Was aktuell in Deutschland passiert, beschäftigt uns. Obschon wir nicht der EU angehören, ist klar: Die Schweiz ist Teil von Europa. Im Herbst 2023 sagte der deutsche Landwirt Arno Molter in der BauernZeitung zu den Schweizer Bauern: «Tragt Sorge zu eurem Land.» Molter erwähnte im Interview, dass der Landwirtschaft unseres nördlichen Nachbarn unter der links-grünen Regierung im Grunde der Boden entzogen werde.

Auch in der Schweiz gibt die Politik den Ton an

Dass die Schweizer Bauern auf einem anderen Niveau leiden als die deutschen, wissen sie selbst. Aber auch hierzulande sind die Produktionskosten gestiegen, und Besserung ist nicht in Sicht. Auch hierzulande ist es die Politik, die den Ton angibt. Und auch in der Schweiz hat sich die Bevölkerung von der Urproduktion entfernt – auch hier weiss die Konsumgesellschaft wenig oder gar nicht, wie Lebensmittel produziert werden. Die Stimmung beim Schweizer Bauernverband und in den Kantonalverbänden, welche in der aktuellen Ausgabe dieser Zeitung gut zum Ausdruck kommt, zeigt: Es ist alles andere angesagt, als sich auszuruhen oder über vergangene Erfolge zu freuen.

Die aktuelle Stimmung erinnert ein wenig an die Zeit vor dreissig Jahren. Auch damals wurde die Produktion kritisiert, die Landwirtschaft gesellschaftlich stark hinterfragt. Dieses Hinterfragen wiederholt sich. Was sich geändert hat, ist die Gesellschaft, die das macht, und die Situation der Bauern.

Bauern sind zu Einzelkämpfern geworden

«Wir sind zu oft allein», sagt ein Landwirt gegenüber der BauernZeitung. Vor dreissig Jahren sei man in der bäuerlichen Dorfgesellschaft besser getragen gewesen. Nicht zuletzt aufgrund der Struktur mit Viehversicherung, Zuchtvereinen und Dorfkäserei. Heute scheint der Bauer mehrheitlich zum Einzelkämpfer geworden zu sein. Auch die Technik trägt ihren Teil dazu bei. Die Bauern erledigen auf ihren Höfen die Arbeit weitgehend allein, aufgrund der beruflichen Situation sind sie oft auch am Küchentisch allein. Die Folgen sind bekannt und werden auch in den weissen Medien immer wieder thematisiert. Die hohe Suizidrate im Bauernstand belegen mittlerweile mehrere Studien.

Schweizer lassen sich nicht zwingen

Es wird klar: Während wir uns um Direktzahlungen gekümmert haben und die Landwirtschaft «verpolitisiert» wurde, haben wir uns zu wenig um uns selbst und um die Gesellschaft gekümmert. Das soll sich ändern. Zumindest das zweite. Der Bund will «alle in die Verantwortung nehmen». Doch der Druck, der damit auferlegt wird, dürfte Gegenwehr auslösen. Die Schweizer lassen sich gesellschaftlich kaum verpflichten. Sie lassen sich auch nicht sagen, was sie zu essen haben. Ob es uns zudem gelingen wird, einer Migros zu diktieren, der Schweizer Landwirtschaft treu zu bleiben, ist mehr als fraglich. Von dieser Seite scheint klar: Die Bauern sollen billiger produzieren (was ihnen im Grunde nicht möglich ist) und das auch noch auf Kosten der Natur, der Artenvielfalt und auf Kosten des Tierwohls. Und zum Schluss auf ihre eigenen.

Mit all dem, was auf den Höfen und in den Bauernhäusern passiert, kommt eine grosse Unbekannte auf uns zu. Was machen die jungen Bauern? Sind sie bereit, die Höfe, insbesondere jene, auf denen Milch produziert wird, weiterzuführen? Wollen sie eine Produktion aufrechterhalten, die diktiert ist von der Politik und der Optimierung der Direktzahlungen? Wollen sie diese Abhängigkeit, die unsere Generation alles andere als glücklich macht, wirklich übernehmen? Eigenständigkeit würde sie womöglich glücklicher machen. Aber das braucht Ressourcen. Nicht zum Spielball zu werden und der «denkenden Lobby» voraus zu sein, braucht Kraft. Haben sie diese?

Die Viehschau reicht nicht als Motivator zur Milchproduktion

Sie an die BEA oder an die Olma zu stellen und ihnen zu sagen, sie sollen den hoffentlich interessierten Passanten die Landwirtschaft erklären, reicht nicht. Ihnen ein schönes Rind zu kaufen und zu hoffen, die Teilnahme an der Viehschau lasse sie an der Milchproduktion festhalten, auch nicht. Und so sichert auch der neue Traktor keine Landesversorgung.

Anstatt Klimakleber als Gesindel zu bezeichnen, müssten wir unseren potenziellen Hofnachfolgern Mut machen, das Kulturland zu besetzen. Wir müssten ihnen helfen, sich gegen alles und jedes zu wehren, das ihre Grundlage der Produktion – den Boden – gefährdet. Sie haben Kraft, und sie wollen. Erklären wir ihnen, was in Deutschland passiert, und geben wir ihnen den Halt, den sie brauchen, um sich für ihre Zukunft starkzumachen – so, wie sie das wollen, und nicht so, wie wir offensichtlich gescheitert sind.