Auf dem Rheinabschnitt zwischen Bodensee und der Stadt Schaffhausen sind momentan viele Schwimmerinnen, Gummiboot-Kapitäne und andere Wassersportler und Wassersportlerinnen zu sehen. Tote Fische treiben derzeit erst vereinzelt auf dem Wasser.

«Aktuell gibt es keine Anzeichen, die auf ein Fischsterben hinweisen», sagte Stefan Lebeda, der stellvertretende Generalsekretär des Departements des Innern des Kantons Schaffhausen, am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Mit Blick auf die Hitzewellen von 2003 und 2018 wissen die Verantwortlichen aber auch: Die kommenden Tage dürften kritisch werden. «Bereits ab einer Wassertemperatur von 22 bis 23 Grad Celsius gerät die Äsche in einen Hitzestress. Der tödliche Bereich liegt bei einer Wassertemperatur von 25 bis 26 Grad Celsius über einige Tage», sagt Lebeda. 2018 habe das Massensterben am dritten Tag eingesetzt, als die Wassertemperatur über 26 Grad stieg.

Kälte-Oasen ausgebaggert

Am Sonntagnachmittag kletterte die Wassertemperatur im Rhein bei Neuhausen am Rheinfall gemäss den Daten des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) auf 24,9 Grad. Und mit jedem weiteren Hitzetag werden es einige Zehntelgrad mehr. Hält der Trend an, dürfte die Marke von 26 Grad vor Ende Woche erreicht werden. Ein Wetterumschwung ist gemäss den Prognosen bis Ende Woche kaum zu erwarten.

Der Kanton hat deshalb bereits vergangene Woche Notmassnahmen ergriffen, um die Fischbestände so gut es geht zu schützen. Bei Bachmündungen und Grundwasseraufstössen wird ausgebaggert, um Kälte-Oasen für die Fische zu schaffen. «Bei Temperaturen um 24 Grad suchen die unter Hitzestress stehenden Fische solch kühlere Rheinbereiche auf», sagt Lebeda.

Im August 2018, und vorher schon im Sommer 2003, half alles nichts mehr - Äschen und andere Fische trieben zu Tausenden tot an der Oberfläche oder wurden ans Ufer gespült und mussten entsorgt werden. Rund 90 Prozent der Äschen starben.

Bestände haben sich gerade erst erholt

Nach 2018 wurde versucht, die Population durch das Aussetzen von gezüchteten Äschen zu stabilisieren. Erst im vergangenen Jahr vermeldete der Kanton Schaffhausen, dass sich die Bestände etwas erholt hätten. Nun droht ein erneuter Rückschlag, der die Bemühungen der vergangenen Jahre zunichte machen könnte.

Die hohen Wassertemperaturen im Rhein werden durch den tiefen Wasserstand begünstigt. Der aktuelle Abfluss von rund 265 Kubikmetern Wasser pro Sekunde bei der Messstation in Neuhausen liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt.

Die tiefen Wasserstände in Schweizer Gewässern sind unter anderem eine Folge des fehlenden Schmelzwassers nach einem schneearmen Winter sowie von unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen, wie das Bafu kürzlich mitteilte.

Fischereiverband warnt

Der Schweizerische Fischereiverband hat hinsichtlich der warmen Gewässer drastische Worte gewählt. Für viele Fische gehe es um das nackte Überleben, teilte der Verband am Dienstag mit.

Kältebedürftige Fische wie Forellen und Äschen leiden zurzeit stark, wird der Geschäftsführer des Fischereiverbands David Bittner in der Mitteilung zitiert. Der Verband rechne mit einer "Tragödie". Denn mit wärmeren Wassertemperaturen sinkt der Sauerstoffgehalt und Fische drohen zu ersticken.

Ab 20 Grad sind Forellen und Äschen unter Stress. Ab 22 bis 23 Grad ist laut Mitteilung eine kritische Grenze erreicht und der Sauerstoffmangel nimmt zu. Wassertemperaturen von 25 Grad bezeichnete der Verband als Todesurteil für kältebedürftige Fischarten.

Der Vierwaldstättersee war laut SRF Meteo am Dienstag bei Ennetbürgen NW 26 Grad warm. Der Zugersee verzeichnete 24 Grad. Der Zürichsee war laut SRF Meteo am Dienstag 20 Grad warm. Der Rhein bei Rheinfelden AG 23 Grad und der Neuenburgersee 20 Grad.

Der Fischereiverband bittet die Bevölkerung darum, kein Wasser aus Gewässern zu entnehmen, Bauarbeiten am und in Gewässern zu unterbrechen, Hunde an anderen Orten baden zu lassen, in Bächen keine Staudämme zu bauen und austrocknende Bäche sowie tote Fische den Behörden zu melden. Zudem sollen die Rückzugsorte von Fischen respektiert werden.