BauernZeitung: Herr Fischer, kann man heute einem Jungbauern guten Gewissens den Einstieg in die Kartoffelproduktion empfehlen?
Ruedi Fischer: Einsteigen ist eine grosse Herausforderung, die ich mir sehr genau überlegen würde. Man gibt pro Hektare 10'000 Franken aus und damit sind noch nicht alle Kosten gedeckt. Das Risiko, Geld zu verlieren, ist verglichen mit anderen Kulturen überaus gross. Ich persönlich bin überzeugt, dass die Kartoffelfläche, dort wo sie heute ist, einen guten Umfang hat. Die letzten fünf Jahre haben uns auf eindrückliche Weise gezeigt, dass zu viel und zu wenig sehr nahe beieinanderliegen.
Es braucht also gar keine neuen Produzenten?
Das ist jedem selber überlassen, er muss vor allem einen Abnehmer finden. Das schnelle Geld machen kann man mit Kartoffeln aber sicher nicht.
Gerade das letzte war ein schwieriges Jahr ...
Ja, nach einem überdurchschnittlichen Ertrag 2014 gab es letztes Jahr gegenüber einer Normalernte 30 Prozent oder rund 100'000 Tonnen weniger Ertrag. Auf unserem Betrieb sind wir dank Bewässerung mit einem blauen Auge davongekommen.
Der Klimawandel scheint Tatsache zu sein, hat der Kartoffelanbau überhaupt noch Zukunft in der Schweiz?
Der jetzige BLW-Direktor hat Anfang der 90er-Jahre prognostiziert, dass es, allerdings aus Marktgründen, in der Schweiz über kurz oder lang keinen Kartoffelanbau mehr geben werde. Ich stelle fest: Es gibt ihn immer noch, wenn auch mit etwas geringerem Umfang. Und wir machen weiter, auch mit grösseren Herausforderungen wie zum Beispiel dem Klimawandel. Dass wir im Unterschied zu anderen Ländern in der Regel genug Wasser haben, ist ein grosser Vorteil.
Haben wir dafür die richtigen Sorten in der Schweiz?
Ja, Auswahl und Qualität sind gut. Jedes Jahr werden x neue Sorten getestet. Das ist wichtig, weil eine Hauptsorte wie Agria zunehmend zu einem Problem wird, da sie Trockenheit schlecht erträgt. Eine Charlotte ist stark zurückgefahren worden. Umgekehrt kommen neue Speisesorten wie Erika, Alexandria und Venezia oder Verdi, Pirol und andere im Verarbeitungsbereich. Amandine von Migros und Celtinane von Coop verzeichnen ebenfalls konstantes Wachstum, aber die Bäume werden nicht in den Himmel wachsen.
Zur Politik. In unserer Zeitung hat sich letzte Woche ein Produzent über die Intransparenz in der Lagerhaltung beschwert. Betrachten Sie das als Problem?
Es gibt sicher ab und zu Ungereimtheiten, diese versucht man zu klären. Im Grossen und Ganzen basiert das System auf Vertrauen zwischen den Marktpartnern, und damit sind wir bis anhin recht gut gefahren.
Braucht es mehr Kontrolle, zum Beispiel Stichproben?
Wir haben das auch schon diskutiert. Das tönt zwar gut, aber die praktische Umsetzung ist punkto Ressourcen ein Ding der Unmöglichkeit, dazu fehlen uns Produzenten mit
einem Verbandsbudget von 180'000 Franken schlicht die Kapazitäten. Auch bei Swisspatat, der Branchenorganisation, kann man aus einem Misstrauen hinaus nicht zusätzliche Beiträge einziehen, um das zu finanzieren. Die Abweichungen, die man feststellen würde, stünden in keinem Verhältnis zum Aufwand. Ich hoffe schwer und gehe davon aus, dass diese Zahlen korrekt gemeldet werden, denn sie dienen auch als Basis für die Inlandleistung, die bis anhin herangezogen wird, um die Importkontingente zuzuteilen.
Offenbar muss man bei Zweifel importieren, weil das Inlandangebot zu knapp ist. Warum produzieren Sie nicht mehr?
Weil wie gesagt die angebaute Kartoffelfläche im langjährigen Schnitt ausreichend ist. Zweifel, die vorbildlich mit den Schweizer Bauern zusammenarbeitet und den Namen des Produzenten auf die Packung druckt, musste x Jahre nichts importieren, weil ihr Bedarf gut gedeckt war im Inland. Heuer ist sie in einer anderen Situation. Weil nicht einfach jede Kartoffelsorte zu Chips verarbeitet werden kann, ist sie auf Importe angewiesen, obwohl die Lager noch nicht leer sind. Hier gilt es auch zu betonen, dass gute Ware aus der EU in einem Mangeljahr nicht mehr wesentlich weniger kostet als unsere Kartoffeln.
Ein grosses Politikum sind die Importe von Frühkartoffeln. Braucht es die wirklich?
Scheinbar verlangt ein Teil der Konsumenten traditionellerweise nach neuen Kartoffeln an Ostern. Immerhin haben die Importeure Wort gehalten, dass sie bis dann prioritär die Schweizer Ware verkaufen wollen. Wenn diese kommt, ist aber oft das Problem, dass die Menge noch ungenügend ist, um den Markt ganz zu versorgen. Das Frühkartoffel-Meldesystem hat hier Verbesserungen gebracht.
Was hält der VSKP vom neuen Importregime, welches das BLW in seinem Verordnungspaket 2016 vorschlägt (s. Kasten)?
Wir sind ganz klar dagegen. Das gäbe eine riesige Herausforderung. Mit der Abschaffung der Inlandleistung, die durch eine Versteigerung ersetzt würde, steigen die Preise für die Importrechte deutlich. Bisher kosteten Kontingent und von der Branchenorganisation beschlossene Zusatzkontingente 6 Rappen pro Kilo. Bei einer Versteigerung käme ein Mehrfaches dazu. Diese Preissteigerung müssten schlussendlich wir Produzenten bezahlen, da müssen wir uns keine Illusionen machen. Im Weiteren hätte eine Versteigerung zur Folge, dass mit Sicherheit auch das letzte Kilo im Kontingent importiert würde, ob es der Markt benötigt oder nicht. Das war bisher nicht der Fall.
Wie ist die Position der Partner in der Branchenorganisation?
Wir sind in der Swisspatat geschlossen gegen die geplante Systemänderung, auch aufgrund früherer Erfahrungen der Fleischbranche. Weil man für Importe im Inland nichts mehr leisten muss, kämen neue Akteure auf den Markt, die unter Umständen mit der Kartoffelwirtschaft gar nichts zu tun haben. Man ist sich einig: Das würde zu einer Riesenunruhe führen. Schon heute ist es schwierig genug, die Interessen aller Beteiligten unter einen Hut zu bringen. Wir müssen dem BLW zeigen, dass sich der Markt verändert hat und dass es sehr wohl noch möglich ist, Importkontingent nach Inlandleistung zu vergeben.
Viel zu reden gibt immer noch der Rückbehalt von 5 Franken, der teilweise schon rückerstattet wurde, wie geht es da weiter?
Der Qualitäts-Fünfliber aus der Ernte 2015 sollte gemäss meinen Informationen auch von Terralog ausbezahlt werden, Fenaco hat bereits Ende letzten Jahres bezahlt, die spätere Auszahlung ist aber nicht
abmachungswidrig.
Wie weit sind die Preisverhandlungen für 2016 gediehen?
Wir konnten uns noch nicht einigen.
Wie ist der Stand mit den von Fenaco angeordneten Mindestliefermengen?
Auch ohne das Fenaco-Projekt ginge die Entwicklung in diese Richtung. Und die Umsetzung ist selbst in den Landis noch sehr unterschiedlich.
Interview Adrian Krebs
«Wir sind ganz klar dagegen»
Ruedi Fischer, Präsident der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten (VSKP), warnt vor einer Änderung des Importregimes.
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