Südamerika bietet den Bauern fruchtbare Felder bis an den Horizont, keine Vorschriften, welche die Bewirtschaftung oder das Bauen auf dem eigenen Land einschränken würden und das ganze Jahr über meistens genug Regen. Die Arbeitskräfte sind günstig.

Es gibt aber leider auch Nachteile: Hohe Inflation, ungenügende Infrastruktur, Korruption, tiefes Bildungsniveau, Armut und Kriminalität. Stellvertretend für die südamerikanische Landwirtschaft werden hier vier Betriebe vorgestellt, welche der Autor 2016 und 2020 besucht hat.

Amilcar Oberto: 1000 Hektaren und Ochsenmast im Feedlot

[IMG 2]Der Weg zum Feedlot (Mastplatz) von Rindermäster Amilcar Oberto führt durch die riesigen, bis an den Horizont reichenden Sojafelder Argentiniens. In der flachen Pampa, am Ufer des Flusses Paraná und in der Nähe der Hafenstadt Rosario, mästet der Rindermäster und Fleischhändler auf einem Stück eingezäunter Pampa 3000 Ochsen.

Er kauft die halbjährigen Holstein-Ochsen von Milchbauern. Gemästet werden sie mit einer Mischung aus Maiskörnern, Weizenkleie, Maiskleber, Erdnussschalen, Harnstoff, Mineralstoffe und Wachstumsförderer. Amilcar Oberto baut auf 1000 Hektaren Weizen, Mais und Soja an. Weizen und Soja werden verkauft, den eigenen Mais verfüttert er an seine Ochsen. Mit 400 Kilo Lebendgewicht lässt er sie schlachten und verkauft alles Fleisch in der eigenen Metzgerei. «Weil ich das Fleisch der Ochsen selber vermarkte, gewinne ich 200 Dollar pro Tier», hat er ausgerechnet.

Rindfleisch ist in Argentinien für unsere Begriffe billig, 2020 kostete es im Laden je nach Qualität umgerechnet 3–6 Fr./kg. Mit 3000 Ochsen ist Amilcar Oberto für argentinische Verhältnisse ein kleiner Viehmäster. Der Rindermäster kann davon leben, weil er Direktverkäufer ist. Die Argentinier essen viel Rindfleisch, 2019 lag der Konsum bei 38 kg Rindfleisch pro Kopf und Jahr. In der Schweiz waren es 2022 lediglich 11 kg, dazu kamen gut 2 kg Kalbfleisch pro Kopf und Jahr.


Joaquin Stirling: 350 Kühe

In Young, im Nordwesten Uruguays, bewirtschaftet Joaquin Stirling mit seiner Frau Veronica und Angestellten die Finca Rincón de Francia mit einer Herde von 50 Hereford-Mutterkühen. Weiter hält er 300 Holstein-Milchkühe und züchtet 200 Fleischschafe. Joaquin Stirlings englische Vorfahren haben die 2000-Hektaren-Finca vor 150 Jahren gegründet. Joaquin Stirling ist stolz auf seine reinrassige Hereford-Mutterkuhherde. Weiter hält er 300 Milchkühe. Die Herde seiner reinrassigen, prämierten Texelschafe hat er auf 200 Mutterschafe reduziert, weil ihm vermehrt Schafe gestohlen wurden.


Ricardo Rios: Grossbauer mit 3000 ha und 6000 Kühen

In Valdivia, etwa in der Mitte Chiles, hält der Milchbauer Ricardo Rios 6000 Milchkühe. Auf seiner 3000 Hektaren grossen Chileterra-Milchfarm ist das Vieh ganzjährig auf der Weide, nur im Winter wird Silage verfüttert. Seine Milchkühe von der Rasse Kiwi-Cross geben pro Jahr rund 4000 Kilo Milch. 2016 löste er nur umgerechnet 28 Rappen pro Kilo Milch. Ricardo Rios erhält keinerlei Unterstützung vom Staat und hält deshalb die Kosten so tief wie möglich. Die Direktzahlungen in der Schweiz und in Europa bezeichnete der Agronom als «versteckte Sozialhilfe», worunter indirekt auch die Milchbauern Chiles zu leiden hätten. Das nächste Ziel Rios lautet: 10'000 Milchkühe auf mehr Weideland.[IMG 3]


Carlos Hodel: Kleinbauer mit 154 ha und 77 Milchkühen

[IMG 4]Im Ort Colonia Miguelete, nordwestlich von Uruguays Hauptstadt Montevideo, bewirtschaftet Carlos Hodel 154 Hektaren Land. Carlos, dessen Vorfahren aus dem Kanton Luzern ausgewandert sind, ist mit seinen 77 Milchkühen für südamerikanische Verhältnisse ein Kleinbauer.

Die Kosten hält er tief. Es existieren – wie üblich in Südamerika – keine Stallgebäude, ausser einer Melkhütte. Das Vieh sucht sein Futter auf der Weide, einzig im Winter wird Sorghum und Soja vorgelegt. 2020 löste er umgerechnet 30 US-Cent pro Kilo Milch, das deckte in etwa seine Produktionskosten, Carlos Hodel hofft auf höhere Milchpreise. Nebenbei verkauft Carlos Hodel Fertighäuser.