«Fall Hefenhofen» vor Thurgauer BezirksgerichtMittwoch, 1. März 2023 Der Schweinehandel ist ein Nebenschauplatz im Verfahren um schwere Missstände auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Hefenhofen im Thurgau. Anfang August 2017 war der Hof zwangsweise geräumt worden. In der Folge flog der illegale Handel des Bauern mit den beiden mitbeschuldigten Metzgern – Vater und Sohn – auf. Es geht dabei um Ferkel mit Beeinträchtigungen, so genannte «Kümmerer».

Mit Tierleid den Profit maximiert

Laut Staatsanwalt haben alle drei Beteiligten «mit dem Leid der Kümmererschweine ihren Profit maximiert». Dabei hätten sie wohlweislich jegliche Spuren vermieden. Dokumente zu den allermeisten Tieren seien verschwunden, Zahlungen seien bar auf die Hand erfolgt. Der Handel mit den Ferkeln sei bewusst und gezielt an Tierarzt und Fleischschauer vorbeigeschleust worden.

Der Ankläger forderte die Verurteilung aller drei Beschuldigten wegen Tierquälerei und weiterer Delikte. Die beiden Metzger sollten mit bedingten Freiheitsstrafen von 12 beziehungsweise neun Monaten bestraft werden. Der Antrag gegen den Hauptbeschuldigten folgt am Freitag, wenn es um die Hauptanklagepunkte geht.

«Crash-Kurs» über Schweinezucht

Die Verteidigerin des älteren Metzgers erteilte dem Gericht einen «Crash-Kurs» über Schweinezucht, wie sie sagte. Es gebe nun einmal Ferkel, die schon bei der Geburt kleiner seien, als die anderen, einen Nabelbruch, einen Hodenhochstand oder andere Defizite hätten. Diese Kümmerer hätten schlechte Startchancen. Sie seien an sich gesund, verursachten aber Mehraufwand. Eine Mast lohne sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Auch Schlacht-Grossbetriebe seien nicht interessiert. Solche Tiere, die nicht der Norm entsprächen, würden üblicherweise «entsorgt».

Anders gehandelt habe ihr Mandant mit seinen kleineren Betrieben. Er habe jeweils von Anlieferern für wenig Geld Kümmerer übernommen und sie etwa zu Spanferkeln verarbeitet.

Rund 150 Tiere, nicht ohne Kontrolle

Dem Landwirt habe er schon früher hin und wieder ein Spanferkel verkauft. Als der Bauer 2016 aufgrund einer behördlich erlassenen Milchsperre über zu viel Milch verfügte, und er selbst zu viele Spanferkel im Tiefkühler hatte, verkaufte er ihm mehr solche Ferkel. Bis August 2017 waren es total rund 150 Tiere. Unter anderem mit der überschüssigen Milch mästete der Bauer sie auf ein vertretbares Schlachtgewicht und verkaufte sie dann dem Metzger zurück, der das Fleisch in den Handel brachte. Keines der Tiere sei ohne Kontrolle auf den Markt gelangt, sagte die Verteidigerin.

Gegen Schlachtverordnung verstossen

Es sei unbestritten, dass ihr Mandant gegen die Schlachtverordnung verstossen habe, wonach einmal abgeladene Tiere nicht mehr weitertransportiert werden dürfen, sondern im jeweiligen Schlachtbetrieb getötet werden müssen. Von Tierquälerei sowie Widerhandlungen gegen das Tierseuchengesetz oder das Bundesgesetz über Lebensmittel könne aber keine Rede sein.

Bei der Hofräumung waren etwa 80 Tiere vor Ort, sagte die Verteidigerin. Zwei wurden eingeschläfert, 33 geschlachtet, die übrigen zur Weitermast gebracht. Alle seien gesund gewesen. Auch die Verteidiger des jüngeren Metzgers und des hauptbeschuldigten Landwirts verlangten Freisprüche ihrer Mandanten. Den Ferkeln sei es auf dem Hof des Landwirts «gut gegangen», sagte dessen Anwalt. Beweise für das Gegenteil habe der Ankläger keine vorgelegt.

Die Verhandlung geht am 2. März 2023 weiter. Dann geht es um Beiseiteschaffen von beschlagnahmten Tieren. Beschuldigt sind ausser dem Landwirt zwei Frauen. Um die beanstandeten Zustände auf dem Hof geht es am Freitag. Die Urteile werden voraussichtlich am 21. März eröffnet.