Es ist noch dunkel in der Küche. Allein sitzt Christine Bleuler am Küchentisch und trinkt ihren Kaffee. Zu ruhig ist es im Haus, allein und einsam fühlt sie sich. Ihre zwei Kinder sind in den nächsten Tagen auf dem Hof bei ihrem Vater.

Im Dorf geblieben

Seit ihrer Scheidung im Jahr 2021 geht es Christine Bleuler häufiger so. Acht Jahre lang war sie mit einem Landwirt verheiratet gewesen. Statt auf dem Bauernhof ausserhalb von Schleitheim SH wohnt sie nun mitten im Dorf in einem Haus mit Garten. «Ich bin im Dorf geblieben, damit sich für die Kinder möglichst wenig ändert. Für sie ist es so am besten, für mich dafür schwierig», erzählt sie. Die Kinder leben unter der gemeinsamen elterlichen Obhut. Wenn die beiden grösser sind, können sie ihre Eltern jeweils mit dem Velo besuchen. Dass deren Freunde gleich um die Ecke wohnen, macht die Situation auch einfacher.

Lastwagen-Fahren lüftet den Kopf

[IMG 3]So langsam gewöhnt sich die ehemalige Bäuerin an das neue Leben. Der Bauernhof war für sie ein Lebenstraum, besonders die Arbeit mit den Tieren. «Dem Hof habe ich lange nachgetrauert», sagt Christine Bleuler rückblickend. Die gelernte Lastwagenmechanikerin fuhr gerne mit grossen Maschinen, und ihr war es wichtig, ihren LKW-Fahrausweis immer à jour zu haben.

Heute profitiert sie von dieser Leidenschaft und arbeitet zwei Tage die Woche als Lastwagenfahrerin. Das Fahren hilft ihr, den Kopf zu lüften. «Meine Kraft und Gesundheit auf einem guten Level zu halten, ist bis heute nicht immer einfach», sagt die ehemalige Bäuerin. Denn nur wenn es ihr gut geht, gehe es auch den Kindern gut. Davon ist sie überzeugt.

Alles auf Anfang

Mit der Trennung musste Christine Bleuler komplett bei null anfangen. Sei es bei der Wohnungssuche, Möbel kaufen, Küche einrichten. Sie musste eine Stelle suchen. Dann war da auch der Freundeskreis. Die Situation war für die gemeinsamen Freunde nicht einfach und nicht alle Freundschaften hielten dieser stand. Es seien aber auch gute Freunde hinzugekommen, die ihr viel Halt gäben, sagt sie.

«Holt euch professionelle Hilfe.»

Christine Bleuler rät betroffenen Frauen, nicht alles allein durchzustehen.

Über vielen Sachen kann sie sich wieder freuen. Ihr junges Pferd beansprucht viel Zeit. Im Stall, wo es steht, hilft sie viel mit und bewegt auch andere Pferde. Gerade an den Wochenenden, an welchen die Kinder nicht da sind, ist dies eine schöne und unentbehrliche Abwechslung. Neu hält sie drei handzahme Hühner im Garten. So hat sie etwas Landwirtschaft um sich herum.

«Holt euch Hilfe»

Ihr Rat an andere in ähnlicher Situation: «Holt euch professionelle Hilfe, auch psychologisch!» Christine Bleulers Scheidung lief dank vorhergehender Massnahmen unkompliziert ab. Sie hatte genaue Notizen, welche Investitionen sie mit ihrem in die Ehe eingebrachte Vermögen mitfinanziert hatte. Diese und der gemeinsame Anwalt trugen zu einer mehrheitlich einvernehmlichen Lösung bei.

Hilfe holen, aber wo?

Die hohe Scheidungsrate in der Schweiz macht auch vor den Landwirtschaftsbetrieben keinen Halt, wie MLaw Petra Lanz, Rechtsanwältin, feststellt.

Zur Person
Rechtsanwältin Petra Lanz gehört zum Fachpersonen-Team des SBLV.  
Ihre Themenschwerpunkte sowie Kontaktdaten sind unter www.landfrauen.ch ersichtlich.

[IMG 2]Natürlich rechnet niemand am Hochzeitstag mit einer Scheidung. Trotzdem wäre es in den meisten Fällen sinnvoll, einen Ehevertrag aufzusetzen. Unerlässlich ist es, zu dokumentieren, wer welche Vermögenswerte in die Ehe eingebracht hat und ob jemand allenfalls Schenkungen oder Erbschaften erhalten hat. Bei Landwirtschaftsbetrieben ist es insbesondere wichtig, die grösseren Investitionen in Bezug auf den Betrieb schriftlich festzuhalten und aufzuschreiben, aus welchen Mitteln diese finanziert wurden (z. B. durch eine Hypothek). Dies kann auch nachträglich während der Ehe mittels eines Notars geschehen.

«Wichtiges in guten Zeiten regeln.»

Für den Fall einer Trennung vorzusorgen, helfe ungemein, sagt Anwältin Petra Lanz.

Lohn auszahlen

Ein grundlegendes Thema ist die Auszahlung eines effektiven Lohnes an die Bauersfrau, sofern sie auf dem Betrieb mitarbeitet. Folglich ist die Bäuerin bei der Altersvorsorge abgesichert. «Die monatliche Auszahlung ist auf einigen Betrieben nicht immer möglich, aber diese Gelder können von der Bäuerin rückwirkend geltend gemacht werden», sagt die Rechtsanwältin. Bei einer Scheidung hat die Frau ein Recht auf diese Forderungen.

Ein wichtiger Faktor ist hierbei oftmals, ob der Landwirtschaftsbetrieb in der Lage ist, die Ansprüche der Bäuerin auszubezahlen und der Betrieb danach noch wirtschaftlich ist. «Meist wissen die Bäuerinnen über die wirtschaftliche Lage des Betriebes Bescheid. Auch, dass viele der Betriebsgelder gebunden sind.»

Investitionen dokumentieren

Festhalten sollten die Eheleute die gemeinsamen Investitionen in den Betrieb. Wurde während der Ehe ein neuer Stall gebaut? Wurden neue Maschinen gekauft? Eine gute Idee wäre es, dies immer Ende Jahr auf einer Liste zu erfassen. Die Aufbewahrung der Rechnungen wäre aber schon völlig ausreichend. Bei einer Scheidung hat die Frau ein Anrecht auf einen Anteil an den getätigten Investitionen.

Anwalt kann Ruhe in Situaton bringen

Wenn eine Scheidung unumgänglich ist, bringt ein gemeinsamer Anwalt Ruhe in die Situation. Bei Kindern sollten die Eltern versuchen, sich bei wichtigen Themen wie Schule, Gesundheit und Ausbildung auszutauschen.

Manchmal sind getrennte Wege besser, als unglücklich zusammen zu bleiben. Ein guter Tipp von Rechtsanwältin Petra Lanz: Wichtige Angelegenheiten in guten Zeiten regeln hilft ungemein in schwierigen Situationen.