Es ist Winter. So viel Schnee kurz vor Weihnachten hatten wir schon lange nicht mehr, die Landschaft präsentiert sich in einer wunderschönen weissen Pracht. Der Sternenhimmel lässt kaum noch Wünsche übrig. Ich habe gerade meine 70 Pferde gefüttert und gehe nun zurück in den Saloon, um Frühstück für meine Gäste vorzubereiten.

Eigentlich wollte ich diese Arena schon vor ein paar Tagen schreiben, wusste aber nicht wie anfangen. Und wie es halt so ist, bin ich wieder mal auf dem letzten Drücker. Meine «Lieblingsämter» in Chur habe ich in diesem Jahr schon alle mindestens einmal kritisiert, also kann ich das nicht schon wieder bringen, und irgendwie passt das auch nicht wirklich zu den Festtagen. Gestern habe ich darum meine kreative Kollegin gefragt, was ich schreiben könnte – sie hatte aber auch keinen Vorschlag. Meinen 11-jährigen Sohn habe ich ebenfalls gefragt und er hat gemeint, mach doch einfach ein bisschen Schleichwerbung für San Jon.

Ganzjahresangebot - und jetzt?

Wow, habe ich gedacht, er versteht etwas von Business. Richtige Werbung wollen ja die Zeitungen nicht und so schwierig ist es nun auch wieder nicht, San Jon in der jetzigen Kolumne einzubauen. Schliesslich stehen wir kurz vor der heiligen Zeit und San Jon heisst auf Deutsch übersetzt Heiliger Johann. Und da mein Thema Agrotourismus ist, passt es ja erst recht. Ich zumindest erachte unseren Betrieb als ein wunderschönes Beispiel von Agrotourismus. 70 Pferde, 40 Hektaren Landwirtschaftsland sowie eine Gastronomie und eine kleine Pension. Bereits 1907 sagte der Unterengadiner Gudench Barblan so schön: «Unsere Bauern sollen nicht bei jeder Gelegenheit über den Fremdenverkehr schimpfen und ihn für alles verantwortlich machen wollen. Diejenigen, die am Fremdenverkehr nicht profitiert haben, haben nicht verstanden, sich zu drehen und zu wenden. Dies muss auch der Bauer lernen; dann wird er noch lange der glücklichste aller Menschen sein.»

Das war der Start des Agrotourismus. Nun, alle sehen das leider nicht so. Vor wenigen Wochen habe ich vom Bundesamt für Landwirtschaft in Bern die Mitteilung erhalten, dass San Jon aufgrund des Ganzjahresangebotes für den Tourismus nicht zum Agrotourismus zählt. Ja, was soll denn das? Sollen wir unsere Pferde, welche für den Tourismus schwer arbeiten, im Winter einfrieren, damit die Beamten aus der Hauptstadt uns zum Agrotourismus zählen? Oder bin ich dann nicht mehr Landwirt? Und wieso soll auf einmal Agrotourismus nur im Sommer möglich sein? Überall sucht man auf Biegen und Brechen den Ganzjahrestourismus, nur in der Landwirtschaft ist dies scheinbar nicht erwünscht.

Keine Weihnachtsstimmung bis jetzt

AboGastbeitragHirsch kann Spuren von Tiroler Alpengras enthaltenDonnerstag, 28. September 2023 Irgendwie ticken nicht alle gleich – oder zumindest ich ticke anders … Vielleicht brauchen die Beamten in Bern mal ein Lehrbuch «Agrotouristisch für Beamte». Wir Rätoromanen mussten auch in der vierten Klasse mit dem Buch «Deutsch für Ausländer» arbeiten und wir verstehen nun recht gut Deutsch. Aber basta, das genügt für heute – jetzt lasse ich mal die Beamten in Ruhe in die Weihnachtsferien gehen. Apropos Weihnachten, irgendwie kommt heuer die Weihnachtsstimmung trotz oder eben genau wegen des Schnees nicht wirklich auf. Ich zumindest vermisse das Jammern der Skigebiete zum fehlenden Schnee oder die Demonstrationen der Klimakleber wegen der Klimaerwärmung.

Liebe Leserinnen und Leser – ich wünsche Ihnen allen eine schöne, erholsame Weihnachtszeit und ein gutes Jahresende! Und falls jemand die schöne, weisse Pracht des Engadins geniessen will: Einfach bei Google Heiliger Johann auf Rätoromanisch eingeben, oder in Beamtensprache www.sanjon.ch – und schon sehen Sie, wo’s schön ist …

Zur Person
Reto Rauch aus Sent GR ist Ingenieur Agronom und SVP-Kantonsrat. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.