Das Schweizer Ei hat im Laden einen sehr guten Preis im Vergleich zu seinem ausländischen Pendant. Der Absatz steigt kontinuierlich. Die Gesamt-Wertschöpfung ist so hoch wie bei kaum einem anderen landwirtschaftlichen Produkt. In der ganzen Diskussion um nachhaltige Ernährung zweifelt auch niemand am Ei aus der Schweiz.

Käfighaltung kritisiert

Anders war das in der Tierschutzkrise in den 80er-Jahren, als die Eierproduktion stark kritisiert wurde. Die Legehennenhaltung in Käfigen wurde der Tierquälerei bezichtigt. Medien und Tierschutzorganisationen thematisierten das Problem und brachten es aufs politische Parkett. In dieser misslichen Abseitsstellung blieb die Eierbranche dank geschickter PR und übersichtlicher Marktverhältnisse nicht lange.

Das Huhn als Symbol

1975 ging ein Aufschrei durch das Schweizer Volk. Tierversuche und Massentierhaltung standen am Pranger. Dabei waren es vor allem die Bilder von zerrupften Hühnern in engen Käfigen, die Anlass zur Empörung gaben. Die sogenannten Batteriehühner wurden zum Symbol für alle gequälten Tiere. Sogar ins Abstimmungsbüchlein von 1978 fand das Huhn Eingang – respektive die Illustration einer Tierfabrik. Nach dem Referendum einer Tierschutzorganisation kam das Tierschutzgesetz vors Volk, inklusive Käfighaltungs-Verbot. Die Schweizer Bevölkerung votierte  mit über 80 Prozent Zustimmung für die Revision. 

1981 trat das Gesetz mit der entsprechenden Verordnung in Kraft. Nach einer zehnjährigen Übergangsfrist kam das Gesetz 1992 definitiv zur Anwendung. Die Eierproduzenten hatten inzwischen die Batterien herausgerissen und durch neue, tierfreundliche Systeme ersetzt. So wurde die Schweiz unter öffentlicher Beobachtung das erste Land weltweit, das die Käfighaltung de facto verbot.

Verbot positiv genutzt

Interessant ist, wie der Verband Schweizerischer Geflügelhalter (VSGH, heute Gallo Suisse) nach dem Verbot vorging. Man steckte nicht etwa den Kopf in den Sand. Eine breit angelegte PR-Kampagne mit dem Motto «Schweizer Ei – dem Tier zuliebe» sorgte 1992 dafür, dass Herr und Frau Schweizer um den neuen Tierschutz-Standard wussten. 

«Dabei wurde dem Konsumenten bestätigt, dass er konsequent handle, wenn er nach dem Ja zum Tierschutz nun auch dem Schweizer Ei die Treue halte», wie Alois Mettler es beschreibt. Der Agrarberater war 30 Jahre lang Geschäftsführer des VSGH. Er ist noch heute an internationalen Konferenzen unterwegs und referiert über den schweizerischen Eiermarkt.

Hohe Produzentenpreise

An diesen Konferenzen werde immer wieder ungläubig gestaunt, so Alois Mettler, wenn er von der Lage in der Schweiz erzähle. «Die Schweizer Eier sind fast doppelt so teuer wie die Importeier und werden trotzdem von 80 Prozent der Konsumenten im Laden bevorzugt.» Christine Gaillet, Mediensprecherin bei der Migros, bestätigt, dass die Konsumenten lediglich zu einem Fünftel auf Importeier zurückgreifen. Vom Schweizer Anteil wird «rund die Hälfte des Absatzes noch mit Bodenhaltung-Eiern umgesetzt. Die andere Hälfte teilt sich in Freiland- und Bio-Eier auf. Jedoch ist eine deutliche Verschiebung von Bodenhaltung Richtung Freiland festzustellen. Und auch die Kundennachfrage nach Bio-Eiern steigt.» Bei Coop tönt es noch positiver: «Schaleneier stammen bei Coop zu knapp 95 Prozent aus der Schweiz. Rund zwei Drittel der bei Coop verkauften Eier stammen aus Freilandhaltung. Der Anteil Bio-Eier liegt bei über einem Drittel», informiert Andrea Bergmann, Coop-Mediensprecherin, auf Anfrage. Christine Gaillet und Andrea Bergmann begründen dies beide damit, dass Kunden nachhaltiger einkaufen würden.

Produzent und Handel

Für Alois Mettler ist das Bewusstsein der Konsumenten aber nicht der einzige Grund. Die Detailhändler sind an der Erhaltung des hohen Konsumentenpreises interessiert, weil ihre Marge dann auch höher ist. Der Produzentenpreis hat sich bei 22 bis 25 Rappen eingependelt. Bio-Produzenten kriegen gar 45,4 Rappen (Jahresdurchschnitt 2016 gemäss BLW-Marktbericht). Importeier indes kosten nur 14 Rappen. 

Der stabile Schweizer Markt ist für Alois Mettler aber auch das Ergebnis aus guter Zusammenarbeit zwischen Handel und Produzenten. Die Paritätische Kommission Eier trifft sich bis zu vier Mal im Jahr, um sich abzustimmen. Sie besteht aus fünf Vertretern aus dem Handel und gleichvielen Produzenten. Einige wesentliche Merkmale prägen den Eiermarkt:

Neubau nur mit Vertrag: Wer einen Legehennenstall neu baut, kriegt diesen nur bewilligt, wenn er einen Abnahmevertrag aufweist. So wird der Überproduktion vorgebeugt.

Nur fünf Player im Handel: Die Eico AG, Lüchinger und Schmid AG, Ei AG, F und F AG sowie die Hosberg AG für Bio-Eier teilen sich den Handel untereinander auf. 60% der Schweizer Schaleneier laufen über diese Handelsorganisationen. 40% über Direktvermarktung.

Grenzschutz nur bedingt: Als 1996 der Grenzschutz aufgehoben wurde, sanken auch die Produzentenpreise. Dieser Spirale setzte dann laut Alois Mettler der Eiereinkäufer von Coop, Ernst Seiler, Anfang der 2000er-Jahre ein Ende. Er kaufte nur von Handelsorganisationen, die einen Produzentenpreis von mindestens 24 Rappen garantierten. Das sorgte für eine Beruhigung im Markt. Weiter wurden für den internationalen Handel von der WTO Zollkontingente für Konsum- und Verarbeitungseier festgelegt. Diese Kontingente wurden jedoch nie ausgeschöpft. Vor allem bei den Konsumeiern (Schaleneiern) sind nur 60 Prozent von der möglichen Menge importiert. Dafür stieg der Anteil an Verarbeitungseiern aus dem Ausland kontinuierlich. Auch heute noch steht er bei 90 Prozent.

Saisonalität überbrückt: Für Weihnachten und Ostern hat die Paritätische Kommission Eier in den letzten Jahren ein Zusatzkontingent von 1000 Tonnen pro Jahr beantragt. So kann der erhöhte Bedarf gedeckt werden.

Präsentation im Handel

Für Jean Ulmann, Präsident von Gallo Suisse, trägt der Detailhandel auch mit der Verpackung und Deklaration viel dazu bei, dass Schweizer Eier bevorzugt gekauft werden. Und tatsächlich: In der Migros beispielsweise sind die Schweizer Eier in Kartonschachteln verpackt. Und sie sind gross angeschrieben als «Schweizer Eier» aus Bodenhaltung, Freilandhaltung oder Bio. Währenddessen liegen die Importeier in Plastikverpackungen – versehen mit dem M-Budget-Logo –, und die Herkunftsbezeichnung sucht man im Kleingedruckten. «Beim Filet ist die optische Trennung zwischen Fleisch von Schweizer und Argentinischer Herkunft viel geringer», so Jean Ulmann.

Christine Gaillet von der Migros will nicht darauf eingehen. Sie erklärt die unterschiedlichen Verpackungen damit, dass bei den Importeiern mit einem internationalen Verpackungsstandard gearbeitet werde. «Die Verpackungen der Importeier differenzieren sich zwar deutlich, jedoch werden diese nicht extra ‹unattraktiv› gestaltet. Es gibt durchaus Konsumenten, die eine Plastikverpackung schätzen.»

Sei es drum. Schweizer kaufen Schweizer Eier. Eine kleine Erfolgsgeschichte im landwirtschaftlichen Marktgefüge.

Nadine Baumgartner

Beitrag aus Printausgabe Nr.13