Obwohl die Räumung der etwa 3'500 Tonnen Munitionsrückstände in Mitholz erst 2030 beginnen kann, rückt der gezwungene Wegzug für einige Bewohnerinnen und Bewohner bereits in greifbare Nähe. Denn im neu erarbeiteten Gesamtkonzept zur Räumung sind bauliche Massnahmen zum Schutz der Bahnlinie und der Nationalstrasse vorgesehen, die laut Bundesrat vor der eigentlichen Räumung realisiert werden müssen. Bundesrätin Viola Amherd informierte die lokale Bevölkerung in einer Videobotschaft über den Stand der Dinge:

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Erste bauliche Massnahmen schon nächstes Jahr

Um das Risiko, das von der alten Munition ausgeht zu verringern, werden bauliche Vorausmassnahmen für 2021/22 vorbereitet. Ebenfalls nächstes Jahr erfolgt die Bewertung der betroffenen Häuser in Mitholz. Man wolle «gemeinsam mit der Bevölkerung konkrete Lösungen für die Zukunft finden». Insbesondere bei den Vorbereitung des Wegzugs sollen die Mitholzerinnen und Mitholzer begleitet werden. 

Vorsorglich auch Überdeckung projektiert

Geräumt wird Mitholz voraussichtlich erst nach 2030.Sollte dies aber aus technischen oder Sicherheitsgründen nicht möglich sein oder die Räumung abgebrochen werden, zeiht der Bund auch eine Überdeckung des ehemaligen Munitionslagers mit Lockermaterial in Betracht. Diese Alternative werde vorsorglich ebenfalls projektiert.

Man rechnet mit Kosten von 500 bis 900 Millionen Franken, die über einen Verpflichtungskredit finanziert werden sollen. 40 Millionen Franken zahlt das das VBS-Departement unter anderem für die Erarbeitung der Projekte, den Erwerb erster Liegenschaften und Vorausmassnahmen. 

 

Gefährlicher Zustand, gefährliche Arbeiten

Eine Risikoanalyse zum Zustand, den Vorausarbeiten (Schutzmassnahmen für den Schienen- und Strassenverkehr, z. B. Errichtung einer Galerie über der Schiene) und die Räumung zeigt, dass sowohl der Status quo wie auch die Arbeiten mit grossen Risiken verbunden sind. Gerade das Räumungsteam wäre in grosser Gefahr. Die geplanten Schutzbauten werden das Risiko zwar verkleinern, es liegt laut Risikoanalyse aber immer noch – je nach Bauphase in unterschiedlichem Masse – ausserhalb des akzeptablen Bereichs. 

Was das Munitionslager in Mitholz so gefährlich macht, ist einerseits die grosse Menge (3'500 Tonnen Munitionsrückstände) und andererseits der Zustand des Materials. Durch die Explosion im Jahr 1947 und den tagelangen Bränden danach ist die Munition stark beschädigt, heisst es in einem Bericht der Arbeitsgruppe Mitholz.  

 

Erste Räumung dieser Art

Lange Zeit ging die Armee davon aus, dass die Munition keine Gefahr mehr darstellt. Erst 2018 kamen die Experten zu einem anderen Schluss: Die Risiken seien für die Bevölkerung nicht zumutbar. Auch die Bewohner forderten nun eine vollständige Räumung des Lagers, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA zusammenfasst. Diese Aufgabe sei mit zahlreichen Unbekannten verbunden. Nie zuvor wurde in der Schweiz ein Munitionslager dieser Grösse unter so schwierigen Bedingungen geräumt.

Viele offene Fragen

Eine vergleichsweise einfache Aufgabe ist gemäss Keystone-SDA der Bau einer Notumfahrung, damit der Zugang zu Kandersteg jederzeit sichergestellt ist. Die Felssicherung sei ebenfalls möglich, indem etwa lose Felsbrocken entfernt oder mit Netzen gesichert werden. Eine weit grössere Herausforderung sei unter anderem die Felsformation «Dreispitz». Sie stelle aufgrund ihrer geologischen Instabilität ein Risiko dar und soll schichtweise abgetragen werden.

Offene Fragen gebe es viele:

  • Wo genau liegt wie viel Munition?
  • In welchem Zustand befindet sie sich?
  • Ist sie gestapelt, oder liegt sie lose in der Anlage?
  • Ist die Munition einmal im Freien, stellt sich die Frage: Was jetzt? Jeder Munitionstyp muss auf seine Stoffe untersucht und fachgerecht entsorgt werden. Der Transport von unsicherer Munition und Sprengstoffen wird eine weitere Herausforderung sein.