Eine Medienmitteilung von dieser Woche liest sich auf den ersten Blick weitgehend harmlos. Barto und Agristat informieren über eine neue Möglichkeit: Wer im digitalen Hofmanager Barto das entsprechende Häkchen setzt, kann mit seinen Aussaat- und Erntedaten zur Verbesserung der Pflanzenbaustatistik beitragen. Alles freiwillig, alles anonymisiert, alles im Dienst der Statistikqualität. Doch was auf den ersten Blick wie ein Dienst an der Allgemeinheit aussieht, offenbart bei genauerem Hinsehen ein immer enger werdendes Netz aus digitalen Abhängigkeiten, Kontrollmechanismen und wirtschaftlicher Machtausweitung.

Die Digitalisierung in der Landwirtschaft wird unter dem Deckmantel der Effizienz vorangetrieben – mit Digiflux, Barto und Agroimpact als tragende Säulen. Was ursprünglich als Mittel gedacht war, um Prozesse auf den Höfen zu vereinfachen, wird immer stärker zu einem System, das nur dann funktioniert, wenn man bereit ist, alle dazugehörigen Teile des digitalen «Legosets» zu akzeptieren – und allenfalls auch zu kaufen. Denn wer bei einem dieser Bausteine nicht mitmacht oder eigene Wege gehen will, steht schnell im Regen. Die Systeme sind so aufeinander abgestimmt, dass der Ausstieg praktisch keine Option mehr ist. Hier bleibt die Frage an die aktiven Bauernfamilien: Wissen Sie, was Digiflux, Barto und Agroimpact genau sind?

Politische Kompromisse statt echte Bedürfnisse

Klar ist, der Ursprung vieler Entwicklungen liegt nicht etwa in einem echten Bedürfnis der Bäuerinnen und Bauern, sondern in politischen Kompromissen. Die Plattform Digiflux etwa wurde als indirekter Gegenvorschlag zur gescheiterten Trinkwasser-Initiative konzipiert. Mit ihr wollte das Parlament Transparenz schaffen – eine Massnahme, um Umweltverbände zu beruhigen und die Initiative zu entschärfen. Die Idee: Jeder Betrieb soll genau erfassen, wie viele Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe eingesetzt werden. Damit werden Landwirte zu Datenerhebern für staatliche Kontrollinstanzen, ohne dass sie je gefragt wurden, ob sie diese Rolle übernehmen wollen. Und obwohl der Bundesrat auf Freiwilligkeit pocht, ist der Druck enorm: Wer Direktzahlungen will, muss sich einfügen.

Hinzu kommt die Rolle grosser Player wie Fenaco, die inzwischen als Hauptaktionärin von Barto eine zentrale Position in der digitalen Infrastruktur der Landwirtschaft einnimmt. Der landwirtschaftliche Hofmanager ist längst kein unabhängiges Werkzeug mehr, sondern Teil eines Systems, in dem wirtschaftliche Interessen sichtbar werden. Es bleibt das ungute Gefühl, dass, wer Barto nutzt, nicht nur Daten liefert – sondern sich längerfristig auch abhängig von einem Anbieter macht, der zugleich als Händler, Abnehmer und neuerdings womöglich auch als Klimazertifizierer auftritt. Weiter steht die Plattform Agroimpact, die Treibhausgasemissionen der Betriebe misst und entsprechende Reduktionsziele setzen will, in engem Kontakt mit agrarpolitischen Entscheidungsträgern. Auch hier entsteht der Eindruck: Die Richtung ist vorgegeben, Spielraum gibt es kaum. Und was haben die Bauernfamilien zu sagen?

Das Narrativ lautet: Wer nicht mitmacht, handelt unsolidarisch, schadet der Branche oder versäumt den Anschluss an die moderne Landwirtschaft. Doch wo bleibt dabei die Wahlfreiheit? Wo bleibt die Stimme derjenigen, die unabhängige Wege gehen wollen – mit Zettel, Stift, gesundem Menschenverstand und langjähriger Erfahrung oder anderen digitalen Lösungen wie dem E-Feldkalender oder Smartfarm? Die Bäuerinnen und Bauern wurden nicht gefragt, ob sie Teil dieser digitalen Transformation werden wollen. Sie werden schrittweise hineingezogen, mit Zuckerbrot und Peitsche: hier ein Effizienzversprechen, dort eine Drohung mit gestrichenen Direktzahlungen.

Wer entscheidet über wen?

Die aktuelle Kooperation zwischen Agristat und Barto mag technisch sauber und datenschutzrechtlich einwandfrei sein. Doch sie ist auch ein Symbol für eine Entwicklung, die kritische Fragen aufwirft. Wer entscheidet eigentlich über wen? Wer bestimmt, welche Daten wichtig sind? Und wer profitiert am Ende von diesem Datenschatz? Klar ist: Es sind nicht in erster Linie die Bauernfamilien, die zunehmend das Gefühl haben, für ein System zu arbeiten, das sie weder selbst gebaut noch gewollt haben. Es ist Zeit, dass wir diese Entwicklung offen diskutieren. Die Vermischung von politischen und wirtschaftlichen Interessen im Bereich der Digitalisierung ist kritisch zu hinterfragen. Es braucht Transparenz nicht nur über Pflanzenschutzmittel, sondern auch über Machtstrukturen, Interessenlagen und wirtschaftliche Verflechtungen hinter den digitalen Kulissen.