Gute Stimmung herrschte an der Delegiertenversammlung des St. Galler Bauernverbandes (SGBV) am 23. März 2022. Nach zwei Jahren konnte die DV endlich wieder physisch stattfinden. SGBV-Präsident Peter Nüesch kam in seinem Grusswort um den Krieg in der Ukraine nicht herum. In der Schweizer Nahrungsmittelproduktion sei ein Umdenken erforderlich, meinte Nüesch.

«Forderungen der AP 22 zur Schaffung von weiteren 3,5 Prozent Flächen zur Biodiversität auf besten Ackerflächen müssen der Vergangenheit angehören.»

Peter Nüesch, Präsident St. Galler Bauernverband

Auch den Kulturlandverlust gelte es zu bremsen. «Der wachsende Hunger an einheimischen Nahrungsmitteln kann nur gestillt werden, wenn es gelingt, die Produktion zu steigern, ohne dabei Umwelt und Natur zu schädigen.»

Bauernverband will proaktiver kommunizieren

AboSt. Galler Bauernverband«Mit 60 Jahren sollte man Platz machen für neue Kräfte»Freitag, 10. Dezember 2021 Geschäftsführer Andreas Widmer kündigte an, dass der SGBV für die kommenden vier Jahre neu einen Schwerpunkt in der Kommunikation gesetzt hat. «Der Verband möchte selber proaktiver kommunizieren und die neuen Social-Media-Kanäle gezielt nutzen», führte er aus. Am 1. April wird Widmer die Leitung der Geschäftsstelle an Mathias Rüesch übergeben. 

Am 1. März startete die Fachstelle Falun als eigenständige Firma in Form einer GmbH. Sie wird von Lidia Groppo und Peter Schweizer geleitet. Der Vorstand des SGBV entschied sich für die Gründung dieser Fachstelle, weil die Landwirtschaft an den Schnittstellen zwischen Landwirtschaft, Biodiversität und Umwelt bisher wenig zu sagen hatte und sich ungenügend einbringen konnte. «Wir wollen vermehrt mitgestalten. Wir müssen hier aktiver sein», sagte Widmer.

Kanton stellt Weichen für die Zukunft

Beat Tinner, St. Galler Regierungsrat und Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements, informierte über die kantonale Landwirtschaftspolitik. Dazu wurde ein Papier mit geplanten, neuen Massnahmen erarbeitet. Die St. Galler Regierung wird sich vor den Sommerferien mit dem Bericht befassen. Folgende Schwerpunkte sind gesetzt:

  • Stärkung des Pflanzenbaus und der Rindviehhaltung, insbesondere der Milchproduktion.
  • Prüfung neuer Kulturen und angepasster Sorten im Pflanzenbau.
  • Bessere Vernetzung mit anderen Institutionen.
  • Stärkung des Bereichs Innovationsförderung.
  • Erhalt des Produktionsfaktors Boden.
  • Überarbeitung des bestehenden Leistungsauftrags des LZSG.

«Wir sind überzeugt, dass wir mit der Neuausrichtung und der Präzisierung die Weichen für die Zukunft der St. Galler Landwirtschaft stellen können», sagte Tinner. In vielen Bereichen sei die Landwirtschaft gut unterwegs. Aber es mache Sinn, heute an die Zukunft zu denken und die notwendigen Präzisierungen vorzunehmen. 

Geschlossenheit im Kampf gegen die MTI

DelegiertenversammlungSBV will mit Emojis gegen die Massentierhaltungs-Initiative antretenDonnerstag, 18. November 2021Urs Schneider, Stv. Direktor SBV, stimmte die St. Galler Bäuerinnen und Bauern auf den Abstimmungskampf über die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) ein. «Die Initiative ist unnötig und absurd», sagte Schneider. «Wir müssten die Produktion in der Schweiz runterfahren, unsere ohnehin schon hohen Standards erhöhen und das, was wir nicht mehr selber produzieren, würde importiert.» Das sei angesichts der aktuellen geopolitischen Lage ein schlechtes Signal. 

Schneider schwor die Anwesenden auf Einigkeit ein, «so wie es die Landwirtschaft am 13. Juni 2021 gezeigt hatte». Dieses Mal seien die Tierhalter betroffen, bei der nächsten Abstimmung könnten es die Pflanzenbauer sein. Wenn ein Gemüsebauer glaube, er sei von dieser Initiative nicht betroffen, sei das ein Trugschluss. Die Betriebe, die mit der Tierhaltung aufhörten, würden Alternativen suchen. Das werde zu neuen Konkurrenzverhältnissen führen. «Es braucht die Solidarität der ganzen Landwirtschaft», sagte Schneider mit Nachdruck.

Der SBV tritt mit Emojis gegen die MTI an. Auf Bilder von Tieren wird im Abstimmungskampf bewusst verzichtet. Die Vorkampagne startet in diesen Tagen mit dem Verteilen der Fahnen. Der SBV bietet für Interessierte Online-Argumentationstrainings an. Abgestimmt über die MTI wird mit grösster Wahrscheinlichkeit im September.

Richtigen Entscheide zu richtigen Zeitpunkt

Der Höhepunkt der Delegiertenversammlung war die Verabschiedung von Geschäftsführer Andreas Widmer. Elf Jahre lang hatte er die Geschicke des St. Galler Bauernverbandes geleitet. Lob für seine Arbeit und seine umsichtige Art gab es von allen Rednern. Peter Nüesch würdigte Widmer als «riesigen Schaffer», der immer zugunsten der Bäuerinnen und Bauern gearbeitet hat. Er habe die richtigen Entscheide im richtigen Moment getroffen.

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Widmer bedankte sich bei den Bauernfamilien und dem Verband für das langjährige Vertrauen. Er sprach von einer spannenden Aufgabe in einem spannendem Umfeld. «Es ist nicht alles nach Wunsch gelaufen. Aber es gab viele Punkte, die mir und meinem tollen Team gelungen sind.» Die 230 Delegierten und die Gästen verabschiedeten Andreas Widmer mit Standing Ovations.