AboAgrotourismusCamping auf dem Bauernhof: Eine Nische mit PotenzialDienstag, 5. März 2024 Wer in einem Wohnmobil unterwegs ist, ist ein vergleichsweise unkomplizierter Gast: In der Regel wird für die Übernachtung lediglich ein Abstellplatz benötigt. Da rund um Landwirtschaftsbetriebe oft freie Flächen verfügbar sind, stieg in den letzten Jahren – auch im Zusammenhang mit der Coronapandemie – das Interesse an Stellplätzen auf Bauernhöfen.

Bewilligung nötig

Im Gegensatz zu Wohnwagen, die als Anhänger von einem Auto gezogen werden, sind Wohnmobile laut dem Touringclub Schweiz (TCS) heute fast immer autark. «Sie sind nicht auf Campingplätze mit deren Ausstattung (Strom, Waschgelegenheiten) angewiesen», ergänzt der TCS. Ausreichend grosse Batterien, je ein Frisch- und Abwassertank, eine Kassettentoilette sowie Wasch-/Dusch- und Kochmöglichkeiten sollen die Reisenden mit ihren Fahrzeugen unabhängig machen. Engagierte Wohnmobilfahrer(innen) sind hierzulande im Verband Wohnmobilland Schweiz organisiert. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, bestehende Vorurteile mit einem transparenten und sauberen Reisemobil-Tourismus abzubauen, und setzt sich ausserdem für mehr rechtlich wasserdichte Stellplätze ein.

Als unkomplizierter Zusatzverdienst scheinen Stellplätze attraktiv. Aber, «das Wichtigste ist eine ordentliche Bewilligung», betont Rolf Järmann, Geschäftsführer von Wohnmobilland Schweiz. Die Regeln für das Anbieten von Stellplätzen unterscheiden sich je nach Kanton und «nicht alle Landwirtschaftsbetriebe können die entsprechenden Anforderungen erfüllen», so Järmann. Das vorübergehende Parkieren und Zelten ohne Bezug zum Betrieb dürfe nur gratis und im privaten Rahmen stattfinden, heisst es auch bei Agrotourismus Schweiz, und weiter: «Das Anbieten von Stellplätzen in der Landwirtschaftszone gegen Entschädigung ist eine gewerbliche Tätigkeit und daher bewilligungspflichtig.» Es handelt sich dabei um einen nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieb nach Artikel 24b des Raumplanungsgesetzes.

«Plätze exklusiv für eine Partei sind beliebt.»

Lisa Eberhard, Nomady, über die Vorlieben der reisenden Kundschaft.

Wegen unterschiedlicher Auslegung des Raumplanungsgesetzes ist es in jedem Fall ratsam, nachzufragen oder kantonale Merkblätter zu konsultieren. Gewisse Kantone kennen Ausnahmen von der Bewilligungspflicht für befristete und kleine Stellplatzangebote. Sie wurden zum Teil als Reaktion auf die plötzliche, grosse Nachfrage nach Stellplätzen in der Coronapandemie eingeführt. Kantonale Ausnahmen für Kleinstbauten und -anlagen sind gemäss einem Informationsschreiben des Kantons Bern möglich, wenn durch das fragliche Vorhaben keine nennenswerten Einflüsse auf Raum, Erschliessung und Umwelt zu erwarten sind. So hat z. B. der Kanton Bern 2023 mitgeteilt, dass es für einen Stellplatz auf bestehendem Hofareal ohne zusätzliche Bauten und für die ausschliessliche Nutzung während der Sommersaison keine Baubewilligung brauche.

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Von klein bis gross

Sind die rechtlichen Fragen geklärt, folgt der zweite Schritt – das Angebot muss sichtbar werden. Es sind mehrere Online-Plattformen entstanden, die sich in Handhabung und Grösse unterscheiden (siehe Kästen, die Informationen beruhen auf Angaben der Plattformbetreiber). Manche wie Stellplatz.info stellen ein umfassendes Verzeichnis mit Stellplätzen in mehreren Ländern, während sich z. B. das von zwei Privatpersonen geführte Landcamp auf bäuerliche Anbieter beschränkt. Viele Plattformbetreiber beraten Interessierte auch bzw. haben Infomaterial online aufgeschaltet.

Regeln klarstellen

Neben den Hinweisen auf die Bewilligungspflicht rät Roland Bamberger von Stellplatz.info dazu, die Regeln auf dem Betrieb sehr konkret zu kommunizieren. «Gerade bei Bauernhöfen gehen viele Gäste davon aus, sich sehr frei bewegen zu können», gibt er zu bedenken. Ein entsprechendes Beispiel für eine Stellplatzordnung ist bei Wohnmobilland Schweiz zu finden (siehe Link unten). Am besten fange man mit einem kleinen Angebot ohne bauliche Veränderungen an, sagen Marco Schnell und Katrin Müntener von Landcamp. «Den Bogen nicht überspannen und den Behörden oder Nachbarn zuerst zeigen, dass solche Stellplätze eine Win-win-Situation für alle Beteiligten sind», führen sie aus. Argumente seien etwa die lokale Wertschöpfung oder dass Stellplätze eine geregelte und betreute Alternative zum Wildcampen seien. Damit diese Argumentation auch greift, ist der Umgang mit Abfällen klar zu regeln – inklusive Abwasser. Mehrere kantonale Merkblätter weisen hierbei darauf hin, dass chemische Toiletten nicht in Güllegruben entleert werden dürfen.

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Angemessene Preise

Stellplatzbesucher sind oft an der Ruhe abseits grosser Campingplätze interessiert. «Unserer Erfahrung nach sind Plätze exklusiv für eine Partei mit Feuerstelle und Toilette extrem beliebt», bestätigt Lisa Eberhard von Nomady. Der Preis für einen Stellplatz sollte denn auch höher liegen als die Preise auf einem Campingplatz, ergänzt Andreas Allenspach, Geschäftsführer von Agrotourismus Schweiz. «Auf dem Bauernhof bietet sich ein hoher Erlebniswert mit Natur und Tieren und der Standort ist nicht überfüllt», erklärt er. Agrotourismus sei ein wichtiger Nebenerwerb für die Landwirtschaft und beeinflusse deren Image – «daher keinen Billigtourismus und kein wildes Campieren fördern», betont Agrotourismus Schweiz. Der Verein empfiehlt für Wohnmobil-Stellplätze Fr. 35–50.– pro Nacht als Richtpreis, der allerdings je nach Ausstattung und zusätzlichen Angeboten erhöht werden solle.

Beispiel für eine Stellplatzordnung:www.womoland.ch/agro


Landcamp: Nur auf Bauernhöfen

Betreiber: Karin Müntener und Marco Schnell privat (selber Camper und viele Bauern in der Verwandtschaft).

Buchung und Verrechnung: Direkt via Gastgeber.

Kosten: Registration eines Stellplatzes ist kostenlos.

Gebühren: Erstes Betriebsjahr (Probeabo) kostenlos, danach 190 Franken pro Jahr.

Inserat: Landcamp erstellt «Betriebssteckbrief» (gratis).

Preis: Vom Gastgeber definiert.

Dauer: Inserat bleibt, solange die Mitgliedschaft dauert (jährlich kündbar).

Beratung: Wird angeboten und werde oft durchgeführt.

Zahlen: Gut 40 registrierte Gastgeber-Höfe.

Einzigartig: Keine Buchung oder Abrechnung über Dritte. Kurzfristiger Entscheid über Verfügbarkeit der Stellplätze durch Gastgeber möglich (z. B. wegen mangelnder Zeit, Mähwetter, Geburt eines Kalbes usw.). Diese Freiheit werde sehr geschätzt.

Website von Landcamp: www.landcamp.ch


Womoland: Von Reisenden

Betreiber: Verein Wohnmobilland Schweiz, «von Wohnmobilisten für Wohnmobilisten».

Buchung und Verrechnung: Keine Abrechnung via Plattform.

Kosten: Kostenlose Registrierung von Stellplätzen.

Gebühren: Keine.

Inserat: Entweder erstellt durch Gastgeber oder auf Wunsch durch den Verein.

Preis: Freie Preisgestaltung.

Dauer: Inserat bleibt bestehen, solange es den Stellplatz gibt.

Beratung: «Ja, die Beratung von Gemeinden und Stellplatzbetreibenden ist unsere wichtigste Aufgabe».

Zahlen: 412 offizielle Schweizer Stellplätze, davon 88 auf Landwirtschaftsbetrieben.

Einzigartig: «Wir sind eine Non-Profit-Organisation und müssen mit den Stellplätzen kein Geld verdienen», sagt Geschäftsführer Rolf Järmann. Keine Möglichkeit, eine bessere Platzierung zu erkaufen. Nur offizielle Schweizer Stellplätze, die öffentlich und ohne obligatorische Mitgliedschaften besuchbar sind. Scouts besuchen die Plätze vor Ort und kontrollieren die Angaben der Anbieter. «Wir haben also keine Fake-Plätze und ganz sicher auch keine, die verboten sind.»

Website des Vereins: www.womoland.ch


Stellplatz.info: Europaweit

Betreiber: Camping.info GmbH mit Sitz in Berlin (D).

Buchung und Verrechnung: Camper reserviert in der Regel (per E-Mail) direkt beim Hof.

Kosten: Basis-Version ist kostenlos, werbefreie und kostenlose Listung für 390 Euro pro Jahr.

Gebühren: Nur der erwähnte Premium-Eintrag kostet, Kontaktvermittlung ohne Kosten.

Inserat: Wird vom Gastgeber selbst erstellt.

Preis: Der Gastgeber legt den Preis für den Stellplatz fest.

Dauer: Basis-Eintrag unbefristet, Premium 1 Jahr.

Beratung: Kostenloses Beratungsgespräch (30 Minuten) auf bauernhofurlaub.infobuchbar.

Zahlen: Europaweit 17 000 Stellplätze, 750 gesichert auf Landwirtschaftsbetrieben.

Einzigartig: Keine Provisionen, keine Gebühren, kostenloser Eintrag möglich.

Website von Stellplatz.info: www.stellplatz.info


Nomady: Alles übernommen

Betreiber: Nomady ist eine Schweizer Firma mit Sitz in Einsiedeln SZ.

Buchung und Verrechnung: Ganzer Buchungsprozess läuft online über die Plattform. Bezahlung direkt bei der Buchung mit Kreditkarte, der Betrag geht auf das Konto des Gastgebers.

Kosten: Inserieren ist kostenlos.

Gebühren: Je nach Höhe des Buchungsbetrags zwischen 10 und 15 Prozent Servicegebühren für Gastgebende und Reisende.

Inserat: Gastgeber erstellt sein Angebot selbst.

Preis: Gastgeber legt den Preis fest.

Dauer: Inserat unbefristet, kann aber vom Gastgeber jederzeit deaktiviert oder gelöscht werden.

Zahlen: Aktuell rund 1200 Angebote (D, A, CH, I), davon etwa 450 Angebote in der Schweiz und hiervon ein «Grossteil» auf Landwirtschaftsbetrieben.

Beratung: Per Telefon rund um die Nutzung der Plattform Nomady und zu allgemeinen Fragen zum Thema «Gastgeber werden».

Einzigartig: Persönliche Beratung und Beziehung zu den Gastgebern, Nomady übernimmt ganze Administration und Vermarktung, Kurtaxenabrechnung via Nomady zum Herunterladen verfügbar, ganzer Buchungsprozess digital, Angebot eines professionellen Camp-Shootings.

Website von Nomady: www.nomady.camp