Matthias Sempachs Entscheid, nach seinem Sieg anstatt des gut dotierten Geldpreises den Siegermuni Fors vo dr Lueg mit nach Hause zu führen, gilt in der jüngeren Geschichte des Schwingsports als eine Seltenheit. Der gelernte Metzger und selbständige Landwirt Sempach entschied sich 2013 für den Lebendpreis, weil ihm der Gedanke, sich von dem schönen Tier trennen zu müssen, nicht gefallen habe, heisst es auf Sempachs Website. «Diese Entscheidung habe ich nie bereut», schreibt der Schwingerkönig weiter.

Ein landesweit bekannter Muni

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Der Schwingerkönig 2013 Matthias Sempach mit seinem Lebendpreis Fors vo dr Lueg. (Bild Matthias Sempach)

Die Bilder des frischgebackenen Schwingerkönigs Matthias Sempach mit dem nicht minder beeindruckenden Stier am Halfter waren 2013 in allen Medien zu sehen. In der Folge erlangte Fors vo dr Lueg einige Bekanntheit. Doch bereits bei seiner Taufe am 1. September 2011 wurden dem Jungstier drei prominente Taufpaten zur Seite gestellt. Neben den beiden Göttis, Skilegende Didier Cuche und Schwingerkönig Adrian Käser, sorgte vor allem die Taufgotte Melanie Oesch dafür, dass Fors vo dr Lueg auch ausserahlb der Schwinger- oder Viehzüchterszene zu einem prominenten Namen wurde. Mit ihrer Familienband «Oesch's die Dritten» widmete sie dem Muni ein Lied, das auf Youtube schon über zwei Millionen mal angeklickt wurde.

Fors eigentlich nicht als Preis vorgesehen

Gezüchtet wurde der Swiss-Fleckvieh-Stier Bergmatten Fors vo dr Lueg von Jakob und Theres Berger aus dem bernischen Milken. Bergers haben schon die Elterntiere des Siegermunis gezüchtet, den Stier Orsay und die bekannte Bergmatten Loyd Trespe. Zunächst war das Stierkalb gar nicht als Lebendpreis für den Schwingerkönig gedacht. Als jedoch der Top-Favorit verunfallte und geschlachtet werden musste, rutschte Fors vo dr Lueg nach.

Zu der Zeit stand er im Stall von Rolf Dummermuth in Fahrni bei Thun. Später wurde er auf dem Hof von Hans Bichsel und dessen Sohn Christian in Ranflüh im Emmental eingestellt. In Ranflüh blieb der Stier auch, nachdem Sempach ihn gewonnen hatte. Der Schwingerkönig brachte den Muni bei seinem Cousin Simon Hertig unter, der in der Folge Kost und Logis für das bekannte Tier übernahm. Betreut wurde Fors vo dr Lueg aber weiterhin von Hans Bichsel, der den Stier auch an Ausstellungen und andere öffentliche Auftritte begleitete.

Fors vo dr Lueg als KB-Stier eingesetzt

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Fors vo dr Lueg wurde mit grossem Erfolg bei der Zucht eingesetzt. Seine Töchter glänzen vor allem mit guten Euter- und Zitzeneigenschaften. (Bild Swissgenetics)

Nachdem Matthias Sempach sich für den Lebendpreis in Form des Munis entschieden hatte, sorgte er dafür, dass Fors vo dr Lueg zur Zucht eingesetzt wurde. Der Muni durchlief ein Prüfprogramm auf der Station für künstliche Besamung bei Swissgenetics in Mülligen und wurde schliesslich als geprüfter Stier freigegeben. Fors vo dr Lueg hat bis jetzt über 100 Töchter im Nachzuchtbeschrieb stehen. Er bietet immer noch +454 kg Milch bei -0,09% Fett und +0,16% Eiweiss.

Bisher sind 114 seiner Töchter linear beschrieben, was ihm die Exterieurnote (ITP) von 114 einbringt. Fors' Töchter überzeugen vor allem in den Euter- und Zitzeneigenschaften. Fors vo dr Lueg selbst ist linear beschrieben mit 96 (Typ) und 95 (Fundament) EX-95. Im Frühling 2019 wurde er an der Zuchtstierenschau auch mit der seltenen Höchstnote von 55 98 beurteilt.

Fors vo dr Lueg fehlte am Munimärit in Thun

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Fors vo dr Lueg war bekannt für sein gutmütiges Wesen.  Hier posiert der Muni mit Matthias Sempach und seiner Familie sowie dem langjährigen Muni-Betreuer Hans Bichsel (links). (Bild Matthias Sempach)

Der für seinen ruhigen und stoischen Charakter bekannte Fors vo dr Lueg und sein Besitzer waren stets gerne gesehene Gäste an den regionalen Viehschauen. Am diesjährigen Zuchtstierenmarkt in Thun fehlte Fors vo dr Lueg aber überraschend. Wie berichtet (siehe «ähnliche Beiträge» unten), kam es im Vorfeld der Ausstellung zu einem Zwischefall, bei dem der rund 1000 Kilogramm schwere Muni seinen langjährigen Betreuer Hans Bichsel an den Rippen verletzte.

«Uns war und ist bewusst, dass der Umgang mit einem Stier viel Respekt verlangt und auch bei grösster Vorsicht immer ein Restrisiko birgt», schrieb Matthias Sempach daraufhin in einer Medienmitteilung. Obwohl der Stier nicht «ausgetickt» sei, komme für Sempach eine Teilnahme in Thun nicht mehr in Frage, hiess es weiter.

Muni schweren Herzens geschlachtet

Mitte Oktober hat sich Matthias Sempach dann dafür entschieden, seinen geliebten Siegermuni zum Metzger zu bringen. «Man sagt, dass es gefährlich wird, wenn ein Muni einmal merkt, wie viel Kraft er eigentlich hat», sagte Sempach gegenüber dem Blick. Man habe nach dem Vorfall nichts mehr riskieren wollen, denn die Gesundheit von Mensch und Tier gehe vor, fuhr er fort.

Deshalb habe er sich schweren Herzens dazu entschieden, Abschied von Fors vo dr Lueg zu nehmen und das Tier bei einem Metzger in der Nähe schlachten zu lassen. Selber hätte er nicht Hand anlegen wollen, denn er habe zahlreiche schöne Momente mit dem Muni erleben dürfen. Er sei aber natürlich bis zum Ende bei Fors vo dr Lueg geblieben und es habe ihn «hert gha», das Tier gehen zu lassen, berichtet Sempach.

Die «Ära Fors vo dr Lueg» geht weiter

Fors vo dr Lueg hatte ein gutes und langes Leben, sogar für einen Zuchtstier. Dass er nun geschlachtet wurde, bedeute aber nicht das Ende einer Ära, sagte Matthias Sempach gegenüber dem Blick. Sein Sohn Henry, der stets sehr an Fors gehangen habe, besitze ein eigenes Kälbchen aus Fors' Linie. Die Zucht mit der Genetik des bekannten Munis geht also weiter.