Nachdem die Klimakinder Schul- und Demonstrationsferien haben, knöpften sich die Medien pünktlich zum Sommerlochbeginn den Nutztierschutz vor. Das ist nicht verwerflich, im Gegenteil: Für Konsumenten und Steuerzahler ist das Tierwohl das wichtigste Anliegen an die Landwirtschaft; entsprechend gross das Interesse der Leserschaft an Tierschutzfragen.  Allerdings hat mir in der «Sonntagszeitung» die Einordnung der publizierten Kontrollresultate 2018 gefehlt, so dass beim Gros der Leser ein eher negativer Eindruck hinsichtlich Tierschutzstandard in Schweizer Ställen entstanden sein dürfte. Deshalb hier vier Zusatzinformationen, welche die Journalisten vergessen haben:

1. Die Daten 2018 zeigen, dass der amtliche Tierschutzvollzug in fast allen Kantonen erhebliche Fortschritte gemacht hat. Jahrelang hatten sich die Kantone um die Vorgaben der Inspektionskoordinationsverordnung (VKIL) foutiert. 2014 und 2015 waren die Daten derart unvollständig, dass keine Auswertung möglich war. Noch 2016 machten beim Tierschutz 6 Kantone gar keine unangemeldeten Kontrollen und nur von 11 Kantonen wusste das BLW gesichert, dass auch bei RAUS/BTS-Kontrollen 10% unangemeldet erfolgten. Das heisst im Klartext: Über all die Jahre hinweg trieben Bauern und Kontrolleure Aufwand und lieferten Daten, die dann in den Amtsschubladen verstaubten. Die nun in den Medien zitierten Daten zeigen für 2018 ein deutlich besseres Bild. Alle Kantone lieferten Daten. Der Durchschnitt an unangemeldeten Kontrollen lag schweizweit bei 35% und erreichte damit bereits nahezu die ab Mai 2020 vorgeschriebenen 40%. Selbst der vielgescholtene Thurgau kam auf fast 50% unangemeldete Kontrollen, Genf, Waadt, Glarus und Graubünden gar auf über 80%! Lediglich Schaffhausen erreichte die 10% nicht. Damit nahm nicht nur die Zahl an gefundenen Tierschutzverstössen sowie entsprechenden Verurteilungen und Direktzahlungskürzungen zu, sondern – und das ist aus Tierschutzsicht das Wichtigste – die Lebensbedingungen von wohl Tausenden von Tieren konnten verbessert werden.

2. Die intensivierten Kontrollen belegen, dass das Gros der Schweizer Bauern Tiere korrekt hält. Rund 85% erfüllten sämtliche relevanten Gesetzgebungen, d.h. nebst dem Tier- auch den Gewässer- und Umweltschutz sowie eine Vielzahl weiterer Anforderungen tadellos. Das ist ein gutes Signal an die Bevölkerung.

3. Viele Veterinärdienste leisteten im 2018 ausgezeichnete Tierschutzarbeit. Dafür sei ihnen gedankt. Hellhörig muss einem jedoch die genannte hohe Zahl an Nachkontrollen machen, welche offenbar monate- oder jahrelang vor sich hergeschoben werden. Gerade bei Tierwohlverstössen gälte es zum Schutz der Tiere und aus psychologischen Gründen möglichst kurze Fristen zur Behebung und für entsprechende Nachkontrollen anzusetzen und nach dem Motto zu verfahren «Fälle zu Ende lösen und mangelhafte Tierhaltungen verbessern geht vor Anzahl Betriebskontrollen». Statt jetzt nach noch mehr Kontrolleuren zu rufen, gälte es, das Prinzip der risikobasierten Kontrollen umzusetzen. Wenn zudem 3500 Betriebe zweimal und fast 900 gar dreimal hintereinander gegen den Tierschutz verstossen können, ohne mit harten Sanktionen belegt zu werden, dann liegt hier ein Systemfehler vor, der behoben werden muss.

4. Der einheimische Tierschutzstandard sollte weiter verbessert werden mit dem Ziel 100% Raus. Bei verschiedenen Tierkategorien, etwa Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde oder Legehühner und Truten sind unsere Bauern bezüglich Weidehaltung bereits weltmeisterlich unterwegs. Leider hält sich im Unterschied zu vielen Bauern der Tierschutz-Ehrgeiz vieler Importeure, Gastronomen, Detaillisten – man denke an den Abbau der Tierwohllabels bei Migros und Coop – und Konsumenten in engen Grenzen. Fleisch, Eier und Käse wird aus Ländern mit largen oder gar nicht existierenden Tierschutzvorschriften importiert. Dort wird der Tierschutz weder kontrolliert noch sanktioniert!