Wie wichtig die Landwirtschaft für Graubünden ist, zeigte sich an der Mitgliederversammlung des Bündner Bauernverbands mit den Gastreferenten Aita Zanetti, Bündner Standespräsidentin, Markus Caduff, Regierungspräsident und Markus Ritter, Präsident Schweizer Bauernverband (SBV).

Der Grundbetrag wird erhöht

Präsident Thomas Roffler wies darauf hin, dass der Verband auf verschiedensten Ebenen arbeite und für die Bündner Bauern da sei. Dank der Ablehnung der beiden Pflanzenschutz-Initiativen könne jetzt die Agrarpolitik weiterentwickelt werden. Leider stünden die nächsten Initiativen, welche die Landwirtschaft erneut tangieren werden, bereits an. Die Landwirtschaft müsse der Öffentlichkeit zeigen, dass sie bestrebt sei, der Natur, der Umwelt, dem Tierwohl, dem Pflanzenschutz und den Konsumentenwünschen gerecht zu werden.

Der neue Geschäftsführer des Bündner Bauernverbandes, Sandro Michael, stellte sich vor und präsentierte die Rechnung 2021 sowie das Budget 2022. Jedes Verbandsmitglied leistet einen Beitrag an den Bildungsfonds. Über die Erhöhung des Hektarbeitrags wurde abgestimmt. Jeder Betrieb zahlt Fr. 10.– Grundbeitrag plus neu Fr. 2.30 pro Hektare, statt wie bisher Fr. 1.40.

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Den Familienbetrieb pflegen

Standespräsidentin Aita Zanetti sprach als Zeichen der Wertschätzung den Bäuerinnen und Bauern ihren Dank für die geleistete Arbeit aus. Die Sorgen betreffend Wolf für die kommende Alpzeit seien nicht geringer geworden, im Gegenteil. Die Gesellschaft wolle die Berglandschaft als Erholungsraum. Die Bauern würden dafür sorgen, dass diese Landschaft gepflegt werde. «Deshalb dürfen die Bauernfamilien mit dem Grossraubtier-Problem nicht alleine gelassen werden.»

Die Bauernfamilien mit dem Grossraubtier-Problem nicht alleine gelassen werden.

Standespräsidentin Aita Zanetti

Für die Bauernfamilien habe sich viel geändert, fuhr Zanetti fort. Es müsse auf verschiedensten Ebenen immer mehr geleistet werden. So könne sich der Bauer oder die Bäuerin nicht nur der eigentlichen landwirtschaftlichen Arbeit widmen, sondern er oder sie müsse immer mehr Büroarbeit erledigen. Auch gebe es immer mehr Vorschriften, Merkblätter und Informationen, man verliere zum Teil fast den Überblick.

Der Strukturwandel habe dazu geführt, dass oft ein Partner auswärts arbeiten müsse und so einen finanziellen Beitrag an den Betrieb leiste. Das partnerschaftliche Arbeiten auf dem Betrieb, die täglichen gemeinsamen Familienmahlzeiten, Kinder, die mit der Arbeit ihrer Eltern auf dem Betrieb aufwachsen würden, mithelfen könnten, lernen würden, Verantwortung zu übernehmen, das sei ein Privileg der Bauernfamilien, dem man Sorge tragen müsste.

Fruchtfolgeflächen sind wichtig

Aus aktuellem Anlass machte sich Regierungspräsident Markus Caduff Gedanken, ob und wie die Schweiz sich selbst ernähren könnte. «Theoretisch würde das gehen», meinte er, «doch sehr viel bestes Ackerland im Talboden ist überbaut worden. Fruchtfolgeflächen wären wichtig, doch in der Vergangenheit glaubte man, sie vernachlässigen zu können. Wir konnten ja alles importieren.»

Fruchtfolgeflächen wären wichtig, doch in der Vergangenheit glaubte man, sie vernachlässigen zu können.

Bündner Regierungspräsident Markus Caduff

Die Ackerfläche würde auch nicht nur zur Produktion von Ackerfrüchten für die menschliche Ernährung genutzt, sondern auch für den Anbau von Tierfutter. Selbst wenn es genügend Ackerfläche hätte, man brauche auch Saatgut. «Die Schweiz hat nur 10 Prozent eigenes Saatgut. Wir sind auf Importe angewiesen.» Auch an Dünger mangle es. Dünger werde aus dem Ausland importiert. Die Bündner Landwirtschaft habe in den Berggebieten Land, das auch in Zukunft bewirtschaftet werden müsse, hier könnten Tiere Gras in wertvolle tierische Proteine umwandeln, meinte Caduff.

SBV feiert 125 Jahre

«Vor 125 Jahren wurde der Schweizer Bauernverband gegründet», so Markus Ritter. Im Jubiläumsjahr werde man eine Plattform schaffen und «alle Betriebe mitnehmen». Man wolle feiern, indem man aufzeige, wie wichtig die schweizerische Landwirtschaft sei. Es sei geplant, dass alle Bauernverbände Kartoffeln anpflanzen und ihre Ernte im Herbst nach Bern an die «Sichlete» mitbringen. Aus diesen Kartoffeln werde dann eine Rösti hergestellt, mit der ein Weltrekord fürs Guiness-Buch aufgestellt werden soll. Es ist ein Jubiläums-Film produziert worden – er wurde an der Versammlung gezeigt. «Die Coronakrise hat gezeigt, wie abhängig die Schweiz vom Ausland ist, und dass die Selbstversorgung ein wichtiges Thema ist.»

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Markus Ritter ging auf die bevorstehende Massentierhaltungs-Initiative (MTI) ein. Ein wichtiges Argument sei nebst dem restriktivem Tierschutzgesetz, dass rund 26 000 Ställe für die Geflügelhaltung neu gebaut werden müssten, wenn mit kleineren Herden gleich viele Eier und Poulets produziert werden sollten. Das sei ein riesiger Landverlust. Man müsse informieren, aufzeigen, hinter der Ablehnung der Initiative stehen, so wie bei den letzten Agrarinitiativen, appellierte Ritter an die Anwesenden.