Singzikaden führen ihr Leben mehrheitlich im Verborgenen und unbemerkt: Mehrere Jahre bleiben sie als Larven unter der Erde, nur zwei bis drei Wochen sind sie als erwachsene Insekten an der Oberfläche. In dieser Zeit singen die männlichen Tiere, paarungsbereite Weibchen antworten mit einem Flügelklicken. Diese Geräusche erklingen aber zunehmend seltener in der Schweiz, wie die kürzlich publizierte Rote Liste der Singzikaden zeigt.

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Wenige Arten mit grossen Ansprüchen

Mit gerade mal zehn Arten ist die Gruppe der Singzikaden in der Schweiz sehr artenarm. Zum Vergleich: Hierzulande gibt es 6'350 einheimische Käferarten. Sie leben gemäss der Publikation des Bundesamts für Umwelt vorwiegend in Übergangslebensräumen, z. B. an Waldrändern oder in strukturierten Trockenwiesen. In ihrem kurzen Leben als fertige Insekten legen sie keine weiten Distanzen zurück, weshalb Singwarten wie Gehölze und Plätze für die Eierablage (z. B. in der Krautschicht) nahe beieinander liegen müssen.

Wo Singzikaden sich wohlfühlen, können auch viele andere wärme- und trockenheitsliebende Arten überleben – sie sind gute Indikatoren für wertvolle Lebensräume.

Zwiespältige Rolle der Landwirtschaft

Nährstoffarme Trockenstandorte zwischen Gehölzen und gut besonnten krautigen Strukturen, nur hier können Singzikaden leben. Das macht sie verletzlich für verschiedene Faktoren. So kann ihnen sowohl die Vergandung oder Verwaldung von Trockenstandorten durch Nutzungsaufgabe den Garaus machen, Aber ebenso die Intensivierung der Nutzung derselben. Leichte Verbuschungstendenzen seien für die Insekten förderlich, zu frühe oder zu intensive Beweidung könne die Larven im Boden schädigen.

Zur Gefährdung der Singzikaden tragen aber auch die Ausdehnung von Siedlungsgebieten, Strassen- und Wegnetzen bei. Strassenlärm und Erholungssuchende sind weitere vermutete Faktoren.

Positive Tendenzen festgestellt

Die Autoren vermuten, dass Singzikaden in der Schweiz schon immer eher selten waren. Heute besiedeln sie nur noch kleine Gebiete, die generell zu den biologisch wertvollsten Trockengebieten gehören. Die Einrichtung entsprechender Schutzgebiete habe den Lebensraumverlust «wesentlich verlangsamen» können.

Besonders die Vergandung und Verwaldung von offenen und halboffenen Lebensräumen auf der Alpensüdseite und dem Wallis seien indes besorgniserregend. Ebenso wie das Risiko für Meliorationen oder Flurbereingungen als Folge des Rationalisierungsdrucks in der Landwirtschaft.

Aktionspläne schon gestartet

Um dem Verlust der Singzikaden in der Schweiz entgegenzuwirken, sollen Massnahmenbündel formuliert werden, heisst es in der Publikation des Bafu. Als Indikator- und Flaggschiffart für wertvolle Übergangszonen kann ihn Erhalt auch bei anderen Bemühungen gegen den Rückgang der Biodiversität helfen. Mögliche Massnahmen seien international zwar noch wenig erprobt, verschiedene Kantone hätten aber schon lokale und regionale Aktionspläne gestartet.