin Josty zur Stelle und baut mit den Mitarbeitern verschiedene Teile aus, um den Fehler zu finden. Das Problem ist nach kurzer Zeit gefunden und behoben, die Maschine fein säuberlich geputzt. Solches gehört zum Alltag und löst bei den Beteiligten keinen allzu grossen Stress aus.

Putzen, putzen, putzen

Hygiene ist das A und O bei der gesamten Vermicellesproduktion, erklärt derweil Marco Schwab. Immer wieder muss jeder noch so kleine Rest an Püree akribisch von den Maschinen weggeputzt werden. Marronipüree trocknet sehr schnell aus. Daher darf nichts zurückbleiben, da sonst der Verpackungsvorgang stillgelegt wird. Dieselben Maschinen, mit denen das Marronipüree verpackt wird, werden andernorts benutzt, um Butter abzupacken.

Zu wenig Einheimische

Bevor das Marronipüree in der Verpackung landet, hat es mehrere Verarbeitungsschritte durchlaufen. Die Rudolf Moser AG verwendet nur frische und qualitativ hochstehende Marroni aus Italien und Frankreich. Das gehörte schon unter Gründer Rudolf Moser zur Geschäftsphilosophie, und ist auch dem jetzigen Geschäftsführer enorm wichtig. Jährlich werden in Siselen rund 110 Tonnen Marroni zu Vermicelles verarbeitet. Schweizweit werden laut Marco Schwab nur rund 20 Tonnen Marroni geerntet. Daher greift er auf solche aus den Nachbarländern zurück. Die Rohware wird in Bigbag-Säcken an-geliefert. In einem einzigartigen Verfahren werden bei der Rudolf Moser AG die Marroni vorgekocht, geschält und die schlechten Teile aussortiert. Danach folgt der Kochvorgang. Nach einer kurzen Trocknungszeit wird die Masse durch ein überdimensionales Passe-vite getrieben. Dadurch wird das Püree besonders fein. Im letzten Schritt werden noch Zucker von der Zuckerfabrik Aarberg, Wasser, Kartoffelstärke zur Bindung und das Konservierungsmittel Kaliumsorbat beigemischt. Sonst nichts. In der Natur kommt Kaliumsorbat in den unreifen Früchten der Eberesche vor. Die Rezeptur ist dieselbe geblieben, wie sie seit jeher in der Firma verwendet wird. Als Marco Schwab die Vermicellesfabrikation übernahm, hatte er Ideen, die Rezeptur zu verändern. Er versuchte etwa, auf die Stärkebeigabe zu verzichten. Doch stellte er rasch fest, dass das nicht funktioniert und das Rezept optimal ist. «Wir haben eine sehr gute Mischung, die einen intensiven Marronigeschmack aufweist», betont er.

Viel Handarbeit

Stolz führt Marco Schwab die Schreibende durch die Produktion, erklärt jeden Schritt und beantwortet geduldig die Fragen. Daneben bleibt dem 35-Jährigen genug Zeit, um mit den Mitarbeitenden zu scherzen. Was auffällt, ist, dass trotz der Maschinen viele Arbeitsschritte von Hand nötig sind. Gegründet wurde die Firma vor über 60 Jahren von Rudolf Moser. Seit 2013 wird das Unternehmen von Marco Schwab und Niculin Josty geführt und ein Jahr später nach Siselen gezügelt. Am selben Standort beheimatet ist auch die M. und R. Schwab AG, bekannt für die Randenverarbeitung. Marco Schwab übernahm mit Bruder Reto vom Vater den Familienbetrieb. Auf der Suche nach weiteren Betriebszweigen stiessen sie auf die Rudolf Moser AG. Diese suchte einen Nachfolger und die Geschichte nahm ihren Lauf. Marco Schwab ist einer, der genau weiss, was er will und viele Ideen hat. So arbeitet er daran, einen Marroni-Brotaufstrich zu entwickeln. Doch er sagt auch: «Im Marronigeschäft bin ich schon oft an meine Grenzen gestossen.» Dieses Geschäft kennt praktisch niemand. Alles, was er nicht vom Vorbesitzer der Firma erlernen konnte, musste er sich selbst aneignen.

Mehr Freizeit

Nun ist Vermicelles ein Saisonprodukt. Was also macht Marco Schwab den Rest des Jahres? Da ist er für die M. und R. Schwab AG tätig, die nebst Randen auch Zuckermais verarbeitet. Nach der Vermicellessaison gönnt sich der junge Unternehmer zudem etwas mehr Freizeit mit seiner Partnerin. Denn während der Hochsaison sind Schwabs Arbeitstage lang. In der wenigen Freizeit erholt er sich beim Power-Yoga. Zwar müsse er sich deswegen einige Sprüche anhören, aber: «Das bringt mich runter, so kann ich entspannen», erklärt er schmunzelnd. Die meisten Menschen kennen Vermicelles mit Rahm, Meringue und allenfalls Vanilleglace. Doch mit den feinen Marroniwürmli kann noch viel mehr gezaubert werden. Etwa Cremes, Gebäck oder für ganz Experimentierfreudige auch ein Marroni-Randenmousse mit geräucherten Felchen. Rezepte dazu stellt die Rudolf Moser AG auf ihrer Website zur Verfügung. Marco Schwabs Lieblingsrezept, Marroni-Brownie, ist dort aber nicht zu finden. Der BauernZeitung hat er das Rezept verraten (siehe unten).

Andrea Wyss