Der Schwingerkönig mit Muni ist ein Bild, das zum buchstäblich krönenden Abschluss jedes Schwingfestes gehört. Magnus II ist nach seinen Auftritten in der Arena vor tausenden von Zuschauern und an der Seite von Joel Wicki wieder zurück bei Landwirt Jürg Degen. «Im Moment steht er im Laufstall, weil er wahrscheinlich noch beim Empfang in Sörenberg gebraucht wird», schilderte Degen am Dienstag. Danach soll er wieder zu den Kühen auf die Weide, um seiner Aufgabe als Zuchtstier nachgehen zu können. Magnus I habe sich indes gut von seiner Klauenverletzung erholt. Zwar schone der Muni das betroffene Bein noch etwas, aber «wäre das ESAF eine Woche später gewesen, hätte Magnus I teilnehmen können», ist der Baselbieter überzeugt.

Der Muni passte nicht zu Wickis Herde

Meist gehen die Siegermuni nach dem Eidgenössischen zu ihren Haltern bzw. Züchtern zurück. So ist es auch bei Magnus II, wie Jürg Degen erklärt: «Joel Wicki meinte, er habe Grauvieh und produziere Natura Veal. Da ist ein Red-Holstein-Stier natürlich nicht geeignet.» Er habe schon damit gerechnet, denn es muss einiges passen – der Schwingerkönig muss Bauer sein und auch die Rasse spielt eine Rolle.

Vor allem zu Magnus I hat der Landwirt aus Pratteln nach eigenen Angaben eine engere Beziehung aufgebaut. Schliesslich hat er das Tier monatelang auf seine Aufgabe vorbereitet. «Wir sind uns schon nahegekommen und ich bin froh, dass er zurück ist», meint Degen.

Schnell an die Kette gewöhnt

Stolz ist er auch auf Magnus II. Dieser Muni hatte im Vorfeld des ESAF weniger Training. Als aber klar wurde, dass Magnus I verletzungsbedingt ausfallen würde, gewöhnten Degens das Tier Schritt für Schritt auf dem Festgelände an das wachsende Publikum, Lautsprecher und die verschiedenen Plätze. Auch die Kette im Stall des ESAF war für Magnus unbekannt und sorgte bei Tierschutz-Aktivisten für Diskussionen. «Uns war es so von der Sicherheit her am wohlsten», kommentiert Jürg Degen. Ausserdem habe sich Magnus II schnell mit dem Angebundensein arrangiert – «nach einer Stunde hat er sich hingelegt, wir sahen ihn wiederkäuen und manchmal hat er sogar alle Viere von sich gestreckt.» In seiner Doppelbox habe er sicher genug Platz gehabt.

[IMG 2]

Entschädigungen für den Züchter

Da er den Siegermuni nicht zu sich nimmt, bekommt Joel Wicki einen entsprechenden Geldbetrag ausbezahlt. Dessen Höhe kennt Jürg Degen nicht, er habe aber auch nie danach gefragt. Die Aufwände des Züchters von Magnus I werden mit einer Tagespauschale für die Aufzucht abgegolten. «Wir hätten auch verschiedene andere Aufwände geltend machen können, haben aber bewusst darauf verzichtet», stellt er klar. Vor drei Jahren wurde Degen vom OK des ESAF dafür angefragt und es sei eine Genugtuung gewesen, den Siegermuni stellen zu dürfen. Für das OK war klar, dass es nach einem schwarzen und einem braunen in diesem Jahr ein rotes Tier sein sollte, das zudem in Pratteln aufgewachsen sein sollte.

Magnus ist nicht der einzige Lebendpreis, der auf seinen angestammten Betrieb zurückkehrt. Nach Auskunft von Urs Schneider, der für die Lebendpreise am ESAF verantwortlich ist, wurden zwar alle Tiere von Schwingern ausgewählt, aber nur die trächtige Freiberger-Stute Salina Helvetica bekommt ein neues Zuhause, namentlich in der Obhut von Michael Bless. Die anderen Sportler erhalten – nach einem Erinnerungsfoto – einen Geldbetrag.


Wer hat welches Tier ausgewählt bzw. gewonnen?

Die ersten drei Lebendpreise gehen an die ersten Plätze der Schlussrangliste. Die anderen können von den Schwingern ausgewählt werden, wie es bei den Gaben der Fall ist. Anschliessend entscheiden die Sportler, ob sie das Tier zu sich nehmen oder einen Geldbetrag erhalten wollen.

  1. Red-Holstein-Siegermuni Magnus II: Joel Wicki
  2. SF-Rind Landina: Fabian Staudenmann
  3. BS-Rind Galilea: Nick Alpiger
  4. Simmentaler-Rind Pisa: Matthias Aeschbacher
  5. Sportpferd-Fohlen Aluna HCW: Adrian Odermatt
  6. Freiberger-Wallach Pueblo: Werner Schlegel
  7. Freiberger-Pferd Salina Helvetica: Michael Bless
  8. Freiberger-Stute Alice mit Fohlen: Pirmin Reichmuth
  9. Red-Holstein-Rind Bella: Curdin Orlik
  10. Holstein-Rind Mangolda: Michael Ledermann
  11. Eringer-Rind Pauline Wayne II: Thomas Sempach

Alle Lebendpreise werden hier genauer vorgstellt.


Mit Besuchern und Städterinnen ins Gespräch gekommen

Eine Gruppe Aktivisten forderte am ESAF in Pratteln die Abschaffung von Lebendpreisen. Und sind sie angesichts dessen, dass nur einer der Schwinger ein Tier zu sich nimmt, überhaupt noch zeitgemäss? Hierzu gibt es sicher mehr als eine Meinung, kommentiert Urs Schneider. Aber zweifelsohne handle es sich um eine schöne alte Tradition, die nicht nur von den Schwingern, sondern auch vom Publikum sehr geschätzt werde. «Wir haben uns auf jeden Fall sehr um das Wohl der Tiere und die Sicherheit bemüht – nicht, dass ein Vorfall in Pratteln dazu führt, dass es künftig keine Lebendpreise mehr geben darf», versichert er. Seitens der Züchter habe es lobende Worte gegeben zur Betreuung und Versorgung der Tiere und auch positive Rückmeldungen der Zuschauer, die die Möglichkeit für Gespräche im Lebendpreisstall gerne genutzt hätten.

GalerieESAF 2022Ein Tempel und ein Stall für die BösenDienstag, 23. August 2022 Jürg Degen nennt einen anderen Aspekt: «Das Festgelände liegt stadtnah und es kamen zahlreiche Städter(innen), die Fragen stellten.» Er habe viel erklären und aufklären können, rund um die Haltung und Pflege der Tiere, im Alltag wie auch am ESAF. Manche hätten beispielsweise gedacht, liegende Rinder seien krank. Dass es den Lebendpreisen gut ging, daran zweifelt der Landwirt nicht. «Es gab viel Stallpersonal, das sie versorgt hat und die Rinder hatten jeden Tag eine Stunde Auslauf», argumentiert er, «man sah ihnen an, dass man sich um sie kümmert». Der Muni, Rinder und Pferde gehören für Jürg Degen einfach zum ESAF – «das zeigt nicht zuletzt das grosse Interesse des Publikums», meint der Züchter.

«Den Tieren ist es sehr gut gegangen»

Das beobachtete auch Werner Pfister. Er war als Tierarzt für die Lebendpreise am ESAF zuständig und sein Freiberger-Wallach Pueblo war einer der Preise. Wie Jürg Degen und Urs Schneider schätzte er die Gespräche, die im Stall mit den Besucher(innen) entstanden. «Den Tieren ist es am ESAF sehr gut gegangen», so seine Einschätzung als Fachmann. Er führt das einerseits auf die gute Betreuung zurück, andererseits auf die Gewöhnung an Lärm und Rummel im Vorfeld. «Im Übrigen eignet sich nicht jedes Pferd oder Rind für einen solchen Auftritt», ist sich Pfister bewusst. Die Tiere seien von ihren Haltern entsprechend ausgewählt worden.

Kein Stress für Rinder und Pferde am ESAF

Es ist aus Sicht des Tierarztes für die Lebendpreise tatsächlich kein Stress gewesen, Teil des ESAF zu sein – «ich habe selbst gestaunt». Sein Pueblo habe gerne für das Foto posiert und sich locker in der Arena präsentiert. Zwar waren am Tag immer viele Besucher(innen) da, stellten Fragen und bewunderten die Tiere, bei Nacht hätten sie aber ihre Ruhe gehabt. «Das Zelt wurde mit einer Plane verschlossen, damit es im Stall auch dunkel war», so Pfisters Schilderung. Wie der Siegermuni Magnus II stammten die meisten Rinder aus Laufställen. Um Rangkämpfe und Unruhe zu vermeiden, findet es Werner Pfister aber absolut gerechtfertigt, sie am ESAF anzubinden. Die Tiere hätten trotzdem jeden Tag drei bis vier Stunden im Liegen verbracht und wiedergekäut. Pfisters Fazit zum Fest ist durchwegs positiv und er stimmt mit Jürg Degen und Urs Schneider überein, dass Tiere nicht zuletzt traditionsgemäss an den Anlass gehören – auch heute.

Nachdem der Schwingerkönig 2022 gekrönt ist und sich der Stall wie der ganze Rest der ESAF-Infrastruktur im Abbau befindet, ist Magnus II laut Jürg Degen gut wieder zuhause angekommen. Wie es mit ihm weitergeht, bestimmt im Grunde dessen Besitzer. Dabei handelt es sich um die Marti AG aus Pratteln, die den Siegermuni gespendet hat. «Aber ich denke, er wird bei uns bleiben», schätzt Jürg Degen.