Der Bundesrat lehnt die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) aus folgenden Gründen ab, wie es in einer Mitteilung heisst:

  • Massentierhaltung sei hierzulande bereits verboten.
  • Das geltende Gesetz schütze das Wohlergehen der Tiere unabhängig von der Anzahl Tiere.
  • Eine Begrenzung der Herdengrösse bringe keine unmittelbare Verbesserung des Tierwohls und in der Schweiz seien die Bestände sowieso vergleichsweise klein.
  • Die Bio-Suisse-Richtlinien in der Verfassung zu verankern, sei nicht zielführend. Diese wären nach Ablauf der 25-jährigen Übergangsfrist veraltet. Ausserdem gebe es bereits viele andere private und staatliche Standards, die sich weiterentwickeln würden. 
  • Die geforderten Importregelungen wären nicht mit internationalen Verpflichtungen vereinbar und bräuchten aufwändige Kontrollen.
  • Die MTI hätte Mehrkosten für Landwirtschaft und Konsumenten zur Folge.

RAUS und BTS als Minimalstandard

Man wolle das Anliegen der Initiative mit einem direkten Gegenvorschlag aufnehmen, schreibt der Bundesrat weiter. Gemäss dem Botschaftstext soll die Anbindehaltung für Rinder erlaubt bleiben, aber nur in Kombination mit RAUS. Die Anforderungen dieses Tierwohl-Programm sollen «weitgehend» übernommen und zu den künftigen Minimalanforderungen für alle Tierarten werden. Eine Ausnahme ist für Mastgeflügel vorgesehen, da u. a. die von RAUS geforderte längere Lebensspanne mit den gebräuchlichen Rassen nicht erreicht werden könnte.

Grundsätzlich soll das Ziel des Wohlergehens laut dem Gegenvorschlag für alle (nicht nur landwirtschaftlich genutzte) Tiere gelten. Um dieses für Nutztiere sicherzustellen, ist auch die «weitgehende Übernahme» der BTS-Bestimmungen vorgesehen. Man wolle dabei den Fokus auf jene Anforderungen richten, die «besonders zum Tierwohl beitragen» und deren Kosten für die Landwirtschaft tragbar wären. Ausserdem sollen neue Erkenntnisse betreffend Tierhaltung ebenfalls berücksichtigt werden.  

Bessere Ausbildung für schonendes Schlachten 

Neben «tierfreundlicher Unterbringung und Pflege» und «regelmässigem Auslauf», die mit einem Obligatorium von BTS und RAUS abgedeckt werden, ist der dritte Punkt im Gegenvorschlag die «schonende Schlachtung». Um diese zu gewährleisten, sollen strengere Vorgaben für die Ausbildung des entsprechenden Personals erlassen sowie die Inverkehrbringung von Betäubungsanlagen und -geräten strenger geregelt sowie einer Bewilligungspflicht unterstellt werden. Weiter ist eine Einschränkung der zulässigen Betäubungsmethoden vorgesehen, z. B. CO2.

Mehr Tierwohl fürs Geld

Nach eigenen Angaben strebt der Bundesrat eine kostenneutrale Umsetzung seines direkten Gegenvorschlags an, die weder für Konsumenten noch Produzenten zu höheren Kosten führen soll. So hätten Konsumenten eine noch grössere Auswahl nachhaltig hergestellter Produkte und bekämen für dasselbe Geld Tierwohl-freundlichere Ware, wird in Aussicht gestellt. 

Keine Änderung der bäuerlichen Einkommen 

In der Landwirtschaft rechnet man mit 25 bis 40 Millionen Franken Mehrkosten nach Ablauf der Übergangsfrist von 15 Jahren. Bauliche Massnahmen sollen verstärkt über Investitionshilfen mitfinanziert werden. Ausserdem würden durch den fortschreitenden Strukturwandel hin zu weniger Betreiben den einzelnen Höfen mehr Geld aus den Direktzahlungen zur Verfügung stehen, heisst es in der Botschaft. Ein Teil der Investitionen würde ausserdem sowieso anfallen und die technologische Entwicklung die Produktionskosten weiter senken. Was die Minimalanforderungen beim Tierwohl übertreffe, solle weiter mit  (weiterentwickelten) Direktzahlungsprogrammen finanziell unterstützt werden. «Aufgrund der langen Übergangsfrist kann deshalb davon ausgegangen werden, dass sich die Einkommenssituation der Landwirtinnen und Landwirte durch den direkten Gegenentwurf nicht signifikant verändert», so der Bundesrat. 

Betriebsschliessungen möglich

Wenn Tierhaltungsbetriebe die Mehrkosten und Umsatzeinbussen aber nicht dank höherer Direktzahlungen und Absatzpreisen ausgleichen können, seien auch beim direkten Gegenvorschlag zur MTI Betriebsumstellungen oder -schliessungen nicht auszuschliessen. 

Was die Umweltwirkungen angeht, so sollen die Ammoniak-Emissonen durch den Gegenvorschlag  –bei gleichbleibendem Tierbestand – um jährlich 900 Tonnen oder etwa 2,2 Prozent ansteigen.

Da auf die in der MTI geforderten Regeln für Importe verzichtet werde, stehe der Gegenvorschlag nicht in Konflikt mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz. Die Botschaft zum Gegenvorschlag wurde vom Bundesrat zuhanden des Parlaments verabschiedet. 

 

«Tierwohl endet an der Grenze»

Der direkte Gegenvorschlag des Bundesrates werde der Marktneutralität nicht gerecht und verteuere einseitig die Schweizer Produktion, kritisiert der Schweizer Bauernverband (SBV). Die Schweiz habe bereits eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt, gibt der SBV bezüglich des RAUS- und BTS-Obligatoriums zu bedenken.

Als besonders störend bezeichnet der SBV, dass «für den Bundesrat das Tierwohl an der Grenze endet». Offenbar hätten ausländische Nutztiere nicht dieselben Bedürfnisse und Rechte. Ohne Regeln für Importe würde die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Produktion weiter geschwächt, warnt der SBV. Ausserdem würde die Differenzierungsmöglichkeit für die vielen Tierwohllabels eingeschränkt. Heute schon hätten Konsumenten die Wahl, ob sie zusätzliches Tierwohl mit ihrem Einkauf aktiv fördern wollen. 

«Untauglich»

Auch die Initianten der MTI sind mit dem Gegenvorschlag des Bundes nicht zufrieden und bezeichnen ihn als untauglich. Das heutige Gesetz lasse sehr wohl Formen der Intensivhaltung zu und eine Beschränkung der Gruppengrösse sei daher unverzichtbar. 

Da der Bundesrat eine Ausnahmeregelung für Mastpoulets vorsieht, schliesse er 90 Prozent der Tiere aus – besorgniserregend, so de Initianten. Weiter anerkenne der Bundesrat, dass die MTI positive und der Gegenvorschlag negative Umweltwirkungen haben werde. Das liegt aus Sicht des Initiativkomitees auch an der fehlenden Importklausel, die einseitig höhere Produktionskosten in der Schweiz bringen würden. Auf die Regulierung des freien Markts zu vertrauen, sei nicht vertretbar.