Längst sind die Wölfe nicht mehr nur für Graubünden und Glarus ein Problem. «Es braucht Herdenschutz, um die Tiere einigermassen sicher zu sömmern – ob mit oder ohne Regulierung», sagt Patrizio Decurtins. Der aus der Surselva stammende Biologe leitet im Auftrag von Pro Natura Graubünden das Projekt «Pasturs voluntaris». Aus dem Rätoromanischen übersetzt bedeutet dies «freiwillige Hirten».

Unter dem Motto «Gemeinsam für den Herdenschutz» entsendet Pasturs freiwillige Hirten. Sie unterstützen die Bauern und Älpler beim Zäunen und beim Herdenmanagement. Das Pilotprojekt startete 2021. «Eigentlich wollten wir nur in der Surselva tätig sein, aber es kamen Anfragen aus dem ganzen Kanton», erzählt Decurtins. Insgesamt gab es 88 Freiwilligen-Einsatztage. Heuer wird das Projekt nicht nur fortgeführt, sondern auch auf den Kanton Glarus ausgeweitet.

Die Einschreibegebühr für Alpbetriebe beträgt Fr. 100.–, für Heimbetriebe Fr. 50.–. Je nach Bedarf können sie Hilfe anfordern, müssen im Gegenzug für Kost und Logis aufkommen. «Aber einige Freiwillige sind sogar bereit, im Zelt zu übernachten», so Decurtins.

Zweitägige Ausbildung und Verpflichtung für mindestens zwei Tage

An freiwilligen Hirtinnen und Hirten mangelt es nicht. Mehrheitlich stammen sie aus dem Unterland, aus Zürich, Bern, Basel oder gar Deutschland. Alle Altersgruppen seien vertreten, ebenso verschiedenste Berufssparten.

Die Freiwilligen müssen sich für mindestens zwei Einsatztage verpflichten und werden erst nach einem zweitägigen Ausbildungsgang vermittelt. «Dabei machen wir sie mit den Grundlagen der Schafhaltung, der Alpung und des Herdenschutzes vertraut. Einige kommen dabei erstmals in Kontakt mit Schafen und Herdenschutzhunden», erzählt er. Natürlich dürfe man nicht davon ausgehen, dass die Freiwilligen selbstständig eine Herde betreuen. Es brauche die fachliche Begleitung des Landwirts.

«Wir lernen voneinander»

Durch den Erfolg des ersten Einsatzjahres ist das Projekt dieses Jahr von der Trägerschaft her breiter abgestützt. Neben Pro Natura Graubünden, WWF und der Gruppe Wolf Schweiz sind nun der Naturpark Ela und Biosfera Val Müstair dabei. «Auch pflegen wir den Austausch mit ähnlichen Projekten wie beispielsweise mit dem Projekt Oppal, das sich für das Wallis und die Waadtländer Alpen engagiert.» Wichtig ist Decurtins der Erfahrungsaustausch mit ähnlichen Organisationen in Italien, Frankreich und Deutschland. «Wir lernen voneinander, und das ist gut so», sagt Decurtins.