Im Parlament in Bern ist Halbzeit der Legislatur. Diana Gutjahr und Martina Munz, zwei Nationalrätinnen, ziehen Bilanz und sprechen über das, was ihnen wichtig ist.

Was waren die wichtigsten Themen im Nationalrat in den letzten zwei Jahren?

Diana Gutjahr: Unter dem Aspekt von Covid gingen für die wichtigen Themen, wie die Altersvorsorge, zwei Jahre verloren. Um Covid ist ein Kampf der willkürlichen Politik entstanden. Die Bevölkerung merkte dabei, sie muss mitpolitisieren, sonst wird über sie bestimmt.

Martina Munz: Die Energiepolitik, die EU-Politik, der Klimawandel, die Biodiversitätskrise und die Ökologisierung der Landwirtschaft sind wichtige Themen. Doch die letzten zwei Jahre waren geprägt von der Corona-Krise. Dann stellte der Ukraine-Krieg alles auf den Kopf. Der Vertragsabbruch mit der EU war ein weiterer Schock mit negativen Folgen für unseren Forschungs- und Innovationsstandort.

Mit was für Erwartungen gingen Sie in die neue Legislaturperiode?

Diana Gutjahr: Damals gab ich ein Statement: Ich glaubte, dass es die bürgerliche Politik schwer haben wird, der linke Block wurde grösser. Dies hat sich bewahrheitet. Mir ist es wichtig, Sachpolitik zu betreiben, um einen Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Schweiz zu leisten.

Martina Munz: Das Parlament war neu zusammengesetzt: mehr Frauen und eine deutliche Verjüngung. Ich hoffte auf weniger verhockte und konservativ geprägte Debatten. Das hat sich im Nationalrat weitergehend bestätigt.

Was ist Ihre Bilanz jetzt bei Halbzeit?

Diana Gutjahr: Für mich ist wichtig, weniger Staat, mehr Eigenverantwortung. Von dieser Forderung kommen wir immer mehr ab. Covid zeigte das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Wie wir bereit waren, Geld auszugeben, müssen wir auch bereit sein, zu sparen. Schlussendlich müssen wir all die Covid-Ausgaben bezahlen. Man hat die Solidarität sehr hochgehalten, jetzt gilt es, den Gürtel überall enger zu schnallen.

Martina Munz: Die äusseren Ereignisse haben den Ratsbetrieb stark geprägt, insbesondere die Corona-Krise. Es ist uns gelungen, mit Kurzarbeit die Leute an den Arbeitsplätzen zu behalten. So konnte die Wirtschaft rasch wieder hochgefahren werden. Die Schulen mussten nur für kurze Zeit geschlossen werden. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir die Krise gut gemeistert.

Machen Frauen anders Politik als Männer?

Diana Gutjahr: Es ist nicht das Geschlecht entscheidend, sondern der persönliche Erfahrungsrucksack, der die politische Haltung formt. Jeder Mensch hat zudem Vor- und Nachteile, andere Begabungen, andere Präferenzen. Die Erfahrung zeigt: geschlechterdurchmischte Gruppen haben mehr und andere Ideen und ergänzen sich perfekt. Ein «Frau gegen Mann» kommt deshalb für mich nicht in Frage.

Martina Munz: Es ist schon eine andere Diskussionskultur, wenn es mehr Frauen in den Kommissionen hat. Frauen politisieren in der Regel sachbezogener und sind weniger Macht-orientiert. Für eine kurze Zeit gab es eine Mehrheit von Frauen im Bundesrat, damals wurde die Energiewende eingeläutet mit dem AKW-Ausstieg.

Was hat die Frauensession letzten Herbst bewirkt?

Diana Gutjahr: Aus meiner Sicht hat sie nichts bewirkt. Im Gegenteil, es machte eher den Anschein, dass wir Frauen nicht gehört werden und deshalb eine Frauensession durchführen müssen. Das stimmt einfach nicht. Stärken wir uns nicht mit Worten, sondern mit Taten. Jede Frau soll fünf Frauen unterstützen. Damit wäre allen mehr geholfen.

Martina Munz: In der Schweiz ist die Gleichstellung der Frauen noch lange nicht erreicht. Der Frauenstreik und die Frauensession zeigten, die grosse Unzufriedenheit über alle Parteien und Alterskategorien hinweg. Die Solidarität der Frauen war gross. Gerade für die Bäuerinnen hat das viel bewirkt. Vor wenigen Jahren hätten wir noch keine Mehrheit gehabt, dass Frauen in der Landwirtschaft sozial richtig abgesichert sein müssen.

Welche landwirtschaftlichen Themen sind Ihnen wichtig?

Diana Gutjahr:Die Pandemie und die Ukraine-Krise zeigen, dass der Selbstversorgungsgrad enorm wichtig ist. Wir müssen unsere Abhängigkeit vom Ausland im Auge behalten und eine Agrarpolitik betreiben, die die Bauern unterstützt, die Selbstversorgung sichern und steigern, die produzierende Landwirtschaft stärken und marktgerechter produzieren, was der Konsument kauft.

Martina Munz: Die Ökologisierung der Landwirtschaft hat oberste Priorität. Ohne Bodenfruchtbarkeit und Vielfalt der ganzen Natur, werden wir nicht mehr diese Erträge erwirtschaften können. Sauberes Trinkwasser ist unsere Lebensgrundlage, die es zu schützen gilt. Die Bauern müssen aber ihre Qualitätsprodukte auch fair entschädigt bekommen.

Welche Themen stehen in der zweiten Halbzeit im Fokus?

Diana Gutjahr: Wir müssen die Altersvorsorge für die Zukunft reformieren, eine sichere Energieversorgung für die Bevölkerung garantieren, die Armee stärken und Unternehmungen von unnötigen Bürokratien entlasten.

Martina Munz: Oberste Priorität haben die Energiewende und die Normalisierung unserer Beziehung mit der EU. Der Fachkräftemangel müssen wir rasch angehen. Dafür brauchen wir gute und bezahlbare Kitas. Mit der drohenden Inflation und den steigenden Gesundheitskosten müssen wir die Kaufkraft stärken, damit nicht immer mehr Menschen von Armut betroffen sind.