Die 45. Auktion vom Holsteinzuchtverband und Swissherdbook Aargau Anfang April fand nicht statt – zum ersten Mal seit über 20 Jahren. Sonst organisieren die beiden kantonalen Zuchtverbände jeden Frühling und Herbst die Verkaufsschau für rote und schwarze Kühe. «Die Aargauer Züchter sollen ihr Zuchtvieh günstig vermarkten können», nennt OK-Präsident Christian Hauri als Motivation.

Aufschwung mit Elitetieren

In ihren Anfängen fand die Auktion in der Markthalle Brugg in rustikalem Ambiente statt. Mit dem Wechsel in die Vianco-Arena Brunegg stieg der Komfort. Dennoch verlor der Anlass zwischenzeitlich an Schwung, es mangelte an Interesse der Verkäufer. Vor einigen Jahren stand das Organisationskomitee vor der Entscheidung, die Verkaufsplattform aufzugeben – oder nochmals richtig Gas zu geben. Die Kehrtwende gelang: Die Einführung eines Elitesegments im Jahr 2014 gab der Auktion wieder Schub. Die Elitetiere sorgen für Aufmerksamkeit. «Die Aargauer sind Züchter, keine Sammler», wie Auktionator Andreas Aebi jeweils zu kommentieren pflegt. Die Halle füllt sich mit Interessenten und Zuschauern, die Verkäufer nutzen die stimmungsvolle Plattform wieder gern. An der Auktion im Herbst 2019 standen fast 70 Angebote im Katalog.

Gute Qualität und bereite Auswahl

Anfänglich wurde eine Vorschau gemacht, «heute wissen die Verkäufer, was marktgängig ist», sagt Hauri. Als Stärke der Auktion nennt er die gute Qualität und die breite Auswahl: Es habe für jeden Käufer Tiere im Angebot, ab 2500 Franken bis ins Hochzuchtsegement. In den vergangenen Jahren knackten zwei Tiere die Grenze von 10 000 Franken. Die Käufer kämen vom Bodensee und Genfersee bis zum Jura, weiss Christian Hauri, selbst nach Luxemburg sei schon Aargauer Vieh verkauft worden. Für viele Verkäufer ist die Auktion zu einem festen Standbein ihrer Vermarktung geworden. «Ein Markt ohne Zwischenhandel, mit zwei Prozent Provision ein günstiges Angebot für die Aargauer Züchter», kommentiert Christian Hauri und fügt an, das gehe nur dank treuen Helfern und Sponsoren.

«Die Verkäufer wissen heute, was marktgängig ist.»

Darum braucht es gemäss OK-Präsident Christian Hauri keine Vorschau der Tiere für die Auktion «Rot und Schwarz».

Eine «gmögige» Rakete

Bei so vielen Verkaufstieren gibt es auch Geschichten zu erzählen, so von Stefan Käser, Präsident der Aargauer Holsteinzüchter. Eigentlich wollte er an der Auktion in Brunegg vor acht Jahren gar keine Kuh kaufen. Aber dass für diese Zweitmelk im Ring nicht geboten wurde, fand er schade. Er sah Potenzial in der robusten Toystory-Tochter mit über 40 Liter Tagesmilch, auch wenn sie vom Exterieur her nicht besonders ins Auge fiel. Er hatte im Stall eine Liegeboxe frei und den Anhänger auf dem Platz, also kaufte er das Tier, «recht günstig». Die Kuh mit dem Namen Rakete zügelte ein paar Dörfer weiter, vom Windrosenhof in Lupfig auf den Bächlihof in Oberflachs. Der Züchter Christian Wolleb verkauft regelmässig Tiere an der Aargauer Auktion. Er war froh, dass seine milchstarke Kuh auf einen Betrieb kam, wo Fütterung und Haltung passten.

Rakete habe sich als willensstarkes und recht dominantes Tier in der Herde gezeigt, schaut Holsteinzüchter Käser zurück, sie habe sich schnell und gut im neuen Stall integriert. Sie zog ihre Leistung durch und schloss die zweite Laktation mit über 12 000 Kilogramm Milch ab.

Verletzung überstanden

Viel Milch, gute Gehalte und tiefe Zellzahlen kennzeichnen seither die Laufbahn von Rakete. Aber es gab auch einen Knick nach einer Euterverletzung. Die Lernenden rieten dem Chef, mit der Kuh abzufahren – Stefan Käser wusste es besser und gab ihr die Zeit, sich zu regenerieren.

Im vergangenen Sommer hat Rakete in der achten Laktation die 100 000-Kilo-Grenze geschafft. Eine konstante Begleiterin unterwegs zu dieser Leistung war die Milchwägerin Marianne Neuhaus. In ihr Tätigkeitsgebiet gehören sowohl Lupfig als auch Oberflachs; sie hat die ganze Milch von Rakete gewogen. Die Kuh hatte bei ihr immer einen Stein im Brett: «Sie ist eine ‹gmögige› im Umgang. Mir gefallen kräftigere Kühe, dazu ist Rakete mit ihrem Rotschimmer im Fell einfach schön», begründet Marianne Neuhaus ihre Zuneigung.

 

Braunvieh auf dem Horben

Auch die Aargauer Braunviehzüchter haben ihre traditionelle Auktion: Sie führen den Verkaufsanlass seit 1984 durch, in schönster Lage auf dem Horben in Beinwil im Freiamt. Die Auktion ist jeweils auf Mitte April angesetzt, wenn die Weidesaison startet und die Alpsaison in Reichweite kommt.

Auch bei der Braunviehauktion gab es vor drei Jahren einen Durchhänger, heute hat sich die Situation wieder stabilisiert und es werden im Durchschnitt 40 bis 45 Tiere angemeldet.