Selten erlebt man in der Milchbranche so viel Einigkeit. In einer geharnischten Mitteilung vom Donnerstag, 4. November 2021 wenden sich die Schweizer Milchproduzenten (SMP), der Käserverband Fromarte, der Industrieverband VMI und die Branchenorganisation an die Medien. Der Entscheid des Bundesrats, die Verkäsungszulage von 15 auf 14 Rp./kg Milch zu kürzen, sei unverständlich, so der Titel. Man lehne die Kürzungsabsicht der Regierung mit Vehemenz ab. Diese rufe bei der versammelten Milchbranche «einhelliges Unverständnis» hervor.

Wertschöpfung würde getilgt

Begründet wird diese vehemente Kritik wie folgt: Eine Reduktion der Verkäsungszulage werde die wertschöpfungs- und ex-portstarke Käsebranche massiv schwächen, befürchte die Branchenvertreter, obwohl sie «notabene eine der stabilen und verlässlichen Exportbranchen auch in Zeiten von Covid-19» sei.

Der Entscheid des Bundesrates führe zudem dazu, dass die begrenzten Bundesmittel in der Summe weit ineffizienter eingesetzt werden, als es die aktuellen Budgetvorgaben erfordern.

Weiter begründe der Bundesrat den Entscheid mit dem Willen des Parlamentes, der Molkereimilch mehr Mittel zukommen zu lassen. Dabei bleibe aberunberücksichtigt, dass die zunehmenden Bewilligungen für Veredelungsverkehr der Molkereimilch per Definition Mittel entziehen.

Hoffnung aufs Parlament

Der Kritik schliesst sich auch der Schweizer Bauernverband an. Er bedaure die Reduktion und fordere das Parlament auf, im Rahmen des Budgets 2022 die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit diese Kürzung korrigierte werden kann. Die Verkäsungszulage sei wichtig für die Wertschöpfung im Käsebereich und habe einen positiven Preiseffekt für den gesamten Milchmarkt.

Auf die Budgedebatte hoffen auch die Branchenvertreter, sie fordern vom Parlament eine Korrektur. «Die Zulage für verkäste Milch muss zwingend auf der im Landwirtschaftsgesetz festgelegten Höhe von 15 Rp. bleiben», so die Medienmitteilung.

Käseproduktion boomt

Ob sich diese Ansicht im Budgetprozess wird durchsetzen können, ist noch offen. Der Bundesrat begründet seine Kürzungs-absicht mit der «erwarteten Entwicklung des Anteils der verkästen Milch im Jahr 2022 und der begrenzten finanziellen Mittel». Er spricht damit an, dass die Verkäsung nicht zuletzt dank der Zulage nach wie vor sehr attraktiv ist und damit der Mittelbedarf für die Rohstoffverbilligung zugenommen hat. Nachdem die Käseproduktion schon 2021 gegenüber 2020 um 4,4 Prozent zugenommen hatte, ist auch heuer von Januar bis August eine weitere Zunahme um 1,9 Prozent zu verzeichnen.

Ständeratskommission gegen die Fettabstufung
Die Diskussionen um die Ausgestaltung der Verkäsungszulage (VKZ) sind nicht neu. Die lukrative Rohstoffverbilligung war ursprünglich dazu gedacht, für die handwerklichen Schweizer Spezialitäten im Export und im heimischen Markt gleich lange Spiesse zu schaffen. In den letzten Jahren hat die VKZ aber neue Kundschaft angezogen. Es handelt sich dabei oft um Grosshersteller oder Milchhändler, welche mit der Herstellung von Billigkäse dank der Zulage ihre Margen verbessern können. Gerade mit fettreduziertem Käse wurde hier und dort derart frivol gearbeitet, dass es Teilen der Branche zu bunt wurde. 2018 wurde deshalb eine Motion eingereicht, die eine fettabgestufte VKZ verlangt. «Der Bundesrat wird beauftragt, die Voraussetzungen zur Ausrichtung der VKZ so anzupassen, dass die Wertschöpfung und deren faire Verteilung entlang der Ketteim Käsebereich insgesamt gefördert wird», schrieben die Motionäre Marcel Dettling, Jean-Pierre Gschwind und Peter Hegglin. Im März 2019 hat der Nationalrat dem Vorstoss zugestimmt, nun kommt er in den Ständerat. Hier hat die Wirtschaftskommission letzte Woche Ablehnung beschlossen. Sie will von einer Fett-abstufung absehen. Stattdessen solle der Bundesrat gewährleisten, «dass die Auszahlung der VKZ jenen Verarbeitern verweigert wird, die durch das Unterschreiten von Mindest-preisen bei Milchproduzenten Preisdumping betrieben und das Käseabkommen mit der EU unterlaufen».