Für vier nicht mehr zugelassene Pflanzenschutzmittel (PSM) komme nur ein neues auf den Markt. Diese Zahl war kürzlich an einem Podiumsgespräch zu hören. «Es ist wahnsinnig, was auf uns zukommt, wenn 
man im gleichen Tempo weiter Mittel streicht», sagt Gemüseproduzent Thomas Wyssa dazu. Dass im Gemüsebau immer mehr Pflanzenschutzmittel wegfallen, macht dem Produzenten aus Galmiz FR und vielen Berufskollegen Sorgen.

Betroffen sind diverse Kulturen. «Für den Fenchel haben wir kein Herbizid mehr. Bei den Kohlarten fehlen uns gewisse Insektizide», zählt Wyssa auf. Bei den Karotten sei mit dem Herbizid Linuron ebenfalls ein wichtiger Wirkstoff verboten worden. Beim Fenchel koste der Setzling bereits die Hälfte des Produzentenpreises. «Wenn man dann von Hand Unkraut ausreissen muss, weil ein Herbizid fehlt, ist die Rendite rasch weg.»


Coop geht weiter als der Bund


Besonders viele Mittel seien durch das Bundesprogramm «Gezielte Überprüfung» gestrichen worden, sagt Wyssa. Das Programm zur Neuüberprüfung der in der Schweiz zugelassenen PSM startete 2010. Zusätzlich stellt offenbar der Detailhandel teilweise individuelle Anforderungen an die Produzenten und verbietet ihnen PSM, die vom Bund zugelassen sind. Bei Coop zum Beispiel seien dies im Gemüsebau zwei Wirkstoffe, ist zu hören.


Der Detailhändler bestätigt dies auf Anfrage. Coop gehe beim Einsatz von Pestiziden «bedeutend weiter, als dies der Bund fordert», sagt Mediensprecherin Andrea Bergmann. In der Schweiz sei der Einsatz von Methomyl und Zeta-Cypermethrin gesetzlich erlaubt. Diese Wirkstoffe würden jedoch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) «als highly hazardous» eingestuft, d. h. «hochgefährlich» für die Gesundheit des Menschen. «Aus diesem Grund verbietet Coop deren Einsatz», so Bergmann.

Kein Verständnis für solche Forderungen von Abnehmerseite hat der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP). Seit Ende 2015 kursierten von Detailhandelsfirmen «individuelle Anforderungen an den Pflanzenschutz im Gemüsebau», ist in einem Aufruf im Internet zu lesen, der letzten Mai publiziert wurde.

«Der VSGP verurteilt dies aufs Schärfste!», heisst es dort. Bei bestimmungsgemässer Anwendung gäbe es «absolut keinen Grund», einzelne von den Behörden bewilligte Mittel zu verbieten. Für Produzenten, deren Ware an mehrere Detailhandelsfirmen gehe, sei die Einhaltung individueller Anforderungen «nicht umsetzbar».

«Regelmässig im Gespräch»

Angesprochen auf diesen Aufruf  sagt Simone Meyer, Stv. VSGP-Direktorin, diese Woche: «Wir befinden uns regelmässig im Gespräch mit den Detailhändlern.» Während im ursprünglichen Aufruf im Internet immer noch von «diversen Detailhandelsfirmen» die Rede ist, seien es nun  ein paar wenige.


Für Gemüseproduzent Thomas Wyssa ist unabhängig davon eines klar: «Wir müssten in jeder Kultur geeignete Mittel haben, um eine Resistenzbildung zu vermeiden.»     

Jeanne Woodtli