Nach einer steilen Anfahrt auf dem Schotterweg gelangt man auf den Haselhof der Familie Henz. Der fulminante Ausblick auf die Jurakette und das Dorf Bärschwil im Kanton Solothurn entschädigt den letzten Anstieg mit dem Campervan. «Es kommt schon vor, dass wir den Camper unserer Gäste mit dem Traktor hochziehen müssen», sagt Corinne Henz schmunzelnd. Die gelernte Dentalassistentin und Kosmetikerin ist die Managerin des Hofes. Für die seit Frühjahr 2021 betriebenen drei Campingstellplätze hat sie sich stark gemacht. Auch das kleine Hoflädeli, welches sie während der Corona-Zeit aufbaute, ist unter ihrer Hand. «Hier finden unsere Gäste alles, was sie für ihren schönen Aufenthalt bei uns benötigen.» 

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Hof in dritter Generation

Ihr Mann Andreas und sie haben den Hof im Januar 2012 in dritter Generation übernommen. Er kümmert sich zusammen mit seinem Bruder Samuel u. a. um die 72 Rinder auf dem Hof. «Unsere Kühe müssen robust und bergtauglich sein, um zu der bis zu 1 km entfernten Weide zu gelangen.» Deshalb habe sich die Familie für die Milchrasse Brown Swiss entschieden. 

In ihrem Hofladen verkaufen Familie Henz einen Teil des Fleisches. Die Tiere töten sie seit März 2022 auf dem Betrieb. «Es war uns eine Herzensangelegenheit, dass sie es bis zum letzten Tag schön und gut bei uns haben», betont Corinne Henz. 

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Bewilligung für Hoftötung schnell erhalten

«Das Tier soll in seiner vertrauten Umgebung mit seinen vertrauten Menschen seinen letzten Weg 100 % stressfrei gehen. Daher haben wir uns für die Hoftötung entschieden.» Seit 2020 ist die Hoftötung mit der entsprechenden Bewilligung schweizweit erlaubt.

«Corinne war diejenige, die sich mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt und es ins Rollen gebracht hat», blickt Andreas Henz zurück. «Unsere Tiere verbringen ihr gesamtes Leben hauptsächlich auf der Weide. Wie muss es für sie sein, wenn sie dann das erste Mal in einen Viehtransporter steigen müssen? Diese Situation war für uns ausschlaggebend.»

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Henz beauftragten Mischa Hofer von der Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH im bernischen Lützelflüh die zukünftige Hoftötung vorzunehmen – Hofer war der erste, der es in der Schweiz professionell durchführte, heute werden mehr als 300 Rinderartige pro Jahr durch ihn getötet. 

Eine Bewilligung zu bekommen, war nicht schwer, wie Andreas sagt. «Mischa hat uns geholfen diese in die Wege zu leiten – mit dem zirka 15-seitigen Gesuch keine leichte Aufgabe», ist er dankbar. 

Innerhalb von 45 min beim Metzger

Die erste Hoftötung wurde im März vollzogen, die zweite im April. Anfang Juni ist die dritte geplant. Henz melden die Hoftötung jeweils bei Mischa Hofer zwei bis drei Wochen vorher an. Eine Woche davor holen sie die benötigte Plattform ab – beim Bauern, der diese zuletzt gebraucht hat. «Auf dieser Plattform wird der Bolzenschuss während der letzten Mahlzeit ausgeführt. Das Kalb soll sich an diese schon gewöhnen können, bis es so weit ist», begründet der Betriebsleiter. Nach dem Bolzenschuss wird die Plattform mit dem Kalb in die mobile Schlachteinheit von Mischa Hofer gezogen, wo es dann ausblutet – während der gesamten Prozedur (etwa zehn Minuten) ist der Veterinärmediziner anwesend. Hofer fährt das Kalb anschliessend zur Metzgerei im solothurnischen Büsserach – nur unweit vom Haselhof entfernt. Dort wird es für drei Wochen im Kühlraum gelagert. «So verliert das Fleisch Feuchtigkeit und Gewicht, wird damit aber auch zarter», sagt Andreas. Ihr Metzger Markus Bärtschi aus Laufen im Kanton Baselland zerkleinert und packt es ab. Die Mischpakete werden anschliessend von Henz an die Kunden geliefert. 

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«Ab dem Bolzenschuss ist die Zeit begrenzt. Das tote Tier muss innerhalb von 45 Minuten beim Schlachthof sein. Interessierte Bauern haben vielleicht nicht die Möglichkeit ihr Vieh innerhalb der vorgeschriebenen Zeit zum Metzger zu bringen, weshalb sie sich gegen die Hoftötung entscheiden. Aber man will das wohl ändern und auf zwei Stunden hoch setzen. Mich würde aber die Erklärung wundern. Denn je länger die Innereien drin bleiben, desto grösser die Gefahr, dass Bakterien diese verderben», konstatiert Andreas Henz.

Kunden zahlen gerne den höheren Preis

Wie geht man mit den höheren Kosten um? «Die Kosten waren immer ein Knackpunkt. Aber das nehmen wir in Kauf zum Wohl unserer Tiere», sagt Andreas Henz. Sie zahlen pro Tötung etwa 470 Franken inkl. Plattformmiete an die Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH. Der Preis für das Veterinäramt bleibt gleich wie bei der konventionellen Schlachtung. Gesetzlich verlangt werden fünf Hoftötungen pro Jahr, die das Veterinäramt begleitet.

«99 % unserer Kundschaft ist uns treu geblieben, trotz höherem Preis.»

Andreas Henz über die Preiserhöhung infolge der Hoftötung.

Ihre Kundschaft informierten Familie Henz zuvor, erklärten ihr Vorhaben und fragten, ob sie einverstanden wären mit einer Preiserhöhung. «99 Prozent unserer Kundschaft hat zugesagt. Ich war positiv überrascht», sagt Andreas Henz zufrieden, denn mit diesem Resultat habe er nicht gerechnet. «Ich hingegen schon», wirft Corinne Henz freudig ein.    

Mit dem mühsamen Kantönligeist zu kämpfen

Während die Bewilligung zur Hoftötung schnell erteilt war, musste Corinne Henz ein langes, herausforderndes Prozedere zur Bewilligung der Campingstellplätze durchmachen. «Der Schweizer Bauernverband hat viel Werbung für Agrotourismus gemacht. Das war für uns der ausschlaggebende Punkt, da mit einzusteigen» Vom SBV haben sie Hilfe erwartet – vergebens wie sie feststellen mussten. 

«Der Stellplatz wurde vom Baupräsidium von der Gemeinde Bärschwil abgenommen. Daraufhin hiess es, wir müssten ein Baugesuch beim Kanton einreichen. Unter anderem gab es eine neue Berechnung der Güllegrube, ein Businessplan musste erstellt und eine Alkoholbewilligung eingeholt werden. Obwohl auf diesem Hof seit 1986 Schnaps versteuert und verkauft wird», blickt Corinne Henz zurück und setzt fort: «Leider wurde die ganze Angelegenheit vom Papier aus beurteilt, obwohl ich ein persönliches Gespräch vor Ort gewünscht hätte. Hätte ich das von Anfang an gewusst, hätte ich mir die Mühe erspart», bedauert sie. Als dann schliesslich die Verfügung erteilt wurde, musste Corinne Henz eine Bewilligung für den Hofladen vorweisen. «Wäre schön, wenn alle gleichbehandelt würden», beschwert sie sich über die kantonal unterschiedliche Regelung. Auf sie kam viel Papierkram zu, sie musste zudem Steuernachweise der letzten drei Jahre sowie die letzten drei Betriebsbilanzen einreichen. Die Gemeinde schien mit dem Thema überfordert zu sein. 

Trotz Herausforderung immer etwas Gutes abgewinnen

Die Bewilligung haben sie letztendlich vom Kanton erteilt bekommen. Rückblickend können Corinne und Andreas Henz dennoch dem Ganzen etwas Positives abgewinnen: «Wir haben viel dazu lernen können», sagt Andreas Henz. «Die Kundschaft ist zufrieden, das macht uns glücklich. Auch ist das zweite Standbein eine Bereicherung für uns, da wir hier oben sonst so wenig Kontakt haben», reflektiert Corinne Henz. Ihr ist es zudem ein gros­ses Anliegen, mittels Agrotourismus ihren Gästen die Landwirtschaft näher zu bringen und sie zu sensibilisieren, woher ihre Nahrung kommt.

Betriebsspiegel Haselhof

Name: Andreas (45) und Corinne Henz (46) mit Söhnen Fynn und Tim 

Ort: Bärschwil SO, Bergzone II auf 600 m ü. M.
Nutzfläche 71 ha Land mit 386 Hochstammobstbäumen (Kirschen, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Zuckerpflaumen). 5 ha Kunstwiese/Silomais/Sommergerste, 8 ha Wald

Betriebsform: ÖLN; Tierhaltung nach BTS und RAUS; Gütesiegel IP-Suisse

Viehbestand: 37 Kühe (Brown Swiss), 25 Rinder und10 Kälber (Limousin), 140 Legehennen

Futter: Gras, Heu, Grassilage, Maissilage auseigener Produktion

Milchabnehmer: Mooh (A-Milch 60 Rp.)

Milchleistung: 6500–7000 kg (Stalldurchschnitt)

Direktverkauf: Freilandeier (Eier-Abo), Kalbfleisch, Baby-Beef (1-jähriges Kalb), Schnäpse, Brennholz,Süssmost

Angestellte: Bruder Samuel Henz (100 %), Vater Niklaus Henz (hilft bei allem aus, v. a. beim Mähen der Wiesen), Verwandtschaft (hilft in der Hochsaison)

Sonstiges: Agrotourismus (seit Frühjahr 2021), Hofladen, Hoftötung (seit März 2022) durch Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH 

Website: www.haselhof.ch